zurück
Schweinfurt
Missbrauchs-Prozess: Vertrauen erschlichen und Puppen im Schlafzimmer
Ein verurteilter Sexualstraftäter steht in Schweinfurt vor Gericht, weil er sich erneut an Kindern vergangen haben soll. Nun kamen Details ans Licht und es stellen sich Fragen.
Ein 53-Jähriger steht in Schweinfurt vor Gericht, weil er Kinder sexuell missbraucht haben soll, in vier Fällen sogar schwer. 
Foto: Patty Varasano | Ein 53-Jähriger steht in Schweinfurt vor Gericht, weil er Kinder sexuell missbraucht haben soll, in vier Fällen sogar schwer. 
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:47 Uhr

Hat ein 53-Jähriger aus dem Landkreis Schweinfurt mehrere Kinder sexuell missbraucht, in vier Fällen sogar schwer? Seine Vernehmung fand auf Antrag seines Verteidigers am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, zur Tat selbst habe er sich nicht geäußert, wie ein Gerichtssprecher auf Nachfrage mitteilte. Der Mann sitzt seit August 2019 in U-Haft.

Laut Anklageschrift soll der einschlägig Vorbestrafte – obwohl ihm der Kontakt mit Kindern untersagt war – zwischen 2014 und 2019 erneut regelmäßig Kontakt mit mehreren Kindern gehabt haben. Er habe mit ihnen Ausflüge gemacht und sie in seiner Wohnung beherbergt, ohne, dass ein anderer Erwachsener dabei war. Um das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, soll er ihnen teils teure Geschenke gemacht haben. Irgendwann, so die Anklage, soll er die Kinder dann dazu gebracht haben, sich vor ihm zu entkleiden, und sich an ihnen vergangen haben. 

Wie kamen die mutmaßlichen Taten ans Licht?

Am zweiten Prozesstag sagten unter anderem zwei Polizisten aus. Die Beamtin, die maßgeblich an den Ermittlungen beteiligt war, erzählte, wie die Verfehlungen ans Licht gekommen waren: Die Polizei habe im Mai 2019 ein Schreiben des Jugendamtes erhalten, in dem stand, dass ein Mädchen, mit dem der Angeklagte Kontakt hatte, auffällig in der Schule sei. Die damals Siebenjährige habe erzählt, dass sie und ihr Bruder regelmäßig beim Angeklagten gewesen seien und er Fotos von ihnen gemacht habe.

Daraufhin untersuchten die Ermittler seine Wohnung, nahmen Speichermedien zur weiteren Untersuchung mit. Auch der Bruder des Mädchens wurde vernommen. Mindestens 20 Mal soll der Beklagte sich an dem Jungen vergriffen haben, habe dieser ausgesagt, so Polizistin vor dem Schweinfurter Gericht. Nahezu alle zwei Wochen soll es Übernachtungen des Jungen in der Wohnung des Angeklagten gegeben haben, wobei es zu sexuellen Übergriffen kam. 

Kinderschaufensterpuppen gesammelt

Drei Jahre und sechs Monate saß der 53-Jährige wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes bereits hinter Gittern. Nach seiner Entlassung sei er "felsenfest davon überzeugt gewesen, dass er sowas, nie mehr machen würde", habe der Angeklagte gegenüber einem Polizisten beteuert, der ebenfalls als Zeuge aussagte. Es sei "ihm mittlerweile viel zu stressig, ein Verhältnis zu Kindern und Eltern aufzubauen", so der Angeklagte gegenüber dem Polizisten. Dennoch habe den Polizeibeamten eine Entdeckung stutzig gemacht: Der Angeklagte habe Kinderschaufensterpuppen gesammelt, die er verkleidete und in seinem Schlafzimmer aufstellte. Man habe sich daraufhin die Frage gestellt, ob die Gefahr bestehe, dass er durch die Puppen wieder in eine falsche Richtung abdrifte. 

Dass er womöglich auf dem Weg dahin war, war den Behörden offenbar schon 2017 bekannt. Man habe gewusst, so berichten der Polizeibeamte und die Bewährungshelferin vor Gericht, dass der Angeklagte unerlaubten Kontakt zu Kindern gehabt und somit gegen Führungsaufsichts-Auflagen verstoßen habe. Die Frage, warum kein Strafantrag gestellt wurde, in dessen Folge dem Angeklagten Haft gedroht hätte, konnten die Zeugen vor Gericht nicht beantworten. "Wir kamen überein, dass wir wegen dieser Verstöße zunächst nichts machen", sagte der Polizeibeamte. Man habe erneut an den 53-Jährigen appelliert. 

Mütter wussten von der Haft

Auch wurde im Laufe des zweiten Prozesstages klar: Die Mütter der Kinder wussten teilweise von der Vorgeschichte des 53-Jährigen, zumindest, dass er wegen Kinderporno-Bildern im Gefängnis war. Was sie nicht kannten, war die ganze Wahrheit: "Ich wusste nicht, dass er sich schon damals an Kindern vergangen hat", so eine Mutter vor Gericht. Sie habe dem Mann vertraut, er habe ihr "glaubhaft dargestellt, dass er sich geändert habe". Er sei für sie da gewesen, "wenn es mir dreckig ging", sie wollte ihm eine zweite Chance geben.

Auch die Mutter eines anderen Jungen spricht von einem freundschaftlichen Verhältnis zum Angeklagten. "Ich bin alleinerziehend, da ist man für jede Hilfe dankbar". Er habe für ihren Sohn gekocht, sich Mühe gegeben. "Ich habe mir keine Sorgen machen müssen, weil ich wusste, mein Kind ist versorgt." Geäußert hätten sich die Kinder nie, auch nicht auf Nachfrage der Mütter. 

Am Montag hatte ein psychologischer Gutachter unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt. Er sei zu dem Entschluss gekommen, dass der Angeklagte voll schuldfähig sei, sagte der Anwalt der Nebenklage nach der Verhandlung. Die Frage, ob beim Angeklagten der Hang zu weiteren Taten vorliege, habe er bejaht. Der Prozess wird fortgesetzt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Lisa Marie Waschbusch
Alleinerziehende Mütter
Angeklagte
Kinder und Jugendliche
Missbrauchsprozesse
Mädchen
Mütter
Polizei
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
Polizistinnen und Polizisten
Sexualstraftäter
Zeugen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • G. S.
    Der Umgang mit verurteilten Pädophilen durch die zuständigen Behörden, aber auch i.d.F. der Mütter ist einfach grob fahrlässig und verantwortungslos. Ich habe Mühe, ruhig zu bleiben, wenn ich so was lese.
    Wann werden die Kinder endlich besser geschützt?
    Man gibt dem Täter eine Chance auf Kosten der kleinen Opfer.
    Hier muss unbedingt mehr Aufklärung betrieben werden, auch als Laie ist mir längst bekannt, dass solche Täter i m m e r wieder rückfällig werden können, sobald sie Kontakt zu Kindern haben, ohne Therapie erst Recht. Was diese Menschen mit den Kindern anstellen ist einfach grauenhaft. Außerdem sind die Kleinen auch noch in Lebensgefahr. Ich bin fassungslos, wie man es bei einer "Ermahnung" belassen kann. Sexuelle Straftäter sind höchst manupulativ und üben auf Kinder eine enorme Macht aus. Ich bin weder für die Todesstrafe noch für ein dauerhaftes Wegsperren, aber sorgt euch endlich zuallererst um die Kinder!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten