Wenn heute auch ein Helene-Fischer-Konzert stattfände? Dann wäre er trotzdem hier. „Man muss Prioritäten setzen“, sagt Siggi Dreikluft und lacht. Der Odenwälder im Maria-Voskania-Fanshirt steht am Samstag in der untergehenden Sonne vor den RTL-Studios in Köln-Ossendorf. Mit seiner Lebensgefährtin ist er schon früh am Tag angereist, um seine Maria zu unterstützen. Voskanias Familie eingerechnet, sind rund 35 Unterstützer ins Gewerbegebiet am Stadtrand gekommen.
Maria Voskania (29) aus Wasserlosen (Lkr. Schweinfurt), mit bürgerlichem Namen Meri Voskanian, tritt an diesem Tag bei der ersten Liveshow der 14. Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) an (wir berichteten). Sie ist eine von 13 Kandidaten, die sich erstmals dem Urteil des Fernsehpublikums stellen. Am Ende des Abends wird feststehen: Voskania ist auch eine von Zehn, die in der zweiten Livesendung am 15. April unter dem Motto „Mein Lieblinssong“ singen dürfen.
Rund 140 Mitglieder zählt der Voskania-Fanclub.
Siggi Dreikluft ist Mitglied in zwei Fanclubs – in dem von Helene Fischer und, seit er 2015 gegründet wurde, auch in dem von Maria Voskania. Auf „Helene-Konzerten“ war er auf die Background-Sängerin mit der großen Ausstrahlung aufmerksam geworden. „Sie war immer herzlich, ist nach der Show nie an einem vorbeigelaufen“, sagt Dreikluft. Er beschließt, ein Stück seiner Helene-Fanliebe an die junge, noch wenig bekannte Sängerin abzutreten. Auf einem Ausflugsdampfer in Schweinfurt lernt er sie persönlich kennen.
Rund 140 Mitglieder zählt Voskanias Fanclub zwei Jahre nach der Gründung. Die Fans kommen inzwischen aus Ulm, aus Bielefeld, aus dem Sauerland, aus Wasserlosen ohnehin – und natürlich auch aus Armenien, dem Heimatland von Voskanias Eltern: Tante und Großmutter sind seit einigen Wochen auf Deutschlandbesuch und jubeln auch am Samstag im Fanblock im Publikum hinter dem Jurytisch. „Meine Tante teilt auf Facebook alles, was ich mache“, wird Maria Voskania nach ihrem Auftritt im kurzen Pressegespräch sagen. Egal, ob ein Armenier versteht, was sie da macht.
Woher ihre Enkelin ihr Talent hat? Voskanias Großmutter erinnert sich an eine Großtante mütterlicherseits. „Die war auch Sängerin“, lässt sie mit Hilfe ihrer Enkelin Manan Voskanian übersetzen. Stolz ist Vater Karen Voskanian, dass Fans aus ganz Deutschland für seine Tochter anreisen.
63 Euro kostet ein Ticket für die Show.
Neben Fangruppen anderer Kandidaten wirken die Voskania-Fans wie Zuschauer in einem Zirkus. Bunte Vögel sind da zu beobachten, zuordenbar an den Namen auf ihren Fanshirts: Unterstützerinnen der Schweizer Schlager-Blondine Chanelle tragen rote Plateausandalen, mancher Fan von Eventmanager Armando muss gerade aus der Muckibude in RTL-Studio gekommen sein, nicht ohne Zwischenstopp im Solarium. Man vertreibt sich die Zeit bis zum Einlass. RTL lässt die Fangruppen in die Kamera jubeln oder mit gespanntem Banner im Kleinbus anfahren. Die Produktionsfirma braucht Bilder, die sie später in Porträt-Einspielern verwenden kann.
19.45 Uhr. Angekommen im Studio. „Cool, dass ihr so dermaßen geil drauf seid“, ruft der RTL-Einpeitscher ins Mikro. Er soll das Publikum vor Sendungsbeginn in Stimmung bringen. Das DSDS-Studio ähnelt einer in Blau getunkten Zirkusmanege. In das Halbrund der Sitzplätze passen 1300 Leute. 63 Euro verlangt RTL auf der Senderwebseite für ein Ticket, 36 für einen „sichteingeschränkten“ Platz. Siggi Dreikluft und seine Fankameraden haben weniger bezahlt: Ihre Tickets hat Maria Voskania direkt als Unterstützertickets geordert.
Voskania singt an Startnummer 09. Imposante Plasma-Bildschirme bilden das Bühnenbild. Nur Fernsehzuschauer bekommen bei ihrem „I'm Outta Love“ von Anastacia digital eingeblendete Stahlketten zu sehen. Der Studiozuschauer wundert sich über die Schlichtheit der Bühne. Ebenso scheint der Klang im Studio nicht auf Konzertniveau: Die Auftritte eingeblendet im Schnelldurchlauf kurz vor der Entscheidungs-Verkündung klingen deutlich besser als zuvor live. „Ich habe das Publikum während des Auftritts gar nicht gehört“, sagt Voskania nach der Sendung. Die Kopfhörer führen nur die Lautsprecherklänge in ihre Ohren.
Jurorin Michelle kritisiert Voskanias Abstecher in die Pop-Musik.
Zufrieden ist sie mit ihrem Auftritt dennoch – und damit, dass sie ihre Familie und Fans kurz vor der Show noch in die Arme schließen konnte. „Mein Vater hat meinen Ausschnitt gecheckt“, sagt sie und zupft am Stoff. Mit dem schwarzen Vokuhila-Kleid mit transparentem Dekolleté wirkt Maria auf der Bühne fast dezent – Kandidatin Chanelle blinkt im pinken Mini-Kleid mit weißen Schuhen. Und das Pailletten-Top, das Kandidatin Mihaela als Kleid präsentiert, reicht den Anrufern am Ende offenbar nicht, um sie eine Runde weiter zu schicken: Neben ihr fliegen auch Matthias und Angelika aus der Show.
Als Erste der 13 erfährt Voskania von Moderator Oliver Geissen, ob sie weiter ist. Sie ist am Ende froh, dass der einzige englischsprachige Ausflug sie nicht das Weiterkommen in die nächste Runde gekostet hat. „Nächstes Mal wird es wieder Schlager sein“, verspricht sie. Jurorin Michelle kritisiert den Abstecher in die Pop-Musik: „Ich sehe dich zu 100 Prozent im deutschen Schlager.“
In der Show überlassen die Macher von DSDS nichts dem Zufall. Fünf Werbepausen nutzten die Stylisten von Jurorin Shirin David, um die Locken ihrer Perücke an die richtige Stelle zu legen. Der Kameraschnitt auf die Wand im Backstage-Warteraum lässt keinen Zweifel daran, welche Marke die Kandidaten am liebsten kauen.
Siggi Dreikluft hat von seinem Platz heimlich ein paar SMS mit der Endziffer 09 gesendet. Und am Ende hat es für Maria Voskania gereicht. Ihre Fans aus dem Odenwald wollen am kommenden Samstag wieder kommen.
