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SCHWEINFURT
Lautstarker Protest gegen „Kandel ist überall“
Herz statt Hetze - „Schweinfurt ist bunt“ hatte zu einer Gegendemonstration gegen eine AfD-Kundgebung in Schweinfurt gerufen, bei der unter anderem ein Blumenherz gegen Hetze gelegt wurde.
Foto: Martina Müller | Herz statt Hetze - „Schweinfurt ist bunt“ hatte zu einer Gegendemonstration gegen eine AfD-Kundgebung in Schweinfurt gerufen, bei der unter anderem ein Blumenherz gegen Hetze gelegt wurde.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:43 Uhr

„Kandel ist überall“, unter diesem Motto hatte die Partei Alternative für Deutschland, AfD, am Samstagmittag zu einer Kundgebung auf dem nördlichen Marktplatz in Schweinfurt aufgerufen. Platz vor der kleinen Bühne wäre zwischen den Absperrgittern für 250 Personen gewesen, gekommen sind laut Polizeischätzung gut 50. Die Reden der AfD-Politiker auf der Bühne wurden immer wieder mit lautstarkem Pfeifkonzert oder „Nazis raus“-Rufen von den rund 450 Teilnehmern der vom Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ initiierten Gegenveranstaltung übertönt oder unterbrochen. Es gab hitzige Rededuelle, Beschimpfungen und Streit zwischen den Parteien, getrennt durch rund 100 Polizeibeamte, es blieb aber alles friedlich.

Standpunkt: Im Land der Sprachlosen

Die Initiative „Kandel ist überall“ wurde gegründet von der AfD-Landtagsabgeordneten Christina Baum aus Baden-Württemberg nach dem Mord an der 15 Jahre alten Mia im südpfälzischen Kandel am 27. Dezember 2017 durch einen afghanischen Asylbewerber. Vor wenigen Tagen wurde der Mann nach Jugendstrafrecht zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil nach nicht-öffentlicher Verhandlung, bedingt durch die Vorgaben des Jugendstrafrechts, erntete scharfe Kritik auch von Seiten der AfD.

Mahner vor Gewalt durch Flüchtlinge

Die Initiative fordert unter anderem die „sofortige Schließung der deutschen Grenzen“, die „sofortige Abschiebung aller, die illegal im Land sind“ oder „medizinische Alterstests bei minderjährigen Flüchtlingen“. Sie sieht sich als Mahner und Warner vor der aus ihrer Sicht vertuschten Gewalt durch Flüchtlinge. Auf der Internetseite der Initiative sind unter anderem die so genannten Stolpersteine, mit denen in vielen deutschen Städten den Opfern des Holocausts gedacht wird, zu sehen, versehen mit den Namen von Opfern durch von Flüchtlingen begangene Gewaltverbrechen.

„Kandel ist überall“ war das Motto einer AfD-Veranstaltung auf dem Schweinfurter Marktplatz, mit der gegen von Flüchtlingen verursachten Gewaltverbrechen protestiert werden sollte.
Foto: Josef Lamber | „Kandel ist überall“ war das Motto einer AfD-Veranstaltung auf dem Schweinfurter Marktplatz, mit der gegen von Flüchtlingen verursachten Gewaltverbrechen protestiert werden sollte.

In Schweinfurt sprachen die lokalen AfD-Politiker wie Stadtrat Richard Graupner, der Kreisverbandsvorsitzende Christian Klingen und seine Frau Andrea. Außerdem kam neben AfD-Politikern aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern wie Christina Baum, Stefan Raepple, Christiane Christen oder Linda Amon, der Vater eines Opfers zu Wort. Karsten Hempel berichtete über den Tod seines damals 30 Jahre alten Sohnes im September 2017, der in einer Auseinandersetzung mit einem syrischen Flüchtling vor einem Kaufhaus in Wittenberg geschlagen wurde, stürzte, auf den Kopf fiel und im Krankenhaus verstarb. Der Fall ist wahr, einen Gerichtsprozess gab es bisher aber nicht.

Er sei „kein Nazi und kein Rassist“, betonte der Mann, er wolle nur von dem Fall und den aus seiner Sicht vielen Ungereimtheiten berichten. Die Ermittlungsbehörde sprach von einem tragischen Todesfall, aus ihrer Sicht sei es Notwehr gewesen. Hempels Rede wurde zwar nicht so konsequent übertönt wie die Reden der AfD-Politiker, dass es trotzdem „Nazis raus“-Rufe gab, empörte die Redner hernach aber. Sie riefen den Demonstranten zu, sie sollten sich schämen einen trauernden Vater auszubuhen.

Neun Mal so viele Gegendemonstranten

Schon eine halbe Stunde vor der AfD-Kundgebung hatte das Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ dazu aufgerufen, auf dem Martin-Luther-Platz vor der Johanniskirche ein Zeichen gegen Hetze zu setzen. Es kamen nach Polizeischätzung 450 Menschen, neun Mal so viel wie zur AfD. Der Großteil ging später auch mit auf den Marktplatz, um gegen die AfD zu protestieren.

„Kein Recht auf Hetze“ - ein Besucher der „Schweinfurt ist bunt“-Veranstaltung auf dem Martin-Luther-Platz protestiert gegen die AfD-Veranstaltung am Marktplatz.
Foto: Martina Müller | „Kein Recht auf Hetze“ - ein Besucher der „Schweinfurt ist bunt“-Veranstaltung auf dem Martin-Luther-Platz protestiert gegen die AfD-Veranstaltung am Marktplatz.

„In einer Gesellschaft der Würde haben Gewalt, Hetze und Verleumdung keinen Platz“, sagte die stellvertretende Vorsitzende von „Schweinfurt ist bunt“, Marietta Eder. Der evangelische Pfarrer Wolfgang Weich betonte, man trauere um Daniel in Chemnitz und Mia in Kandel, weil sie Opfer von Gewalt geworden seien. Man dürfe diese Taten, von denen jede eine zu viel sei, aber nicht für Hetze instrumentalisieren.

Die Schweinfurter SPD-Landtagsabgeordnete Kathi Petersen fand ebenfalls klare Worte. Sie könne es nicht glauben, dass man heute immer noch gegen Rassismus auf die Straße gehen müsse. Es sei aber umso wichtiger: „Keine Toleranz für Hetzer. Wir sind mehr“, so Petersen unter großem Applaus. Ulrike Schneider, Stadträtin der Schweinfurter Liste/Freie Wähler, griff unter anderem ihren AfD-Stadtratskollegen Richard Graupner an und mahnte, „sobald die AfD Mainstream geworden ist, müssen wir Angst um unsere Demokratie haben.“

AfD kritisiert Polizei scharf

Die AfD-Redner kritisierten vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Asylpolitik scharf, kritisierten die deutschen Medien, insbesondere Fernsehen und Rundfunk, für das angebliche Vertuschen von Straftaten durch Flüchtlinge und brachten Beispiele von Vorfällen in Unterfranken und Schweinfurt, ohne diese zu konkretisieren. Zahlreiche Statistiken wurden zitiert, um zu beweisen, dass Flüchtlinge deutlich krimineller als die deutsche Bevölkerung seien. Auch die anwesenden Polizisten wurden vor allem von Christian Klingen scharf kritisiert, da sie zuließen, dass die Teilnehmer im Umfeld von „Schweinfurt ist bunt“ lautstark ihre Kritik an der AfD-Kundgebung und den Redebeiträgen äußerten – ganz besonders als am Ende gegen 16 Uhr die AfD-Politiker die deutsche Nationalhymne sangen.

Auf Nachfrage war Einsatzleiter Matthias Wehner zufrieden, es sei alles friedlich verlaufen. Es sei Aufgabe der Polizei, die Kundgebung der AfD zuzulassen, aber auch den friedvollen Protest dagegen, der ebenfalls Teil der Meinungsfreiheit sei. „Wir haben auch Schallpegelmessungen an allen Stellen vorgenommen und festgestellt, dass trotz des Protestes überall die Redner der AfD zu hören waren“, so Wehner. Deswegen habe es keinen Grund gegeben, den Protest gegen die AfD aufzulösen.

Ein großes Polizeiaufgebot sicherte am Samstag auf dem Schweinfurter Marktplatz die AfD-Kundgebung ab, ließ aber auch den lautstarken, aber friedlichen Protest dagegen zu. Foto: Josef Lamber
Foto: Lamber Josef | Ein großes Polizeiaufgebot sicherte am Samstag auf dem Schweinfurter Marktplatz die AfD-Kundgebung ab, ließ aber auch den lautstarken, aber friedlichen Protest dagegen zu. Foto: Josef Lamber
 
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    Dass die derzeitige Regierung da nicht handeln will, liegt wohl auf der Hand. Denn wenn sie es wollten, würden sie es tun. „Wir schaffen das“ – einfach nur oberflächlich, dieser Satz und Gedanke.
    Ich bezweifle, dass die AfD ihre Versprechen umsetzen wird. Im kleinen Stil sicherlich, wo es kaum jemand merkt. Vielen tollten Worten werden wie immer kaum bzw. keine Taten folgen.
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  • K. R.
    Die AfD hat doch überhaupt kein Interesse daran, das Asyl- und Migrantenproblem zu lösen.

    Die AfD hat seit Jahren genau ein einziges Thema. Ohne dieses Thema würde die Partei sofort in völliger Bedeutungslosigkeit von der politischen Bildfläche verschwinden.

    Schließen Sie bitte kurz die Augen, stellen sich die AfD vor und denken sich das Thema Flüchtlinge und Migration weg. Was bleibt dann vor Ihrem geistigen Auge noch übrig?

    Nichts außer Stille … und einem kleinen braunen Fleck ...
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    Sie wissen aber schon, dass das "wir schaffen das" nicht leichtfertig heraus gesagt wurde, sondern mit dem Hinweis das es eine Herausforderung wird, die wir Deutschen allerdings schaffen können.
    Natrülich nur wenn man auch will. Die afd will es z.B. gar nicht schaffen.
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  • J. B.
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  • T. H.
    Mal....ja geltendes Recht....ist gut. Aber wenn der Staat und hiermit der Gesetzgeber nicht dazu in der Lage ist dieses trotz großer Reden umzusetzen, dann muss ich so wie Polizeiauto auch die AFD wählen.
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  • K. R.
    Und dann wird’s besser, weil … ?
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  • J. B.
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  • E. H.
    sehs genauso wie du polizeiauto
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  • H. S.
    Flüchtlinge welche gewalttätig sind und unsere Gesetze nicht befolgen gehören abgeschoben ohne wenn und aber. Wer sich an die Gesetze hält darf bleiben. Deshalb wähle ich AFD. Egal wie ihr mich jetzt bezeichnet. Rechts, Links, Nazi oder sonst was.
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  • K. R.
    Hm … Sie wissen, dass Sie dafür keine AfD wählen müssen? Das ist im Wesentlichen alles schon geltendes Recht (https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Lexikon/FAQ-Fluechtlings-Asylpolitik/1-was-muss-ich-ueber-fluechtlinge-wissen/480-Gesetze-Vorschriften.html) …

    Die AfD (und manch anderer) versteht es nur vortrefflich, weiterhin das Märchen von der realitätsfernen, gutmenschverseuchten Willkommenskultur am Leben zu halten …
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  • E. H.
    Hallo, ich verstehe nicht was bunt in Schweinfurt mit AFD Kundgebung zu tun hat. Wenn man bei BUNT , zieht man die Leute ab, mit Kinder, weils halt lustig ist, findet man noch 150 Personen.
    Wie gross war das Geschrei bei der LINKEN als sie damals auch im Focus standen(Verfassungschutz). Jetzt ist die Linke attabliert, wie auch die Grünen(Verfassungsschutz), und plötzlich schwup die wup sind alles NAZIS.
    Bunt bedeutet was anderse als Menschen als NAZIS zu diffamieren. Übrigens Linke ,NAZI heisst NationalSOZIALIST, hier solltet Eure Geschichte Kennen. Ich meine Einheitspartei, na ihr werdet schon wissen schon was meine.
    Bunt für mich bedeutet für mich Freiheit, und nicht mit Fingern auf andere Menschen zu Zeigen. Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern bis die Wogen sich glätten. Einig müssten wir uns allerdings sein, mit dieser Frau Als Bundeskanzler wirds nix werden mit der Integration. ich meine INTEGRATION.
    Ich bin parteilos, hab auch schon grüne und spd gewählt, nur so.
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  • M. G.
    Ich finde Sie ! einfach supi. Herzlichen Dank für diese Meinung. Erfrischenend und
    gut für die Zukunft Deutschlands.
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  • B. K.
    Jeder hat seine Meinung und die darf rechts oder links sein.
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  • T. B.
    Dieser Kommentar trägt nicht zu Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • E. S.
    Ja "Kandel ist überall", inzwischen auch in Köthen (Sachsen-Anhalt). Verstehe nicht, warum sich soviele Menschen durch linke Hetze dazu hergeben, die Opfer noch zusätzlich zu verhöhnen.
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  • U. A.
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  • J. B.
    Der Vater eines von Asylanten ermordeten Sohnes würde ausgepuht von den linken Aktivisten.
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    Je mehr gegen die AFD berichtet wird, desto mehr Zulauf bekommt sie. Warum soll die AFD mundtot gemacht werden? In Sachsen-Anhalt in Köthen wurde schon wieder ein Deutscher Opfer von Afghanen. Soll dies so weiter gehen?
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  • A. F.
    Nachrichten hören bildet:

    Der Bruder des Getöteten soll ein vorbestrafter Neonazi sein.

    Da dürfte sich durchaus die Frage stellen, ob das "Tötungsdelikt" nicht sogar Notwehr war.
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  • R. D.
    Weil der Bruder irgendwas ist, ist die Tötung dann Notwehr? Interessante Auslegung von Notwehr.
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