Es war an einem Sonntagvormittag, irgendwann Mitte der 1970er-Jahre. Ein Nebenzimmer in einem Hammelburger Stadtteil. Frühschoppen der SPD in der tiefsten Diaspora. Zu Gast: Kurt Petzold. Der Schweinfurter Oberbürgermeister war der Bitte seiner Genossen gefolgt und referierte über die Städtebauförderung, die seine Partei in der Großen Koalition auf den Weg gebrachte hatte und in der in Schweinfurt Projekte entwickelt wurden, die bundesweit als beispielhaft galten.
Petzold ließ sich nicht irritieren, dass gerade einmal ein knappes Dutzend Parteifreunde gekommen war. Er dachte nicht nur in großen Kategorien, war auch an den vermeintlich kleinen Dingen interessiert. Eine Haltung, die seine 18-jährige Amtszeit prägen sollte. Die großen Auftritte waren nie sein Ding, der rote Teppich ihm völlig fremd. So erstaunte es nicht, dass er zu Terminen immer wieder mit dem Fahrrad kam, sich oft bescheiden in die Reihe stellte.
Kurt Petzold wurde 1936 in eine sozialdemokratisch geprägte Familie hinein geboren. Da war es fast selbstverständlich, dass er in die Jugendorganisation seiner Partei, die Falken, ging. Nach dem Abitur hat er Jura studiert, trat dann in die bayerische Staatsverwaltung ein, kehrte nach Schweinfurt als Kämmerer zurück, war von 1972 bis 1974 Bürgermeister, um schließlich 1974 dem beliebten Georg (Schorsch) Wichtermann als Stadtoberhaupt nachzufolgen.
Von ihm übernahm er den Bau des Leopoldina-Krankenhaus, das mit höchsten Standards für die gesamte Region Bedeutung erlangte und bis heute eine Erfolgsgeschichte schreibt. Den Veränderungen im Gesundheitswesen hat es sich stets erfolgreich anpassen können.
Großprojekt Stadtsanierung
Ein weiteres Großprojekt war die Stadtsanierung. Als er die erste Fußgängerzone in der Spitalstraße einrichtete, war dies nicht unumstritten. Heute erinnern sich nur die Älteren an die damals völlig verstopfte Innenstadt. "Gewissermaßen wie einen Bypass am menschlichen Herzen legten wir den inneren Ring an, indem wir Schultesstraße, Fischerrain, Rusterberg und Paul-Rummert-Ring bis zum Obertor verbreiterten und zum Teil überhaupt erst befahrbar machten", erinnerte er sich in einem Interview zum 80. Geburtstag. Mit dem Städtebauförderungsprogramm wurden ganze Stadtquartiere saniert, als Beispiel seien an die Judengasse oder das Areal rund um den Schrotturm erinnert. Petzold hat der Stadt ein neues modernes Gesicht gegeben.
Weitblickend war der Bau des Gemeinschaftkraftwerkes GKS, zusammen mit den Großbetrieben FAG, Sachs und SKF. Dies sichert nicht nur deren Wärmeversorgung, sondern verbrennt auch umweltfreundlich den Müll der Region. Das Projekt durchzusetzen hat viel Kraft gefordert. Der Widerstand kam vor allem auch aus den eigenen Reihen, führte aber schließlich dazu, dass die modernsten Standards realisiert wurden.
Gegen den Bau des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld
Beim Kampf gegen den Bau des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld marschierte Petzold mit an der Spitze, leitete eine Klage ein, die jedoch nicht erfolgreich war. Als das Kraftwerk schließlich vor fünf Jahren abgeschaltet wurde, sprach er von einer "großartigen Sache", verwies aber gleichzeitig darauf, dass die Gefahren damit längst nicht gebannt seien. "Höchste Wachsamkeit ist nach wie vor geboten."
Kurt Petzold war ein guter Sportler, Skifahrer, Läufer bis weit ins hohe Alter. Ein Herzensanliegen war ihm jedoch auch die Kultur. Das Theater genoss seine besondere Aufmerksamkeit. Dem Liederkranz war er ein enger Freund, der alternativen Kultur ein Förderer.
Mit dem Aufbau der Städtischen Sammlungen legte er den Grundstein für die heutige Kunsthalle. Das Ziel, die wertvolle Gemälde- und Bildersammlung Georg Schäfers in einem Museum unterzubringen, konnte er vor allem aus Finanzgründen nicht selbst erreichen. Die Grundlagen für das heutige Museum Georg Schäfer hat er in Gesprächen mit der Familie jedoch gelegt.
1992 wollte Petzold seine vierte Amtsperiode antreten. Er musste aber zurückziehen, weil ihm seine Partei – aus heutiger Sicht – sehr vordergründig das Vertrauen entzog. Er haderte jedoch nicht lange mit der SPD, sagte dem neuen Kandidaten, Werner Bonengel, seine Unterstützung zu. Das Ergebnis, nämlich die Wahl von Gudrun Grieser (CSU), läutete den bis heute anhaltenden Niedergang der Schweinfurter Sozialdemokratie ein.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zog Kurt Petzold sich nicht völlig aus dem öffentlichen Leben zurück. So gehörte er bis 1994 dem Bezirkstag an. Viele Jahre lang führte er die Fritz-Soldmann-Stiftung, die die Jugend unterstützt. Er arbeitete engagiert in der Musikstiftung mit.
Mit der Stadtgeschichte beschäftigt
Die Beschäftigung mit der Stadtgeschichte war Petzold wichtig. Mit der Zeit des Nationalsozialismus hat er sich beschäftigt, an die Leiden der vielen Zwangsarbeiter erinnert. Als die Stadt 1991 ihr 1200-jähriges Bestehen feierte, lud er ehemalige jüdische Mitbürger und ihre Angehörigen nach Schweinfurt ein. 81 Gäste nahmen die Einladung an.
Am Dienstag ist der auch über Parteigrenzen hinweg höchst angesehene Ehrenbürger Kurt Petzold im Alter von 84 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Sein Tod löst in Schweinfurt tiefe Trauer aus.
Ab Montag, 7. Dezember, können sich all diejenigen, die ihre Anteilnahme bekunden wollen, zwischen 10 und 16 Uhr in der Ausstellungshalle Altes Rathaus in ein Kondolenzbuch eintragen. Die Hygienevorschriften sind einzuhalten.