Zum Artikel "Warnstreik bei Hiestand für mehr Lohn" vom 26. Februar erreichte die Redaktion folgende Zuschrift:
Tarifverhandlungen sind immer ein spannender Prozess, bei dem die Vertreter miteinander in Dialog treten. Es ist unbestreitbar, dass das Leben teurer wird, und eine Anpassung der Tarife daher richtig ist. Die Frage ist jedoch, wie dies geschehen soll.
Es stellt sich die Frage, welche Kultur wir entwickeln möchten: Soll die Arbeitgeberseite durch Produktionsausfälle bestraft oder unter Druck gesetzt werden? Wer wird letztlich benachteiligt – die Gewerkschaft? Wachsen bedeutet auch, gemeinsam Höhen und Tiefen zu überwinden. Ich komme aus der Produktion und weiß genau, wie herausfordernd die Arbeit in der Produktion ist, und ich schätze all jene, die Tag für Tag ihr Bestes geben.
Wir Hieständler sind stets bestrebt, die Konzernleitung davon zu überzeugen, in Gerolzhofen zu investieren. Hiestand ist längst nicht mehr der führende Betrieb und ist ein Teil eines der größten Konzerne im Tiefkühlbereich für Backwaren weltweit. Dennoch gelingt es uns immer wieder, Mittel für Investitionen nach Gerolzhofen zu bringen.
Ja, die Mitarbeiterzahl ist gesunken, was an verschiedenen Faktoren liegt –Stichwort: Fachkräftemangel, der uns besonders zu schaffen macht. Ja, wir müssen mit starken Mitbewerbern konkurrieren. Ja, der Krankenstand stellt uns vor Herausforderungen, die vielfältige Ursachen haben, wie aktuell auch in den Medien diskutiert wird.
Aber nein, wir sind keineswegs unflexibel. Wir Hieständler sind mehr als flexibel – nicht ohne Grund haben wir immer wieder unsere Unternehmensziele erreicht. Das spricht für unseren Zusammenhalt und den respektvollen Umgang miteinander. Eines weiß ich mit Sicherheit: Von Tarifverhandlungen zu Tarifverhandlungen wird immer wieder behauptet, dass es mit Hiestand zu Ende gehe – und wir sind immer noch hier.
Dabei sollten wir auch das große Ganze im Blick behalten, das in den letzten Jahren für uns Hieständler innerhalb des Unternehmens umgesetzt wurde. Beispiele wie die modern gestalteten Sozialräume, die eine angenehme Arbeitsatmosphäre schaffen, sowie die monatlich aufgeladene Einkaufskarte sind nur ein Teil davon. Faire Tarifabschlüsse in den letzten Jahren runden das Engagement des Unternehmens ab.
Diese Maßnahmen sind ein deutliches Zeichen der Wertschätzung gegenüber uns Mitarbeitenden; das ist so und kann nicht wegdiskutiert werden! Deshalb sollten wir uns genau überlegen, wie weit wir diese Forderungen treiben wollen. Sind wir als Hieständler wirklich bereit, in der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Deutschland alles zu riskieren oder können wir uns auch mit einem gut ausgehandelten, fairen Angebot zufriedengeben? Investieren wir in das Vertrauen beider Vertreter und in einen respektvollen Umgang miteinander, und lassen wir uns nicht auf den Weg der Konfrontation ein.
Wir, die Hieständler, stehen hinter unserem Unternehmen, das letztlich unser Arbeitgeber ist.
Matthias Schneider,
97520 Röthlein