Rund fünf Jahre nach dem Ekelskandal rund um die Münchner Großbäckerei Müller-Brot fördern staatliche Kontrollen in bayerischen Backstuben immer noch Ekelerregendes zutage. Doch weil die mit Steuergeld erstellten Prüfergebnisse unter Verschluss bleiben, erfahren die Verbraucher nichts über die wahren Zustände in den Betrieben, kritisieren die Verbraucherlobbyisten von Foodwatch in einem nun veröffentlichten Bericht.
Die Organisation hatte mit Hilfe des Verbraucherinformationsgesetzes in einem langwierigen und kostspieligen Verfahren die bayerischen Kontrollbehörden zur Herausgabe von Prüfberichten von insgesamt acht bayerischen Großbäckern gezwungen, um zu prüfen, ob nach dem Fall Müller-Brot ein Wandel zum Besseren stattgefunden hat.
Das Ergebnis sei ernüchternd, sagte Foodwatch-Sprecher Martin Rücker in München: Denn zumindest bei drei Betrieben – der schwäbischen Bäckerei Ihle, dem Erlanger Unternehmen „Der Beck“ und der niederbayerischen Großbäckerei Bachmeier – seien im geprüften Zeitraum von 2013 bis 2016 wiederholt schwerwiegende hygienische Mängel festgestellt worden.
Nagerhaare und Metallspäne
Von Mäusekot im Rohwarenlager ist dort etwa die Rede, von „Nagerkot“ und „Nagerhaaren“ an Weihnachtsplätzchen oder von „massivem Käferbefall“, „Metallspänen“ oder „Kunststofffolien“ in den Backwaren. In einem „Gourmet-Brot“ von Ihle wurde laut Foodwatch ein zwanzig Zentmeter langes Klebeband gefunden, in einem Weizenbrötchen von „Der Beck“ ein „braunschwarzer Fremdkörper“ der nach Ansicht der Kontrolleure die „Kotpille eines Kleinsäugers“ ist.
Auch von wiederholten Beanstandungen, die bei Ihle 2014 gar zur Teilstilllegung führten, erfuhr die Öffentlichkeit aber nichts, weil nur gesundheitsgefährdende, nicht aber ekelerregende Befunde veröffentlicht werden. „Und durchgebackener Mäusekot stellt offenbar keine Gesundheitsgefahr da“, wundert sich Foodwatch-Experte Johannes Heeg.
Ihle entschuldigte sich nun nach der Veröffentlichung des Berichts bei Kunden „für die Verunsicherung durch Fälle in der Vergangenheit“, „Der Beck“-Geschäftsleiter Siegfried Beck sprach laut Foodwatch von „bedauerlichen Einzelfällen“.
Der ebenfalls in dem Bericht erwähnte Großbäcker Hiestand, der in Gerolzhofen (Lkr. Schweinfurt) produziert, war dagegen nur 2015 einmal mit größeren Mängeln in Form von Schimmel an nicht genutzten Produktionsmaschinen aufgefallen.
„Wir setzen auf Transparenz“
Seit eineinhalb Jahren habe es aber bei Kontrollen keine Beanstandungen mehr gegeben, sagte ein Hiestand-Sprecher auf Nachfrage. Deshalb wolle man auch „nicht mit anderen, die offenbar katastrophale Zustände haben, in einen Topf geworfen werden“. Hiestand unterstütze zudem die Forderung nach Veröffentlichung der Prüfergebnisse: „Wir setzen sehr auf Transparenz.“
Die fordert nun auch Foodwatch ein: „In manchen Bäckereien würde es nicht so aussehen, wenn die Zustände öffentlich würden“, glaubt Rücker. Der eigentliche Skandal sei deshalb, dass die Politik in München wie Berlin das fortgesetzte Schweigen decke: „Die Politik hat weggesehen, als die Schaben in den Backstuben Schuhplattler tanzten.“
Nur mehr Transparenz könne das Problem lösen, glauben auch SPD und Grüne im Landtag. Sie verweisen auf Dänemark, wo eine leicht nachvollziehbare, öffentliche Kontrolle mit fröhlichen oder traurigen „Smileys“ die Zahl der Beanstandungen massiv gesenkt habe.
Bayern könne ein solches System auch im Alleingang einführen, glaubt Foodwatch-Mann Rücker. Eine Auffassung, die man im Münchner Verbraucherministerium nicht teilt: Mehrere Verwaltungsgerichte, auch in Bayern, hätten die 2012 vom Bund beschlossene Veröffentlichung der Kontrollergebnisse gestoppt, der Fall liege derzeit beim Bundesverfassungsgericht. So lange dort nichts entschieden sei, könne Bayern nicht veröffentlichen.
Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) hat stattdessen ein neues „Sonderkontrollprogramm für Großbäckereien“ gestartet. Ein sinnloses Unterfangen, glaubt man bei Foodwatch: „Mehr Kontrollen werden das Problem auch nicht lösen.“