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Schweinfurt
Landesgartenschau: Schweinfurts OB fordert "Mut zur Gestaltung"
Die neuen Pläne für die Landesgartenschau 2026 und die damit verbundenen Projekte genehmigte der Hauptausschuss. Warum lange über das finanzielle Risiko gesprochen wurde.
Blick auf die ehemalige Ledward Kaserne im Februar 2020: Links am Bildrand die Panzerhalle 237, die bei der Landesgartenschau als Blumenhalle genutzt werden soll. Die anderen ehemaligen Kasernengebäude sind abgerissen, die Carus-Allee wird Ende des Jahres fertig.
Foto: Anand Anders | Blick auf die ehemalige Ledward Kaserne im Februar 2020: Links am Bildrand die Panzerhalle 237, die bei der Landesgartenschau als Blumenhalle genutzt werden soll.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:25 Uhr

Die neuen Pläne für die Landesgartenschau 2026 sind im Moment ein Dauerbrenner der kommunalpolitischen Diskussion. Nach der knappen 8:7-Mehrheit der schwarz-grünen Koalition im Umweltausschuss, wurden die von Baureferent Ralf Brettin vorgestellten neuen Ideen, mit einer deutlichen Verkleinerung der Ausstellungsfläche und einem grünen Band von der Ledward Kaserne bis zum Main, im Hauptausschuss ebenfalls für gut geheißen. Mit der schwarz-grünen Mehrheit stimmte auch proschweinfurt-Stadträtin Christiane Michal-Zaiser.

Dieses Mal lag der Schwerpunkt auf den Zahlen, die der Kalkulation zugrunde liegen, sowie den möglichen Fördermitteln und Ausstiegsszenarien. Nicht öffentlich gemacht wurden der detaillierte Businessplan und die genaue Kalkulation sowie der Inhalt der Verträge, die die Stadt mit der bayerischen Landesgartenschau GmbH abschließt, für eine gemeinsame Gesellschaft zur Durchführung der Landesgartenschau in sechs Jahren. Diese Themen wurden hinter verschlossenen Türen diskutiert.

Ob im Stadtrat am 27. Oktober mehr Transparenz zu erwarten ist, wie sie SPD-Stadtrat Peter Hofmann einforderte, ist offen. Allerdings ist dann auch ein Vertreter der bayerischen Landesgartenschau GmbH vor Ort, um Fragen zu beantworten.

Das ehemalige Wachhäuschen am westlichen Eingang der alten Ledward Kaserne ist abgerissen, dort wird einer der Zugänge auf das Landesgartenschau-Gelände sein.
Foto: Nicolas Bettinger | Das ehemalige Wachhäuschen am westlichen Eingang der alten Ledward Kaserne ist abgerissen, dort wird einer der Zugänge auf das Landesgartenschau-Gelände sein.

Das Konzept, das man 2018 einreichte, und das Konzept, das nun mit einem Realisierungswettbewerb bis Mitte nächsten Jahres konkrete Gestaltungsideen liefern soll, unterscheidet sich erheblich voneinander. In den vergangenen Monaten hat die Verwaltung die Vorschläge aus verschiedenen Workshops und Gesprächen mit Bürgern aufgenommen und sich vor allem die Kritik der Grünen in der Mai-Sitzung des Stadtrates zu Herzen genommen, die vehement eine Einbeziehung so genannter Korrespondenzprojekte eingefordert hatten.

Nun soll die Landesgartenschau selbst auf knapp zehn Hektar im Nord-Westen der Ledward Kaserne stattfinden. Im Norden wird das Areal von der Kleingartenanlage Alte Warte begrenzt, im Süden von der Carus-Allee, im Westen vom Kasernenweg und dem Willy-Sachs-Stadion. Im Osten ist die Erweiterungsfläche der Fachhochschule die Grenze. Das Kessler Field ist nicht mehr Teil der Landesgartenschau, dort sollen in einem eigenen Wettbewerb innovative Wohnformen, speziell auf den Klimawandel angepasst, entwickelt werden.

Die Carus Allee, als grünes Band von Ost nach West durch die Ledward Kaserne, wird Ende des Jahres eröffnet.
Foto: Susanne Wiedemann | Die Carus Allee, als grünes Band von Ost nach West durch die Ledward Kaserne, wird Ende des Jahres eröffnet.

Darüber hinaus plant die Verwaltung ein so genanntes "grünes Band" von der Kaserne bis zum Main. Umgestaltet werden unter ökologischen Gesichtspunkten der Theodor-Fischer-Platz, der Schelmsrasen, der Spitalseeplatz sowie die Gutermann-Promenade und darüber hinaus der Vorplatz des Hauptbahnhofes. All diese Projekte sollen wie die Landesgartenschau Ende 2025 fertig sein.

"Ich wünsche mir den Mut, die Zukunft zu gestalten, nicht Verdrießlichkeit."
Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) über die neuen Pläne zur Gestaltung der Landesgartenschau 2026.

Baureferent Ralf Brettin und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) warben noch einmal für ihre Pläne. Der Baureferent betonte den Klimaschutz-Aspekt und sieht die Landesgartenschau insbesondere zum Anzapfen anderer Fördertöpfe als Motor an. Der OB erklärte, die Verwaltung sei sich natürlich der finanziellen Risiken bewusst. Aber: "Ich wünsche mir den Mut, die Zukunft zu gestalten, und nicht Verdrießlichkeit."

Finanzreferentin Anna Barbara Keck versicherte, man habe die Kosten nicht nur mit der bayerischen Landesgartenschau GmbH abgestimmt, sondern auch bei anderen Städten nachgefragt und deren Erfahrungen auch in die Vertragsgestaltung einfließen lassen. Ihres Wissens nach habe es noch nie einen Vertrag gegeben, in dem Ausstiegsszenarien festgehalten seien. Die Frage, zu welchen Kosten, wurde aber öffentlich nicht beantwortet.

Luftbild vom Kessler Field, das nicht mehr Teil der Landesgartenschau 2026 ist. Auf der Grünfläche rund um das DDC-Gelände in der Mitte sollen bis 2026 innovative neue Wohnformen entstehen.
Foto: Anand Anders | Luftbild vom Kessler Field, das nicht mehr Teil der Landesgartenschau 2026 ist. Auf der Grünfläche rund um das DDC-Gelände in der Mitte sollen bis 2026 innovative neue Wohnformen entstehen.

Keck erklärte erneut, dass nicht erst die Corona-Pandemie finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt gehabt habe, sondern der Strukturwandel der Automobilindustrie schon 2019 deutlich spürbar gewesen sei. Deswegen "entwickeln wir die Stadt sehenden Auges weiter, nicht verantwortungslos." Dass das komplette finanzielle Risiko aufgrund der Vertragsgestaltung nur bei der Stadt liege, sei immer so, "und ist auch kein Problem, wenn man es entsprechend steuert."

Das Finanzreferat schätzt die Kosten für den Bürgerpark in der Kaserne und die Gestaltung des Ausstellungsgeländes auf 10,6 Millionen Euro brutto. Sicher ist eine Förderung von fünf Millionen Euro durch den Freistaat, außerdem hat man sich für ein europäisches Förderprogramm beworben. Bekommt man da den Zuschlag, würde die Stadt im Idealfall nur 1,3 Millionen Euro aus dem eigenen Säckel aufbringen müssen.

Die Durchführung der Gartenschau selbst wird mit zwölf Millionen geschätzt, erwartet werden 8,6 Millionen Euro Einnahmen aus Ticketing und Sponsoring. Die Stadt kalkuliert ein Minus von 3,4 Millionen Euro ein und geht davon aus, dass im Schnitt 3500 Besucher pro Tag, insgesamt 574 000 kommen. "Das ist konservativ und vorsichtig geschätzt", betonte Baureferent Brettin. 

Abrissarbeiten standen zuletzt in der Ledward Kaserne im Vordergrund, die fast vollständig entsiegelt wird.
Foto: Oliver Schikora | Abrissarbeiten standen zuletzt in der Ledward Kaserne im Vordergrund, die fast vollständig entsiegelt wird.

Wie im Bauausschuss standen sich in der dreistündigen Diskussion Kritiker und Befürworter mit ihren Ansichten diametral gegenüber. Georg Wiederer (FDP) hält die Pläne angesichts der finanziellen Lage der Stadt für "nicht verantwortungsvoll." Die schwarz-grüne Koalition rede sich die Landesgartenschau "schön". Er plädierte für ein Ende der Planungen und Priorisierung der großen Projekte.

"Die SPD ist für dieses finanzielle Abenteuer nicht bereit."
Stadtrat Peter Hofmann ist gegen die Landesgartenschau 2026.

Ähnlich SPD und Linke. SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann erklärte, man sei für den Bürgerpark und das grüne Band. Das alles bekomme man aber auch ohne eine Landesgartenschau. Außerdem "fehlt es an Zutrauen, dass wir das alles in den nächsten fünf Jahren schaffen." Für seinen Fraktionskollegen Peter Hofmann ist die Kaserne "schlicht der falsche Standort". Er bezweifelte auch wie Linken-Fraktionschef Frank Firsching, dass EU-Mittel nur wegen der Landesgartenschau flössen. "Die SPD", so Hofmann, "ist für dieses finanzielle Abenteuer nicht bereit." Auch die Linken "sagen Ja zum Bürgerpark und Ja zu den Korrespondenzprojekten, aber Nein zur Landesgartenschau." Die Risiken, so Frank Firsching, "sind unwägbar."

Die AfD-Stadträtin Daniela Mahler ist ebenso für die Korrespondenzprojekte und gegen die Ausrichtung der Landesgartenschau, "das finanzielle Abenteuer ist zu groß."

Blick auf die Gutermann-Promenade am Main, die als Korrespondenzprojekt der Landesgartenschau 2026 umgestaltet werden soll.
Foto: Waldemar Balzer | Blick auf die Gutermann-Promenade am Main, die als Korrespondenzprojekt der Landesgartenschau 2026 umgestaltet werden soll.

Zustimmung gab es von der CSU und proschweinfurt. CSU-Fraktionschef Stefan Funk betonte, die Stadt müsse antizyklisch handeln. Die Landesgartenschau biete einen erheblichen Mehrwert für die Bürger: "Wir wollen nicht verzagen und gehen ein kalkulierbares Risiko ein, um Schweinfurt in schwierigen Zeiten einen großen Schritt voran zu bringen", so Funk. Unterstützt wurde er von Fraktionskollegin Stefanie Stockinger-von Lackum und Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt), die insbesondere die nun inkludierten Korrespondenzprojekte sowie den Bahnhofsvorplatz für wichtig hält.

 
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  • F. R.
    In der Schweinfurter Stadtentwicklung zählt keine Vernunft mehr, sondern nur noch politischer Starrsinn.

    Will die CSU das einmalige Werk Gudrun Griesers nachträglich schädigen?

    "Der Baureferent...sieht die Landesgartenschau insbesondere zum Anzapfen anderer Fördertöpfe als Motor an. Der OB erklärte...Ich wünsche mir den Mut, die Zukunft zu gestalten, und nicht Verdrießlichkeit."

    Woanders sind LGS aus dem Ruder gelaufen, mit bis zu 65 Mio. Euro Gesamtkosten! Wenn der OB keine Verdrießlichkeit hat, hört er auf, weiterhin von SW wenig Einwohnerwachstum zu erwarten und stattdessen neue Baugebiete für Häuslebauer zu erschließen.

    Und wenn er Mut hat, geht er offensiv auf den Vorschlag der Steigerwaldbahn nach Karlsruher Modell ein. Neuerdings gibt es auch in Verbindung mit einer Bahn-Reaktivierung für eine Tram 80 % Förderung:

    Beispiel: zu 10 Mio. städt. Einsatz für eine Tram gäbe es 40 Mio. Förderung!

    Und kein Strohfeuer, sondern ein Beitrag zu Stadtentwicklung & Umwelt auf Dauer
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