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Kreis Schweinfurt
Krötenwanderung: Wie Freunde der Frösche und Lurche deren Überleben sichern
Noch sind die Temperaturen frisch, aber die ersten Kröten sind bereits unterwegs. Ebenfalls aktiv: viele Ehrenamtliche, die die Tiere sicher über die Straße bringen.
Ein kleines Erdkröten-Männchen ist am Zaun an der Gochsheimer Flughafenkreuzung  gestrandet und wird nun über die Straße getragen. Die Helferin trägt Nitrilhandschuhe, um keine Infektionskeime auf die Tiere zu übertragen.
Foto: Daniela Schneider | Ein kleines Erdkröten-Männchen ist am Zaun an der Gochsheimer Flughafenkreuzung gestrandet und wird nun über die Straße getragen.
Daniela Schneider
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:46 Uhr

Seit ein paar Tagen stehen sie wieder an verschiedenen Stellen im Landkreis Schweinfurt: die grünen Amphibienzäune, die wandernde Tiere vor dem oft sicheren Tod auf den vielbefahrenen Straßen schützen.

Wann geht die Krötenwanderung los?

Sobald die Temperaturen auf über sechs Grad klettern und es dazu feucht ist, wachen Kröten, Frösche und Lurche aus der Winterstarre auf und machen sich auf den beschwerlichen und oft lebensgefährlichen Weg genau zu den Laichgewässern, in denen sie geboren worden sind. Wenn es gut läuft, landen die paarungsbereiten Tiere dort oder an den grünen Zäunen, die an fünf offiziellen Amphibienübergängen im Landkreis vom Kreisbauhof errichtet wurden. Dort werden sie entlang der Zäune oder in dort verbuddelten Eimern am frühen Morgen und nach der Dämmerung von Ehrenamtlichen - gut erkennbar an den von der Verkehrswacht spendierten Warnwesten - eingesammelt und eimerweise über die Straße zum Laichgewässer getragen. Je nach Witterung geht es dann bis spätestens Ende April wieder zurück.

Warum gab es erstmals eine Auftaktveranstaltung im Landratsamt?

Die Amphibienretterinnen und -retter leisten mit ihrem Einsatz einen wichtigen Beitrag für den Artenschutz im Schweinfurter Land. Daher fand erstmals im Landratsamt ein Vorbereitungstreffen auf Einladung des Bund Naturschutzes (BN) und der Unteren Naturschutzbehörde statt. Neben einem Grußwort der stellvertretenden Landrätin Bettina Bärmann und einem Vortrag des Biologen Jürgen Thein ging es vor allem um einen konstruktiven Erfahrungsaustausch unter den Gruppen, die die Übergänge in Altenmünster, Gochsheim/Schwebheim, Reichmannshausen, Wipfeld und am Ellertshäuser See betreuen. Das Ziel: eine bessere Vernetzung und ein regelmäßiger fachlicher Austausch über das, was gut klappt oder wo es vielleicht noch Optimierungsbedarf gibt.

Warum gehen die Amphibienbestände signifikant zurück?

Das Thema ist mehr als wichtig, wie die Ausführungen von Edo Günther und Richard Lindner vom Bund Naturschutz zeigten. Die Population schwindet; beide sprachen von "katastrophalen Rückgängen" und nannten vielfältige Gründe: Klimawandel und Flächenfraß, die intensive Landwirtschaft, aber auch politische Entscheidungen, die die Artenvielfalt gefährdeten. Wie Günther sagte, müsse man zwingend notwendige Veränderungen anmahnen.

In diese Richtung ging auch der Vortrag vom Diplombiologen Jürgen Thein, der als Naturschutz-Fachkartierer im Landkreis Schweinfurt die Amphibienpopulation genau im Blick behält. Mehr als die Hälfte der 13 Amphibienarten im Landkreis sei aktuell stark gefährdet, einige Froscharten dagegen scheinen mit den veränderten Bedingungen gut zurecht zu kommen. So gibt es im süd-östlichen Landkreis sogar einen unterfrankenweiten Hotspot für Laubfrösche, wie Thein begeistert berichtete. Er warb dafür, informiert zu werden, wenn seltene Exemplare wie der Springfrosch gesichtet werden. Und auch die Kreuzkröte hat sich wohl angepasst: Mehrfach sei beobachtet worden, dass sie sich in den landwirtschaftlichen Folientunneln fortpflanzt.

Warum ist der Goldfisch ein Problem?

Biologe Thein nannte verschiedene Faktoren, die den Amphibien zu schaffen machen, die größtenteils auf zwei Lebensräume, das Laichgewässer und den Landlebensraum, angewiesen sind: Monokulturen, Strukturarmut, das Klima und ein fehlendes Nahrungsangebot. Dazu zählen auch Feinde wie der Goldfisch, der oft in Gewässern ausgesetzt wird. Sorge macht dem Biologen der Salamanderfresserpilz (Bsal) – ein Hautpilz, der auch von Molchen übertragen wird. Theins Tipp deshalb an die Naturschützenden: Beim Amphibienschutz Nitrilhandschuhe tragen, das minimiert eine mögliche Verbreitung.

Immer wieder sausen Lkw recht schnell vorbei, wenn die Amphibienrettenden im Einsatz sind. In Gochsheim liegt zumindest ein Fahrradweg zwischen Straße und Krötenzaun.
Foto: Daniela Schneider | Immer wieder sausen Lkw recht schnell vorbei, wenn die Amphibienrettenden im Einsatz sind. In Gochsheim liegt zumindest ein Fahrradweg zwischen Straße und Krötenzaun.

Was müssen Autofahrer beachten?

Die meisten Übergänge liegen an vielbefahrenen Straßen. Die Ehrenamtlichen in ihren weithin sichtbaren Warnwesten berichten immer wieder von Rasern, die Hinweisschilder und die Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern ignorieren. Wie Philipp Keller, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, erläutert, werde man sich mit der Polizei abstimmen, sollten gravierende Verstöße gegen die Geschwindigkeitsbegrenzungen gemeldet werden.

Wo kann ich mich melden, wenn ich helfen will?

Das Gros der Helfenden ist seit vielen Jahren aktiv wie Sonja Müller aus Gochsheim, die dafür im Rahmen des Vorbereitungstreffens mit einem Schild "Freunde der Frösche - Große Taten für kleine Wanderer" vom BN gewürdigt wurde. Es herrscht zwar im Landkreis Schweinfurt eine "gewisse Zufriedenheit" über die Anzahl der Helfenden, wie es Edo Günther formulierte, dennoch werden immer wieder Freiwillige gebraucht, die sich für den Naturschutz im Landkreis stark machen möchten. Sie können sich bei Phillip Keller von der Unteren Naturschutzbehörde unter naturschutz@lrasw.de oder Richard Lindner vom Bund Naturschutz unter schweinfurt@bundnaturschutz.de melden.

 
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