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GEROLZHOFEN
Kontrolleure dürfen bei Hiestand alles
Was wird für die Sauberkeit bei einem der größten Hersteller von Tiefkühl-Backwaren weltweit, dem Hiestand-Werk in Gerolzhofen, getan? Wie oft wird dort kontrolliert? Was wird bemängelt? Wir waren vor Ort.
Kontrolleure dürfen bei Hiestand alles       -  Die Spülküche im Hiestand-Werk in Gerolzhofen: Hier werden ständig Kisten, Bleche und Desinfektionsschläuche – wie überhaupt alle mobilen Maschinenteile – gereinigt.
Foto: Norbert Vollmann | Die Spülküche im Hiestand-Werk in Gerolzhofen: Hier werden ständig Kisten, Bleche und Desinfektionsschläuche – wie überhaupt alle mobilen Maschinenteile – gereinigt.
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:06 Uhr

Ich bin als Reporter wieder einmal bei einem der größten Hersteller von Tiefkühl-Backwaren weltweit, dem Hiestand-Werk in Gerolzhofen. Das letzte Mal war ich wegen der Cookies hier, die in dem zum Aryzta-Konzern gehörenden Betriebsstandort in einer Stückzahl von über 100 Millionen Stück für die Sandwichkette Subway und andere Kunden produziert werden.

Diesmal geht es um die von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch jüngst angeprangerten Ekel-Zustände in Form von Schaben, Mäusekot oder Glas im Brot in süddeutschen Großbäckereien, über die die Verbraucher nicht informiert worden seien. Dabei waren am Rande auch Beanstandungen bei Hiestand in Gerolzhofen veröffentlicht worden. Dort befürchtet man nun, „mit anderen, die offenbar katastrophale Zustände haben, in einen Topf geworfen werden“, so Aryzta-Pressesprecher Günther Lindinger.

Uns interessiert wiederum, was bei Hiestand alles gemacht wird, um den Vorschriften und Hygiene-Standards Rechnung zu tragen, wie oft der Betrieb mit derzeit 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kontrolliert wird und welche Art von Mängeln dabei festgestellt worden sind.

Strenge Hygienevorschriften

Doch zunächst heißt es bei der Dame am Empfang sich selbst über die Hygienebestimmungen belehren zu lassen, den Stift und Block mit Klemmbrett und ausgegebenem Kuli zu vertauschen und mühsam den Ehering vom Finger abzustreifen. Anderen Schmuck muss ich nicht ablegen, da ich keinen trage. Auch, dass ich rasiert bin, kann im Besucher-Protokoll abgehakt werden.

Nun geht es mit meinen Begleitern aus dem Haus in die Hygiene-Schleuse für Besucher. Das „Ganzkörper-Kondom“ ist übergestreift, ebenso die Überzieher für die Schuhe und die Haarnetz-Haube. Nicht zum letzten Mal werden die Hände gewaschen, desinfiziert und getrocknet.

Die Tür geht auf und wir befinden uns im Treppenabgang zu den Produktionshallen. Immer den Handlauf benutzen, heißt die Devise, angesichts der von der Desinfektion feuchten Treppen und Böden.

Es sind nur noch wenige Meter bis zur ersten Produktionslinie. Nun sind wir schon in der Halle. Ein letzter Gang mit der Hand an der Reling über den kleinen Laufsteg und schon rollen die ersten Teiglinge an unseren Augen vorbei. Beim Anblick der Mitarbeiter an den Förderbändern wähnt man sich in Anbetracht weißer Hosen und Kittel, grüner Haarnetze und übergestreifter Gummihandschuhe eher im OP-Saal. Wobei der Vergleich gar nicht so weit hergeholt ist. Sauberkeit und nahezu medizinische Hygiene sind das oberste Gebot.

Kontrolleure dürfen bei Hiestand alles       -  Immer wieder geht es im Hiestand-Werk im Produktionsbereich durch die Hygiene-Schleusen.
Foto: Norbert Vollmann | Immer wieder geht es im Hiestand-Werk im Produktionsbereich durch die Hygiene-Schleusen.

Ganz klar: Die Angst vor Skandalen ist nicht nur wegen der Kunden groß. Aryzta-Pressesprecher Günther Lindinger betont: „Solche katastrophalen Zustände schaden der gesamten Branche. Davon wollen wir uns deutlich durch Offenheit absetzen.“

Detlef Kernke ist der Mann bei Hiestand in Gerolzhofen für Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung. Er unterstreicht: „Die Sicherheit des Endverbrauchers ist das A und O. Wir werden seit weit über zehn Jahren nach nationalen und internationalen Standards bei der Lebensmittelsicherheit auf höchstem Niveau zertifiziert.“

Bekannt für Qualität

Noch deutlicher wird Werkleiter Gerhard Seufert: „Wir sind in Gerolzhofen bekannt für unsere Qualität, aber auch einer der größten Fleisch- und Wurstverarbeiter in der Region, wenn man etwa an Wiener, Schinken oder Salami denkt.“ Ohne diese weit über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Standards würde man kein einziges Croissant, keine Pizzastange und kein Brötchen verkaufen, so Seuferts Feststellung.

Nach Aussage Günther Lindingers werde vom Staatlichen Veterinäramt Schweinfurt praktisch immer irgendetwas kritisiert. Seit gut anderthalb Jahren seien die Beanstandungen bei den Kontrollen wie zuletzt am 28. Juni aber so gering gewesen, dass sie nicht einmal zu einer Einstufung als „geringgradig“ führten.

Auch die aus der Zeit von 2015 und 2016 von Foodwatch öffentlich gemachten „geringgradigen“ Mängel hätten dabei nie den unmittelbaren Produktionsbereich betroffen. Es sei etwa um Schimmel im Nassbereich der Spülküche oder um Teigreste im Verpackungsraum gegangen. Als „mittelgradige Mängel“ wurden von den Kontrolleuren in einem einzigen Fall die Verunreinigungen eingestuft, die sie auf einer nicht genutzten Maschine, im Werkzeuglager, auf Holzpaletten oder auf zwei Schutzanzügen fanden. Was das Landratsamt selbst dazu sagt, werden wir noch gesondert berichten.

Günther Lindinger versichert: „Beanstandungen werden so oder so sofort umgesetzt.“ Zu den Kontrollen des Veterinäramtes kommen die Überprüfungen durch die Spezialeinheit des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). „Sie dürfen alles“, so Gerhard Seufert. Zwei mit Fachleuten besetzte Teams dieser Task Force durchsuchen einen Tag lang den Betrieb auf Mängel, ein Team dokumentiert.

Die Kontrollen bayerischer Behörden sind aber nur die eine Seite. Dazu schauen sich die Kunden von Aldi über Lidl und erst in dieser Woche Edeka bis zu Subway ständig bei sogenannten Audits selbst im Werk um, indem sie ihre eigenen Experten oder externe Profis für Qualität und Vertrieb vorbeischicken.

Kontrolleure dürfen bei Hiestand alles       -  Schwerpunktmäßig werden im Hiestand-Werk Gerolzhofen nach wie vor Tiefkühlteiglinge für Croissants und Plunder in allen Variationen hergestellt.
Foto: Norbert Vollmann | Schwerpunktmäßig werden im Hiestand-Werk Gerolzhofen nach wie vor Tiefkühlteiglinge für Croissants und Plunder in allen Variationen hergestellt.

Obendrein kontrollieren unabhängige Zertifizierungsstellen Teilbereiche oder auch den gesamten Betrieb und als weitere Instanz das Labor L+S aus Bad Bocklet-Großenbrach als externer Dienstleister, das auch so renommierte Firmen wie etwa Milupa oder Bionade betreut. Zusätzlich wird täglich mehrfach intern durch Hygiene-Checks kontrolliert, informiert Pressesprecher Günter Lindinger.

Normalerweise finde im Durchschnitt alle zwei bis drei Wochen ein Audit oder eine Kontrolle von Behörden oder Kunden im Betrieb statt, überwiegend unangekündigt. Sie dauern von mehreren Stunden bis zu drei Tagen, so Günther Lindinger.

Morgendliche Reflexion

Dem Qualitätsmanagement sowie der Verbraucher- und Arbeitssicherheit dient auch die morgendliche abteilungsübergreifende Reflexion der letzten 24 Stunden im Betrieb und die Vorausschau auf die nächsten 48 Stunden, ebenso wie das wöchentliche Produktionsmeeting. Nochmals Werkleiter Gerhard Seufert: „Ohne diese permanenten und unangekündigten Kontrollen und all die anderen Maßnahmen könnten wir im internationalen Wettbewerb nicht bestehen.“

Schwerpunktmäßig werden im Hiestand-Werk Gerolzhofen im Industriegebiet Alitzheimer Straße nach wie Tiefkühlteiglinge für Plunder und Croissants in allen Variationen hergestellt. Die Produktion hatte das damals noch selbstständige Schweizer Unternehmen hier am Steigerwald 1989 zunächst im ehemaligen Butterwerk in der Kolpingstraße aufgenommen.

 
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