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SCHWEINFURT
Standpunkt: Im Land der Sprachlosen
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:01 Uhr

Standpunkt

„Weltpoesie ist Weltversöhnung.“ Das war das Credo eines der größten Söhne Schweinfurts, Friedrich Rückert. Der dürfte am Samstag froh gewesen sein, mit dem Rücken zur AfD-Demonstration unter dem Motto „Kandel ist überall“, mit lautstarken Pfiffen und Buhrufen begleitet von Teilnehmern der „Schweinfurt ist bunt“-Kundgebung, gesessen zu haben. Rückert sitzt immer ein wenig gebeugt auf seinem Denkmal mitten auf dem Marktplatz. In Gedanken versunken, wenn man es gut meint. Gramgebeugt, wenn man den Samstag Revue passieren lässt.

Gramgebeugt ob der Sprachlosigkeit, die zwischen denen herrscht, die für ein multikulturelles, weltoffenes, tolerantes Deutschland eintreten und denen, die eine solche Haltung als naiv, das Multi-Kulti-Modell als gescheitert ansehen und die seit 2015 ins Land gekommenen Flüchtlinge als Ursache aller Probleme. Kakofonie statt Dialog, das herrschte am Marktplatz. Und am Ende gingen beide Seiten nach Hause, überzeugt das Richtige getan zu haben.

Um eines klar zu stellen. Die AfD ist keine Alternative für Deutschland. Ihre Islam-Phobie ist rassistisch begründet. Sie pauschalisiert, wo man differenzieren müsste. Sie ist, wie man in Chemnitz und anderswo gesehen hat, ein Wolf im Schafspelz. Eine Partei, deren Fraktionsvorsitzender im Bundestag den Terror des Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ in der Geschichte Deutschlands bezeichnet, muss sich zu Recht den Vorwurf gefallen lassen, man sympathisiere mit den ganz Rechten.

Eines mag man bei der AfD überhaupt nicht: Als „Nazi“ bezeichnet zu werden. Die Politiker nicht, die Wähler gleich gar nicht. Sie wehren sich, „Nazis“ genannt zu werden. Sie hätten Angst vor unkontrollierter Einwanderung, Überfremdung, Sorgen um ihre Kinder, ihre Arbeitsplätze, ihre Rente, ihre Zukunft. Sie seien Patrioten, rechtschaffene Deutsche, so war es oft zu hören auf dem Schweinfurter Marktplatz in hitzigen Diskussionen zwischen den beiden Lagern.

Es ist ein gutes Zeichen für eine wehrhafte Demokratie in Schweinfurt, dass so viele Menschen ein lautstarkes Plädoyer für Weltoffenheit, Toleranz und Respekt ablieferten. „Nazis raus“, das gilt immer. Aber ebenso, auf die zuzugehen, die noch reden wollen und Lösungen suchen. Auch die gab es am Rande der Demonstration. Das wäre wirkliche Weltversöhnung.

 
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  • R. K.
    Bitte unterlassen Sie die konkrete Nennung von Mitforisten, dann können wir Ihr Posting veröffentlichen.
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  • R. D.
    Es gibt einen Unterschied zwischen einem weltoffenen und multikulturellem Land und einem Land welches unkontrolliert Terroristen und Gesindel ins Land lässt.
    Offensichtlich wird das aber von vielen, inklusive der Presse, leider nicht verstanden.
    Wir müssen kontrollieren wer ins Land kommt und nur die migrieren lassen, die zivilisiert sind, die wir benötigen, die sich an unsere Gesetze und Regeln halten und die sich hier wirklich integrieren wollen.
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