
Das Klima wandelt sich, die Meere sind voller Plastikmüll, die Menschen produzieren dennoch weiter jede Menge Abfall und schädliche Klimagase. "Es ist 5 Minuten vor 12", wenn man das Ruder noch herumreißen und dem Kollaps entgehen will. Diese Erkenntnis, nicht ganz neu, aber jeden Tag an dem nichts geschieht dringlicher werdend, hat die Schulfamilie der Balthasar-Neumann-Mittelschule Werneck eindrucksvoll in Form eines Musicals auf die Bühne gebracht. Am Ende und nach gut eineinhalb Stunden Schauspiel und eindrucksvoll choreografierten Szenen, garniert mit Filmen, Effekten, viel Licht, Farben und Musik, gab es minutenlange "standing ovations" des begeisterten Publikums.

Ein begeistertes, aber auch nachdenklich gewordenes Publikum, denn die jungen Leute verstanden es hervorragend, den Ernst der Lage zu transportieren und klar zu machen, dass die Uhr wirklich tickt, dass aus "kurz davor" schnell ein "zu spät" werden kann. Botschaft angekommen – das dürfte den gut 100 Schülerinnen und Schülern der Klassen fünf bis zehn, die an "Es ist 5 Minuten vor 12! Es geht um deine Welt" beteiligt waren, noch wichtiger gewesen sein, als der frenetische Applaus.

Konrektorin Andrea Orth hat das innovative Stück geschrieben. Schon seit Beginn des Schuljahres übten die einzelnen Arbeitsgemeinschaften der Schule, die sich Dank ihres Engagements den Titel Umweltschule erworben hat, für dieses große Event. Ein langer Weg, der auch bei den Schülern noch mehr Bewusstsein für die Belange der Umwelt gebracht hat. Chantal (14) und Julie (13), beide spielen sogenannte Green-Man, die den Menschen im Hinblick auf ihre Umweltsünden sozusagen den Spiegel vorhalten, räumen im Gespräch mit dieser Redaktion kurz vor Beginn des Stückes ein, dass sie nun mit wacheren Augen durch die Natur gehen, auch mal den Müll mitnehmen, den ein anderer hat fallen lassen. Auch beim Einkaufen achten sie jetzt viel mehr darauf, ob die Waren unnötig in Plastik verpackt sind oder nicht.
Auch Stephan Preger (15), der am Premierenabend hervorragend die Hauptrolle des Hannes spielte, der einen nachdenklich machenden "Deal" mit einem Baum aushandelt, berichtet davon, dass er gemeinsam mit seiner Familie beim Einkaufen darauf achtet, immer selbst einen Korb dabeizuhaben, um weitere Einkaufstaschen zu vermeiden. Julian Breetz (12), der am zweiten Abend den Hannes spielte, berichtet dass man sogar zum Metzger mit mitgebrachten Gefäßen gehen könne, um Verpackungsmüll zu vermeiden. "Lieber weniger Fleisch, dafür aber gutes und regional produziertes", so seine Einstellung.

Erstaunliche Erkenntnisse junger Leute, deren Altersgruppe man gerne nachsagt, dass sie sich nur für Handy und Klamotten interessieren würde. Ein nicht haltbares Vorurteil, denn beim kurz darauf startenden Musical ist in jeder Minute zu spüren, dass alle mit Herzblut nicht nur Teil des Schauspiels sind, sondern auch hinter der Sache stehen. "Wir haben viele Stunden und sehr viel Energie in dieses Projekt gesteckt", hatte Rektorin Nicole Schmitt noch in ihrer Begrüßung gesagt. Dass es sich gelohnt hat, davon konnten sich auch die Bürgermeister Edeltraud Baumgartl (Werneck), Peter Pfister (Waigolshausen), Richard Köth (Schwanfeld) und zahlreiche weitere Ehrengäste aus dem schulischen Bereich überzeugen.
Hannes (Stephan Preger), hat Sorgen. Eine 6 in Mathe und Ärger mit dem besten Freund. Ein großer alter Baum, aufgebaut in der Saalmitte, bietet dem Jungen an, ihm sein Sorgenpaket abzunehmen, wenn der Schüler dem Baum im Gegenzug eines seiner Sorgenpakete abnimmt. Und der Baum hat reichlich Sorgen. Wasserknappheit, Hitzerekorde, Klimawandel, Abholzung der Wälder, überall Müll und Gift im Boden. Im Dialog mit dem Baum erfahren die Zuschauer viel über das, was Menschen der Natur antun. Unterstützt werden diese Informationen von sehr schön gemachten Spielszenen, die auch vor drastischen Bildern nicht zurückschrecken, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. So verwandelt sich beispielsweise die Bühne kurzzeitig in ein grünes Paradies mit Vogelgezwitscher, dem wenig später mit Motorsägen der Garaus gemacht wird.

Auch Themen wie Krieg und Vertreibung oder die digitale Umweltverschmutzung, die immer dann entsteht, wenn man wie ein Getriebener ständig online sein muss, werden nicht ausgeklammert. Emotionale Momente gibt es reichlich, so zum Beispiel als die Flucht einer Jüdin 1938 aus Nazi-Deutschland und die eines jungen Mannes 2019 aus Syrien, miteinander verglichen werden. Beide haben die Plätze ihrer Kindheit, ihre seelischen Wurzeln verloren. Das gemeinsame Lachen auf dem Schulweg, der Duft in der Küche des Elternhauses – all dies ist nach der Flucht nur noch eine schmerzhafte Erinnerung.

Wichtige Bausteine zum Gesamtbild waren neben den tollen Kostümen und der professionellen Lichttechnik, die von "düster" bis "hoffnungsvoll" alle Stimmungen transportierte, auch Chor und Band. Von John Lennons "Imagine" zum Auftakt bis zu Gänsehautmomenten beim Finale mit Michael Jacksons "We are the World" wurde – bildlich gesprochen – immer der richtige Ton getroffen. Das Band- und Chor-Coaching, von dem Rektorin Nicole Schmitt berichtete, hat sich richtig gelohnt.
Am Ende des Stückes macht sich Hoffnung breit. Hannes hat erkannt, dass es schlimmeres gibt, als eine schlechte Mathezensur, und der Knatsch mit dem Freund lässt sich auch wieder richten. Die Sorgenpakete des Baumes, das sind die wahren Probleme dieses Planeten. Wirklich wichtig – und daran lässt er in seiner Abschlussbotschaft keinen Zweifel – ist, dass alle Menschen anfangen ihr Verhalten gegenüber der Natur zu überdenken und zu verändern. Nicht nur in Gedanken und irgendwann, sondern heute und konkret, denn es ist "5 Minuten vor 12" und junge Leute stellen Fragen wie "Was stimmt nicht mit dieser Welt?" und sie wollen Hoffnung und eine Zukunft.
