Es kommt nicht vom Fleck, das Verfahren wegen versuchten Totschlags gegen einen 41-Jährigen, der im Mai 2020 in einer Stadtrandgemeinde im Landkreis Schweinfurt einen 28-Jährigen mit einem Messer schwer verletzt haben soll. Und weil das so ist, hat die Vorsitzende Richterin nun die Weichen gestellt, damit das Verfahren vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt bei einem weiteren Termin am 13. September auf die Zielgerade einbiegen kann.
Der Startschuss für diesen Fall fiel am 26. Mai 2020. Zwei Brüder und ein weiterer Mann lebten seit einigen Wochen in einem vom Angeklagten angemieteten Haus in der Stadtrandgemeinde. Vermutlich, davon geht die Anklage aus, arbeiteten die Männer für den Angeklagten, oder hatten zumindest von ihm Arbeit vermittelt bekommen. Doch es hatten sich Spannungen aufgebaut, zwischen dem Trio und dem Vermieter. Vermutet werden ausstehende Gehaltszahlungen und der angekündigte Rausschmiss aus der Wohnung, die für Unfrieden sorgten.
Streit mit den Männern und mit der eigenen Freundin
An jenem Abend im Mai aber wurde auf dem Balkon des Anwesens der Geburtstag eines der Männer gefeiert. Zu später Stunde stieß auch der Vermieter und jetzige Angeklagte gemeinsam mit seiner Freundin zur fröhlichen, aber vor allem feuchten Party dazu. Es kam zunächst zum verbalen Streit, nicht nur wegen ausstehender Zahlungen im fünfstelligen Bereich mit den anderen Männern, sondern auch mit der eigenen Freundin.
Im Lauf des Streits soll der Angeklagte in Rage in seine Einliegerwohnung gegangen sein und zwei Küchenmesser geholt haben. Als der Geschädigte, der ihm nachging, wieder auf den 41-Jährigen traf, wurde er mit dem Messer angegriffen. Mehrfach, davon geht die Anklage aus, habe der Angeklagte auf sein Opfer eingestochen, mindestens eine Verletzung im Schulterbereich war lebensbedrohlich. Die Freundin des Angeklagten und einer der dabei schwer an der Hand verletzten Partygäste, stellten sich zwischen den 41-Jährigen und sein Opfer, verhinderten letztlich, dass der Angeklagte weiter auf sein Opfer einstechen konnte, so die Anklageschrift.
Rechtshilfeersuchen blieb unbeantwortet
Und warum kommt man nicht vorwärts mit der Beweisführung? Das liegt vor allem daran, weil es trotz intensiver Bemühungen des Gerichts nicht möglich war, den damals schwer verletzen Mann, der in die Ukraine zurückgekehrt ist, als Zeuge vernehmen zu können. Ein an die Behörden in der Ukraine gestelltes Rechtshilfeersuchen blieb nicht nur unbeantwortet, nicht einmal dessen Eingang wurde bestätigt, so die Vorsitzende Richterein.
Auch sämtliche anderen diplomatischen Bemühungen des Gerichts den Geschädigten als wichtigen Zeugen entweder nach Schweinfurt zu holen, oder in seiner Heimat per Video vernehmen zu können, blieben in den zurückliegenden Monaten ohne Erfolg. Auch die längst ehemalige Freundin des Angeklagten, die eine wichtige Zeugin wäre, steht nicht zur Verfügung. Gleiches gilt für die anderen Männer, die seinerzeit gemeinsam auf dem Balkon zechten und feierten. Alle sind in ihre verschiedenen Heimatländer zurückgekehrt und nicht bereit auszusagen.
Ein Geständnis des Angeklagten könnte das Verfahren beenden, doch das kommt nicht. Der Nachweis des versuchte Totschlags in Tateinheit mit zweifacher schwerer Körperverletzung gilt dennoch als geführt, denn die Partygäste hatten kurz nach der Tat in polizeilichen Vernehmungen angegeben, was sich heute in der Anklageschrift findet. In den kommenden zwei Wochen wird ein letzter Versuch unternommen, eine Zeugenvernehmung in die Wege zu leiten. Gelingt dies nicht, wird voraussichtlich beim nächsten Termin aufgrund der Indizien-Lage plädiert und ein Urteil gesprochen.