zurück
Schweinfurt
Missbrauchs-Prozess: Warum bemerkte die Mutter nichts?
Ein 58-Jähriger soll seine Stieftochter ab dem elften Lebensjahr schwer sexuell missbraucht haben – über Jahre hinweg. Jetzt steht der Mann in Schweinfurt vor Gericht.
Ein besonders schwerer Fall von Kindesmissbrauch wird derzeit vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt verhandelt.
Foto: SymbolSilvia Marks, dpa | Ein besonders schwerer Fall von Kindesmissbrauch wird derzeit vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt verhandelt.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:51 Uhr

Die sexuellen Übergriffe soll der gelernte Kraftfahrer aus dem Landkreis Schweinfurt vom Herbst 2015 bis Sommer 2018 verübt haben. Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt wirft dem Mann schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in vier Fällen, ferner Vergewaltigung, schwere und besonders schwere Vergewaltigung in jeweils einem Fall,sowie sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in fünf Fällen vor. Ans Tageslicht gekommen sind die schwerwiegenden Vorwürfe, nachdem sich die Stieftochter ihrem Freund anvertraut hatte. Der Angeklagte, seit 23. August 2018 in Untersuchungshaft, schweigt bislang vor dem Landgericht Schweinfurt zu den Vorwürfen.

Statt Disneyland gefesselt in einer Hütte?

Laut Anklage habe der 58-Jährige Ende 2015 mit der damals Elfjährigen ein Wochenende in einem Hotel in Thüringen verbracht, angeblich um mit ihr schulische und familiäre Probleme zu besprechen. Dabei habe er dem Mädchen Alkohol gegeben und es sexuell missbraucht, als das Kind angetrunken im Bett lag. Im Januar 2016 soll er mit der Stieftochter unter dem Vorwand, einen Ausflug für die Familie ins Disneyland bei Paris vorzubereiten, zu einer abgelegenen Hütte gefahren, sie dort mit Handschellen gefesselt, ihr den Mund zugehalten und gedroht haben, es werde etwas passieren, wenn sie schreie. Vorher habe er eine Gasdruckpistole auf den Nachttisch gelegt.

Missbrauchs-Prozess: Warum bemerkte die Mutter nichts?

Brutal hat der Mann, wenn die Anklage zutrifft, seine Stieftochter auch auf einem Parkplatz in einem Lkw mehrfach vergewaltigt, wieder unter Einsatz von Handschellen sowie einer Gasflasche. Hinzu kommen weitere solche Übergriffe, wenn er sie tagsüber in seiner Mittagspause von der Schule abholte. Bevor er sie zu Hause ablieferte, soll er mit ihr den Geschlechtsverkehr ausgeübt haben.

Vorausgesetzt, die Anklage trifft zu: Warum konnte der Stiefvater das Kind so lange, über einen Zeitraum von knapp vier Jahren, schwer sexuell missbrauchen, ohne dass dies aufgefallen ist? Die Mutter wusste, dass ihre Tochter öfters mit ihrem Stiefvater auch mehrere Tage alleine unterwegs war und hegte keinen Verdacht, sagt sie als Zeugin. Auch, als sie erste Hinweise hatte, dass ihr Mann das Kind zumindest begrapscht haben könnte, habe sie noch Zweifel gehabt. Er habe ihr etwa gesagt, die Tochter wolle "uns nur eins auswischen". Auch den Freund, den sie hatte, habe er schlecht geredet und behauptet, dieser habe mit Drogen zu tun.

Ominöse rumänische Mafia

Ab wann hat sie den Missbrauch für möglich gehalten, fragt die Kammervorsitzende. "Als ich erfuhr, dass er vorher schon mit vier Frauen verheiratet war und sieben Kinder hat, ich wusste nur von einer Frau", sagt die Mutter des mutmaßlichen Opfers. Außerdem habe sie von seiner Affäre mit einer Frau während ihrer Ehe erfahren, mit der er ein Kind gezeugt habe. "Ich habe mich gefragt, wen ich da geheiratet habe", so die Zeugin. Dies alles habe sie erst im vergangenen Jahr erfahren. Mit der Tochter habe sie damals wenig Kontakt gehabt, diese habe zu dieser Zeit bei ihrem leiblichen Vater gelebt.          

Wegen schwerer Vergewaltigung und vielfachen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter muss sich zurzeit ein 58-Jähriger Kraftfahrer vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten.
Foto: Patty Varasano | Wegen schwerer Vergewaltigung und vielfachen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter muss sich zurzeit ein 58-Jähriger Kraftfahrer vor dem Landgericht Schweinfurt verantworten.

Auch von einer ominösen rumänischen Mafia ist in diesem Verfahren die Rede. Der Angeklagte habe diese ins Spiel gebracht, wenn er etwa ordinäre Drohungen gegen ihren Sohn aus erster Ehe, den er nicht habe ausstehen können, ausgestoßen habe, sagt seine Ehefrau. Was es mit dieser "Mafia" auf sich haben könnte und wen sie warum hätte bedrohen können, wird nicht deutlich. Der Angeklagte macht keine Angaben zu den Anklagevorwürfen und den Hintergründen.

Für das Verfahren sind noch drei weitere Verhandlungstage angesetzt. Sollte der Stiefvater im Sinne der Anklage verurteilt werden, drohen ihm viele Jahre Haft.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Stefan Sauer
Angeklagte
Familienprobleme
Mafia
Mütter
Sexualität
Staatsanwaltschaft
Staatsanwaltschaft Schweinfurt
Söhne
Töchter
Vergewaltigung
Zeugen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. K.
    Was ist das für eine Mutter, die angeblich nichts gemerkt und mitbekommen hat. Sie gehört mit auf die Anklagebank-das Interesse an ihrem Kind war wohl schon immer sehr gering. Solchen Menschen sollte man kein Kind überlassen! Man weiß ja. die Gesellschaft schaut gerne weg, wenn es unangenehm wird, aber eine Mutter sollte das nicht tun! Ich hoffe mal das die Tochter so klug ist und den Kontakt zu der Mutter ab bricht und diese schlimmen Erfahrungen auf arbeiten kann! Und dem Täter gehört das was er verdient hat- wegsperren eine ganz lange Zeit!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. K.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. G.
    Finden Sie es nicht etwas dreist, was Sie da behaupten? Ich vermute, dass Sie lediglich die Informationen aus den entsprechenden Zeitungsartikel haben. Hierdurch dann anzunehmen, du Mutter interessiere sich nicht für ihre Tochter, ist schon etwas armselig.
    Leider soll es doch tatsächlich die Möglichkeit geben, dass auch Eltern, die sich immer um ihr Kind kümmern, nichts von entsprechenden Übergriffen mitbekommen.
    Lassen Sie also bitte mal die Kirche im Dorf!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten