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Schweinfurt
Kurt Petzold hat der Stadt ein modernes Gesicht gegeben
Der frühere Oberbürgermeister Kurt Petzold ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Eine Würdigung.
Auch im Alter blieb Kurt Petzold politisch noch aktiv: Hier 2016 bei einer Kundgebung von 'Schweinfurt ist bunt'. 
Foto: Martina Müller | Auch im Alter blieb Kurt Petzold politisch noch aktiv: Hier 2016 bei einer Kundgebung von "Schweinfurt ist bunt". 
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:55 Uhr

Es war an einem Sonntagvormittag, irgendwann Mitte der 1970er-Jahre. Ein Nebenzimmer in einem Hammelburger Stadtteil. Frühschoppen der SPD in der tiefsten Diaspora. Zu Gast: Kurt Petzold. Der Schweinfurter Oberbürgermeister war der Bitte seiner Genossen gefolgt und referierte über die Städtebauförderung, die seine Partei in der Großen Koalition auf den Weg gebrachte hatte und in der in Schweinfurt Projekte entwickelt wurden, die bundesweit als beispielhaft galten.

1979 Empfang für den schwedischen König Carl Gustav, der bei SKF zu Gast war. 
Foto: Hans Rost | 1979 Empfang für den schwedischen König Carl Gustav, der bei SKF zu Gast war. 

Petzold ließ sich nicht irritieren, dass gerade einmal ein knappes Dutzend Parteifreunde gekommen war. Er dachte nicht nur in großen Kategorien, war auch an den vermeintlich kleinen Dingen interessiert. Eine Haltung, die seine 18-jährige Amtszeit prägen sollte. Die großen Auftritte waren nie sein Ding, der rote Teppich ihm völlig fremd. So erstaunte es nicht, dass er zu Terminen immer wieder mit dem Fahrrad kam, sich oft bescheiden in die Reihe stellte.

Franz-Josef Strauß (rechts) beim Wahlkampf in den 1980er-Jahren. Berührungsängste kannte Kurt Petzold nicht. 
Foto: Hans Rost | Franz-Josef Strauß (rechts) beim Wahlkampf in den 1980er-Jahren. Berührungsängste kannte Kurt Petzold nicht. 

Kurt Petzold wurde 1936 in eine sozialdemokratisch geprägte Familie hinein geboren. Da war es fast selbstverständlich, dass er in die Jugendorganisation seiner Partei, die Falken, ging. Nach dem Abitur hat er Jura studiert, trat dann in die bayerische Staatsverwaltung ein, kehrte nach Schweinfurt als Kämmerer zurück, war von 1972 bis 1974 Bürgermeister, um schließlich 1974 dem beliebten Georg (Schorsch) Wichtermann als Stadtoberhaupt nachzufolgen.

Von ihm übernahm er den Bau des Leopoldina-Krankenhaus, das mit höchsten Standards für die gesamte Region Bedeutung erlangte und bis heute eine Erfolgsgeschichte schreibt. Den Veränderungen im Gesundheitswesen hat es sich stets erfolgreich anpassen können.

Großprojekt Stadtsanierung

Ein weiteres Großprojekt war die Stadtsanierung. Als er die erste Fußgängerzone in der Spitalstraße einrichtete, war dies nicht unumstritten. Heute erinnern sich nur die Älteren an die damals völlig verstopfte Innenstadt. "Gewissermaßen wie einen Bypass am menschlichen Herzen legten wir den inneren Ring an, indem wir Schultesstraße, Fischerrain, Rusterberg und Paul-Rummert-Ring bis zum Obertor verbreiterten und zum Teil überhaupt erst befahrbar machten", erinnerte er sich in einem Interview zum 80. Geburtstag. Mit dem Städtebauförderungsprogramm wurden ganze Stadtquartiere saniert, als Beispiel seien an die Judengasse oder das Areal rund um den Schrotturm erinnert. Petzold hat der Stadt ein neues modernes Gesicht gegeben.

Bieranstich zum Schweinfurter Volksfest 1980 mit Oberbürgermeister Kurt Petzold (3. von links), links daneben Volksfest-Organisator Walter Sieber, rechts  Brauhaus Chef Sepp Enthammer. 
Foto: Hans Rost | Bieranstich zum Schweinfurter Volksfest 1980 mit Oberbürgermeister Kurt Petzold (3. von links), links daneben Volksfest-Organisator Walter Sieber, rechts Brauhaus Chef Sepp Enthammer. 

Weitblickend war der Bau des Gemeinschaftkraftwerkes GKS, zusammen mit den Großbetrieben FAG, Sachs und SKF. Dies sichert nicht nur deren Wärmeversorgung, sondern verbrennt auch umweltfreundlich den Müll der Region. Das Projekt durchzusetzen hat viel Kraft gefordert. Der Widerstand kam vor allem auch aus den eigenen Reihen, führte aber schließlich dazu, dass die modernsten Standards realisiert wurden.

Kurt Petzold bei einer Demo gegen das Kernkraftwerk im Rathausinnenhof. Mit MdB Rudolf Müller, Bürgermeister Herbert Müller und MdL Werner Hollwich (von links). 
Foto: Renate Wiener | Kurt Petzold bei einer Demo gegen das Kernkraftwerk im Rathausinnenhof. Mit MdB Rudolf Müller, Bürgermeister Herbert Müller und MdL Werner Hollwich (von links). 

Gegen den Bau des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld

Beim Kampf gegen den Bau des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld marschierte Petzold mit an der Spitze, leitete eine Klage ein, die jedoch nicht erfolgreich war. Als das Kraftwerk schließlich vor fünf Jahren abgeschaltet wurde, sprach er von einer "großartigen Sache", verwies aber gleichzeitig darauf, dass die Gefahren damit längst nicht gebannt seien. "Höchste Wachsamkeit ist nach wie vor geboten."

Kurt Petzold war ein guter Sportler, Skifahrer, Läufer bis weit ins hohe Alter. Ein Herzensanliegen war ihm jedoch auch die Kultur. Das Theater genoss seine besondere Aufmerksamkeit. Dem Liederkranz war er ein enger Freund, der alternativen Kultur ein Förderer.

Eintrag ins Goldene Buch bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde mit Gudrun Grieser und OB Sebastian Remelé. 
Foto: Waltraud Fuchs-Mauder | Eintrag ins Goldene Buch bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde mit Gudrun Grieser und OB Sebastian Remelé. 

Mit dem Aufbau der Städtischen Sammlungen legte er den Grundstein für die heutige Kunsthalle. Das Ziel, die wertvolle Gemälde- und Bildersammlung Georg Schäfers in einem Museum unterzubringen, konnte er vor allem aus Finanzgründen nicht selbst erreichen. Die Grundlagen für das heutige Museum Georg Schäfer hat er in Gesprächen mit der Familie jedoch gelegt.

1992 wollte Petzold seine vierte Amtsperiode antreten. Er musste aber zurückziehen, weil ihm seine Partei – aus heutiger Sicht – sehr vordergründig das Vertrauen entzog. Er haderte jedoch nicht lange mit der SPD, sagte dem neuen Kandidaten, Werner Bonengel, seine Unterstützung zu. Das Ergebnis, nämlich die Wahl von Gudrun Grieser (CSU), läutete den bis heute anhaltenden Niedergang der Schweinfurter Sozialdemokratie ein.

Empfang zum 80. Geburtstag: Kurt Petzold mit Ehefrau Gisela und dem Ehepaar Remelé. 
Foto: Anand Anders | Empfang zum 80. Geburtstag: Kurt Petzold mit Ehefrau Gisela und dem Ehepaar Remelé. 

Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zog Kurt Petzold sich nicht völlig aus dem öffentlichen Leben zurück. So gehörte er bis 1994 dem Bezirkstag an. Viele Jahre lang führte er die Fritz-Soldmann-Stiftung, die die Jugend unterstützt. Er arbeitete engagiert in der Musikstiftung mit.

Mit der Stadtgeschichte beschäftigt

Die Beschäftigung mit der Stadtgeschichte war Petzold wichtig. Mit der Zeit des Nationalsozialismus hat er sich beschäftigt, an die Leiden der vielen Zwangsarbeiter erinnert. Als die Stadt 1991 ihr 1200-jähriges Bestehen feierte, lud er ehemalige jüdische Mitbürger und ihre Angehörigen nach Schweinfurt ein. 81 Gäste nahmen die Einladung an.

Am Dienstag ist der auch über Parteigrenzen hinweg höchst angesehene Ehrenbürger Kurt Petzold im Alter von 84 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben. Sein Tod löst in Schweinfurt tiefe Trauer aus.

Ab Montag, 7. Dezember, können sich all diejenigen, die ihre Anteilnahme bekunden wollen, zwischen 10 und 16 Uhr in der Ausstellungshalle Altes Rathaus in ein Kondolenzbuch eintragen. Die Hygienevorschriften sind einzuhalten.

2015 erhielt Kurt Petzold die höchste Auszeichnung der SPD, die Willy- Brandt-Medaille. Rechts die damalige Landtagsabgeordnete Kathy Petersen, links der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner. 
Foto: Josef Lamber | 2015 erhielt Kurt Petzold die höchste Auszeichnung der SPD, die Willy- Brandt-Medaille. Rechts die damalige Landtagsabgeordnete Kathy Petersen, links der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner. 
 
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