Weil ein 49-jähriger aus dem Landkreis Bad Kissingen die neunjährige Tochter seiner Lebensgefährtin in Dutzenden Fällen schwer sexuell missbraucht hat und zudem anderen Männern zum Missbrauch angeboten hat, ist er am Donnerstag vom Landgericht Schweinfurt zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Nach sechstägiger Verhandlung - vorwiegend hinter verschlossenen Türen - blieb das Landgericht um die Vorsitzende Angelika Drescher mit seinem Urteil nur wenig unter der Forderung von Oberstaatsanwalt Gabriel Seuffert, der elfeinhalb Jahre Haft für den Angeklagten gefordert hatte.
Vorsitzende: "Da fehlen einem die Worte"
Der Vater von drei eigenen Kindern, den das Mädchen "Papa" nannte, hatte das Kind nicht nur in Anwesenheit der Mutter mehrfach missbraucht - in der Wohnung, auf Camping- oder Fahrradausflügen. Die Taten erfolgten über zwei Jahre hinweg und wurden zum Teil fotografiert und gefilmt. Er bot die inzwischen Elfjährige im Juli 2020 auch auf Parkplätzen rund um Schweinfurt Lkw-Fahrern zum Missbrauch an. "Da fehlen einem die Worte", sagte Richterin Drescher in einer ansonsten betont sachlich gehaltenen Urteilsbegründung.
Die Strafe hätte durchaus milder ausfallen können, wenn der Mann nicht für die schwersten seiner Verbrechen Ausflüchte gesucht hätte. Dies ließ sich aus den Erklärungen der Vorsitzenden zum Urteil herauslesen, die von einem "umfangreichen, aber nicht vollständigen Geständnis"des Mannes sprach.
Der habe schwerste Fälle des Missbrauchs zwar zugegeben, aber behauptet, das Kind selbst sei auf den Gedanken gekommen, mit sexuellen Angeboten an Lkw-Fahrer das Geld für ein E-Bike zu verdienen. "Was er nicht erwähnte war, dass die Idee zu den Treffen von ihm kam," sagte die Vorsitzende.
Fünf Euro und eine Schachtel Zigaretten für Missbrauch
Via Handy habe der Angeklagte das Kind dirigiert, auf Parkplätzen Lkw-Fahrer gezielt anzusprechen. Ein Lastwagenfahrer nahm das Angebot zum Missbrauch an. Als Gegenleistung gab es fünf Euro und eine Packung Zigaretten für den Angeklagten. Er hatte das Kind auf den Parkplatz gefahren und den Missbrauch auf dem Handy verfolgt.
Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei nicht nur zahlreiche Fotos und Videos, mit denen der Angeklagte selbst den Missbrauch dokumentiert hatte. Er hatte bereits seit 2013 über 700 Videos gesammelt, auf denen der Missbrauch anderer minderjähriger Mädchen zu sehen ist
Mutter muss sich ebenfalls vor Gericht verantworten
Die Übergriffe zwischen Sommer 2018 und Sommer 2020 soll die Mutter gebilligt haben. Die 39-Jährige muss sich wegen Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern durch Unterlassen in einem gesonderten Verfahren verantworten. Der Beschuldigte soll die Frau unter anderem gefügig gemacht haben, indem er ihr die Trennung angedroht hat.
Die Ermittler fanden zudem heraus, dass ein weiterer Mann sich an dem Mädchen in mindestens zwei Fällen vergangen haben soll - während der Angeklagte dabei war. Der Prozess gegen den 50-Jährigen wegen Kindesmissbrauchs startet in der kommenden Woche.
Kind sagte hinter verschlossenen Türen aus
Das Mädchen ist heute in einer therapeutischen Einrichtung untergebracht und befindet sich in einer "emotional instabilen Lage", wie die Vorsitzende anfügte. Es hatte auf eigenen Wunsch als Zeugin ausgesagt, obwohl das Gericht das Kind schonen wollte - und dabei seine Mutter in Schutz genommen.