
Die Kundschaft wollte schon Unterschriften sammeln für ihre Metzgerei in "Berch". Die Lebensmittelkontrolle des Landratsamtes sitzt Metzgermeister Bernhard Rückert im Nacken. Er soll seinen Betrieb zum Jahresende "auslaufen" lassen. Nicht weil es etwa hygienische Mängel gebe, sagt Rückert, sondern weil die Wurstküche zu alt sei und nicht den EU-Richtlinien entspreche. Das versteht der 70-Jährige nicht: "Es ist doch wurst, wie alt die ist, es muss doch nur alles sauber sein." Und das sei es. "Bei uns gibt's keine Salmonellen und keine Listerien, das hat es noch nie gegeben."

Wenn man den Laden in der Rothmühlstraße betritt, scheint auf den ersten Blick die Zeit stehen geblieben zu sein. Beim Blick in die Theke aber sieht man, dass der Charme der 70er-Jahre erfolgreich in ein zeitgemäßes Angebot integriert wurde, das mit hochwertigen Feinkostprodukten glänzt. Metzgermeister Rückert fertigt nämlich nicht nur traditionelle Wurst- und Fleischwaren, sondern bietet auch Wildspezialitäten aller Art an. Von der Wildschweinpanchetta über Rehschinken, Hirschrouladen und Wildsalami bis hin zu feinem Wildschwein-Griebenschmalz im Glas. "Im Feinkostladen in München verkaufen sie so etwas zum vier- bis fünffachen Preis", weiß Rückert von seiner Kundschaft. Die kommt nicht nur aus dem Umkreis, sondern sogar aus Würzburg und dem Bad Kissinger Raum, vor allem der Wildspezialitäten wegen. Rückert ist passionierter Jäger, besitzt seit 54 Jahren die Jagd in Bergrheinfeld und kann so für ein vielfältiges Angebot das ganze Jahr über sorgen.
Metzgermeister Rückert möchte weitermachen, so lange er fit ist
Jetzt aber soll er aufhören. "Sie sind doch alt genug, warum arbeiten sie noch, sie haben doch auch Mieteinnahmen", habe ein Lebensmittelkontrolleur des Landratsamtes einmal zu ihm gesagt. Das hat den Metzgermeister geärgert. Er fühlt sich auch mit 70 Jahren noch fit und möchte weitermachen, so lange er kann. "Weil ich es gerne mache." Bernhard Rückert führt den fast 100 Jahre alten Betrieb in zweiter Generation. Anfangs hatte man vier Geschäfte. Neben dem Firmensitz in Bergrheinfeld noch eine Filiale am Jägersbrunnen in der Stadt, eine in Oberndorf und eine in Hirschfeld. Nach und nach wurden die Filialen geschlossen, zuletzt vor vier Monaten die in Oberndorf, weil Rückert kein Personal mehr fand. Den Betrieb führt er jetzt ganz alleine mit seiner Ehefrau Gabi und einer Hilfskraft. Die Frau steht im Laden, er in der Wurstküche. Von morgens um halbsechs bis mittags um zwei.

"Es wäre ein tiefer Einschnitt, wenn ich schließen müsste", sagt Rückert. Er öffnet die Tür zur Wurstküche mit dahinter liegendem Ausbeinraum, Räucherkammer, Spanferkelofen und Kühlraum. "Unser Glanzstück", sagt Rückert stolz. Fast 40 Meter ist das Produktionsgebäude lang. Die Wände sind gefliest, der Boden gekachelt, die Holzfenster gestrichen, die Tische geschrubbt, die Maschinen blitzeblank. An manchen Ecken waren Fliesen abgebrochen, das hat der Metzgermeister repariert. Einige Kacheln hat er mit Glanzlack überstrichen, weil sie gesprungen waren. "Wir haben alle beanstandeten Mängel abgearbeitet." Für Rückert ist alles in Ordnung. Für die Lebensmittelkontrolle anscheinend aber nicht. Der Betrieb gehöre grundsaniert, habe man ihm gesagt. Doch dafür müsse er eine halbe Million Euro investieren. Das lohnt sich für den 70-Jährigen nicht, der keinen Betriebsnachfolger hat.
Was Rückert ärgert, sind die "unterschiedlichen Maßstäbe" die angelegt würden. Im Geschäft im zwei Kilometer entfernten Oberndorf kam die Lebensmittelkontrolle der Stadt. Und obwohl das Gebäude dort viel älter als das in Bergrheinfeld sei, habe es "nie" Beanstandungen gegeben, sagt Rückert. Man habe ihm sogar "weiterhin gute Geschäfte" gewünscht. Der Metzgermeister fühlt sich schikaniert, macht "die Politik" für das unterschiedliche Vorgehen verantwortlich. So will er erfahren haben, dass die Kontrolleure im Landkreis die Anweisung hätten, "solche Betriebe nicht mehr zuzulassen", in der Stadt dagegen sollten sie diese nicht "totprüfen".
Landratsamt setzt auf Wirtschaftsförderung
Gelten für Betriebe im Landkreis tatsächlich strengere Regeln? Eine Stellungnahme zum konkreten Fall konnte das Landratsamt kurzfristig nicht abgeben, weil Landrat Florian Töpper terminlich gebunden war und der zuständige Mitarbeiter des Veterinäramtes sich im Außendienst befand. In einer allgemeinen Information zum Thema Lebensmittelkontrolle im Sommer dieses Jahres hatte die Behörde aber durchaus Verständnis für die Situation kleinerer Betriebe geäußert. "Eine Lösung des Problems kann aber unseres Erachtens nach nur über eine gezielte Wirtschaftsförderung erfolgen", hieß es damals in der Pressemitteilung des Landratsamtes. Als Beispiel wurde auf das 2019 aufgelegte Gaststätten-Modernisierungsprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie verwiesen, über das Hotels und Gaststätten, gerade im ländlichen Raum, finanzielle Unterstützung erhalten können. Derartige Programme sollten nach Ansicht des Landratsamts auch für andere Bereiche des Lebensmittelgewerbes angeboten werden. Die Behörde stellte damals aber unmissverständlich klar: "Keinesfalls darf die Lösung der Problematik darin gesucht werden, durch Absenkung der lebensmittelhygienischen Mindestanforderungen den gesundheitlichen Verbraucherschutz in Frage zu stellen."
Die Metzgerei Rückert ist der letzte verbliebene Betrieb seiner Zunft in Bergrheinfeld und auch im näheren Umfeld. Im benachbarten Grafenrheinfeld und Röthlein haben die kleinen Metzgereien schon längst aufgegeben. Viele Kunden von dort kaufen bei Rückert in Bergrheinfeld ein, möchten das auch weiterhin tun. Und sie würden Metzgermeister Rückert ihre Unterschrift für den Erhalt der kleinen Dorfmetzgerei geben.
2. Ich möche regionale Wirtschaftskreisläufe erhalten. Dazu gehören auch die Metzger im Dorf und um die Ecke.
3. Ob eine Ladeneinrichtung alt oder neu ist, ist eigentlich kein Kriterium. Die Hygieneanforderungen müssen gewährleistet bleiben. Auch das Alter des Inhabers darf keine Rolle spielen.
4. Jetzt sollten wir erst mal die Stellungnahme des Gesundheitsamtes abwarten, erst dann kann ich mir ein umfassendes Bild der Situation machen. Es gibt oft zwei Seiten einer Sache.
5. Die Sache taugt nicht zum Wahlkampfmanöver. Vorschriften gelten für alle und sind nur bedingt auslegbar.
Ich hoffe die Angelegenheit wird sachlich diskutiert.
Wenn ein Betrieb von den 70 Jahren ist und es offensichtlich ein "Investitionsstau" in dem Betrieb gibt, frag ich mich schon ein bisschen, ob der Metzger mit seinen 70 Jahren nicht selber entschieden hat aufzuhören, aber es offensichtlich der Behörde "in die Schuhe" schieben möchte.
Ich warte einfach auf die Stellungsnahme des Landratsamtes Schweinfurt. Wahlkampfgedöse ist ein schlechter Berater!
Gebt den Kontrolleuren und den Behörde auch die Chance ihre Meinung darzulegen, sonst finden wir uns irgendwann im Mittelalter wieder!
Er hat es versäumt rechtzeitig zu investieren und hat leider auch keinen Nachfolger. Schade.
Es ist nun mal so, dass es Auflagen gibt, die zu Erfüllen sind. Manche fühlen sich schikaniert, andere finden es wichtig. (siehe Art.: Wer kümmert sich um die Sicherheit unserer Lebensmittel? 27.8 von A. Lösch)
Bitte das nächste mal, die Stellungnahme abwarten.
Habt ihr für die Samstagsausgabe unter Kreis Schweinfurt nichts anderes zu berichten?
Tierschutz und Regionalität sieht anders aus!
Der Mittelstand wird von unserer Regierung mit Gewalt kaputt gemacht!
keine Sorge, das ist nicht der Fall.
Freundliche Grüße
Lukas Will
Digitales Management
Man bekommt ja schon den Eindruck, dass für Industrie und Handwerk zwei vollkommen unterschiedliche Prüf- und Bewertungssysteme existieren.
Leider drängt sich der Verdacht auf, die Behörden sind über die Kausalkette „Geld und Politik“ massiv beeinflusst …