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Niederwerrn
Keinen Platz in der Kurzzeitpflege für schwerstbehinderten Christian gefunden: Warum die Suche so schwierig war
Seit 37 Jahren pflegt ein Ehepaar den schwerstbehinderten Sohn. Für eine geplante Auszeit wurde der angemeldete Pflegeplatz kurzfristig abgesagt: mangels Pflegekräften.
Ihren schwerstbehinderten Sohn Christian pflegt die Niederwerrnerin Karin Lorenz gemeinsam mit ihrem Mann seit 37 Jahren.
Foto: Walter Lorenz | Ihren schwerstbehinderten Sohn Christian pflegt die Niederwerrnerin Karin Lorenz gemeinsam mit ihrem Mann seit 37 Jahren.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:08 Uhr

Der Hilferuf von Karin Lorenz geht ans Herz: Die 60-jährige Niederwerrnerin, die seit 37 Jahren ihren schwerstbehinderten Sohn pflegt, sucht dringend einen Kurzzeitpflegeplatz. Sie braucht mit ihrem Mann dringend eine Auszeit von der Pflege und will eine vor drei Jahren gewonnene Urlaubsreise am 21. November antreten. Alles war perfekt langfristig geplant, doch jetzt sagte ihr die Behinderteneinrichtung kurzfristig ab, wegen fehlender Pflegekräfte.

Update vom 14. November 2022: Die Geschichte hat inzwischen ein gutes Ende gefunden. Wie es mit Familie Lorenz weiterging, lesen Sie hier.

Die Eltern sind mit den Kräften am Ende und brauchen eine Auszeit

"Wir sind als Eltern am Limit", sagt die 60-Jährige. Wie bei anderen Angehörigen auch hatte Corona mit den Lockdowns und den monatelang geschlossenen Einrichtungen ihre Kraft vollends geraubt. Normalerweise ist ihr körperlich und geistig schwerstbehinderter Sohn Christian tagsüber, von sieben bis 16 Uhr, in der Förderstätte der Lebenshilfe in Sennfeld. "Wegen Corona war er zunächst fünf Monate und dann noch einmal sieben Monate nur daheim", erzählt Karin Lorenz.

Dass das pflegende Ehepaar angesichts der körperlichen und psychischen Belastung eine gemeinsame Auszeit braucht, um abzuschalten und neue Kraft zu tanken, ist vorstellbar. Die Freude über eine gemeinsame Erholung war daher groß. "Wir waren drei Jahre lang gar nicht weg, und vorher war mal ich eine Woche in Urlaub oder aber mein Mann".

Als 2019 Walter Lorenz eine zweiwöchige Reise gewann, konnte sie das Ehepaar nicht sofort antreten, weil so kurzfristig kein Kurzzeitpflegeplatz für den Sohn zu bekommen war. Die Reise wurde auf 2020 verschoben, fiel aber wegen Corona aus. Auch 2021 wurde abgesagt.

Mutter hat 35 Einrichtungen angefragt

Um die Karibik-Kreuzfahrt vom 21. November bis 6. Dezember antreten zu können, meldete das Ehepaar Lorenz rechtzeitig im Januar den Sohn für einen Kurzzeitpflegeplatz in der Behinderteneinrichtung am Würzburger Heuchelhof an, dem Förderzentrum für körperliche und motorische Entwicklung. Von dort kam nun vergangene Woche die Nachricht, dass das mangels Pflegekräften nicht möglich sei. "Wir haben einfach keine Leute", hat Karin Lorenz von den Verantwortlichen dort erfahren.

Sofort suchte Karin Lorenz nach Alternativen, bislang ohne Erfolg. "35 Einrichtungen habe ich schon angefragt", sagt sie. Wobei sowieso nur solche Heime für geistig und körperlich Schwerstbehinderte in Frage kämen. Denn ihr blinder Sohn Christian sitzt im Rollstuhl, hat eine versteifte Wirbelsäule und keine rechte Hüfte mehr, und er leidet an Epilepsie mit wiederkehrenden Anfällen.

Unter anderem in der Behinderteneinrichtung in Maria Bildhausen wurde Karin Lorenz vorstellig. "Die haben aber auch Notstand", hat sie erfahren. Von einer Pflegeeinrichtung in Bad Kissingen, die sie auf ihre Eignung noch anschauen will, bekam sie telefonisch gleich zu hören: "Machen Sie sich keine großen Hoffnungen". Auch in Mittelfranken, im Wohnheim für Menschen mit Behinderung in Neuendettelsau, fragte sie nach einem Kurzzeitpflegeplatz. "Man muss überall bitten und betteln."

Wie schwierig es ist, nicht nur für eine geplante Auszeit, sondern gerade auch bei einem akuten Notfall einen Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen, weiß die Niederwerrnerin auch. "Man kann sich als Eltern gar nicht erlauben, einen Ausfall zu haben."

Verfügbare Plätze sind mittlerweile zum Geschäft geworden

Die angespannte Situation in der Kurzzeitpflege bestätigt der Pflegestützpunkt Schweinfurt. Verfügbare Plätze sind mittlerweile ein Tagesgeschäft geworden, eine Übersicht, wo etwas frei ist, gibt es nicht. Bei Bedarf erhält der pflegende Angehörige eine Liste über die Heime und deren Angebote und muss sich selbst an diese wenden.

Früher sei ein Kurzzeitpflegeplatz planbar gewesen, sagt Leiterin Petra Licha-Hofmann. Durch Corona sei aber die Regelmäßigkeit der Planung durcheinandergeraten. Die Heime könnten nicht so viele Plätze nur dafür leer stehen lassen, schließlich müssten sie kostendeckend arbeiten. In manchen Landkreisen gibt es auch sogenannte Pflegeplatzbörsen. Allerdings sind diese nur so hilfreich, wie sie auch von den Heimen bedient werden.

Für Karin Lorenz schwindet die Hoffnung auf die gemeinsame Auszeit. "Wir haben uns so sehr auf diese Reise gefreut, weil wir schon seit mindestens 20 Jahren keinen gemeinsamen Urlaub mehr hatten." Die aufwändige Pflege, die sie seit 37 Jahren zu Hause leisten, ließ dies nicht zu. "Wahrscheinlich wird jetzt mein Mann alleine fahren."

 
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  • W. W.
    Jetzt rächt sich auch die Abschaffung der Wehrpflicht. Viele Dienste in den Krankenhäusern, Altenheimen, Fahrdiensten etc. wurden von den ZIVIs übernommen und das Fachpersonal entlastet, auch die Kassen der genannten Dienste! Jetzt muss das Fachpersonal Essen verteilen, Betten schieben etc. dazu ihren Dienst gewissenhaft versehen, bis zum Burnout!
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  • W. H.
    Der Personalmangel ist gigantisch. Die Direktorin der Behinderteneinrichtung am Würzburger Heuchelhof (~700 Mitarbeiter) hilft derzeit selbst in den Gruppen aus!!!
    Wir müssen mehr Arbeitslose, Einwanderer und Flüchtlinge in eine Beschäftigung bringen. Auch in der Gastronomie und anderen Einrichtungen fehlt das Personal. Das geplante Bürgergeld ist der falsche Weg. Stellen ordentlich bezahlen und Menschen in den Beruf bringen wäre wichtig!
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  • G. H.
    Kein Bürger Geld!

    Wer nicht Stunden arbeitet, sich in verschiedenen Bereichen einbringt...hat KEIN Recht sich in der sozialen Hängematte in unserem Land auszuruhen! Es ist in so vielen Bereichen Bedarf!

    Ist schon sehr lange meine Rede!
    Ich habe 40 Jahre im sozialen Bereich gearbeitet, zum Teil auch fast immer in Klienten- und personalveranrwortlichen Positionen!
    Ich weiß von was ich rede..
    Und die Zivis waren fast immer eine Entlastung, nach vorangegangenen guter Einarbeitung!
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  • K. E.
    Wollen Sie arbeitslose Maurer einen schwerstbehinderten pflegen lassen? Leider wird es bald so sein, dass der Heizungsmonteur die Beatmungsmaschine auf der Intensivstation bedient. Unser Gesundheitssystem ist im A.... und zeigt deutlich seine Schwäschen die jahrzehnte lang kaschiert wurden.
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  • k. b.
    Guten Tag, als Elternverein versuchen wir nach Kräften Angehörigen in Ihren Belastungssituationen zu helfen. Unser Kurzzeitinternat ist primär für Kinder und Jugendliche geschaffen und wir entlasten mit auch derzeit noch 600 Aufnahmen im Jahr viele Familien. Wir müssen hier leider manchmal auch priorisieren. Oft wird eine Betreuung notwendig, weil derzeit noch kein Heimplatz zur Verfügung steht und die Familie gar nicht betreuen kann, oder wenn z.B. Krankheit eine Kurzzeitpflege unumgänglich machen. Mit der Familie waren und sind wir im Gespräch. Wir können aufgrund der zunehmenden dringenden Bedarfe leider nicht immer helfen. Ich hoffe auf eine Stärkung der Einrichtungen, um mehr Angehörige zu entlasten und eine Verbesserung der schwierigen Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden. Dafür setzen wir uns politisch ein.
    K. Baumgärtner, Verein für Menschen mit Körp. und Mehrfachbehinderung
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Habe selbst Jahrzehnte in einer Behinderteneinrichtung gearbeitet und weiß, was Eltern von Schwerstbehinderten täglich leisten; verdient Achtung und Respekt. Die Lebenshilfe Schweinfurt hat ein großes Wohnpflegeheim, warum bietet sie der verzweifelten Mutter keine Hilfe an? Zur Politik erübrigt sich jegliches Wort angesichts der neuen Pläne von Karl, für sie hat der Mensch offensichtlich jeden Wert verloren. Wünsche Familie Lorenz viel Glück, dass die Reise möglich wird.
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  • S. O.
    Für den im Artikel beschriebenen Fall hoffe ich, dass es doch noch eine Lösung gibt. Pflegeplätze werden ja meist kurzfristig frei und evtl. hilft die Berichterstattung weiter.

    Vlt. gibt es für Pflegebedürftige irgendwann ja ein "Recht auf Betreuung" analog zum Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung?!
    2/2
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  • S. O.
    Der Personalmangel in der Pflege hat sich über Jahre hinweg aufgebaut, wurde aber leider viel zu lange vor allem von der Politik ignoriert. Auch heute wird er nicht so ernst genommen wie wir als Gesellschaft es bräuchten.

    Der immer älter werdenden Bevölkerung stehen immer weniger Pflegende gegenüber, seien es professionell Pflegende oder Angehörige, die bereit sind diese für sie oft 24/7-Beschäftigung zu übernehmen.

    Wir als Gesellschaft sind aber neben verfehlter Politik mit das Problem. Jeglicher medizinischer Fortschritt soll mitgenommen werden, selbst wenn die Betroffenen sehr alt und multimorbide sind. Berufsbedingt habe ich erleben müssen, dass hochdemente Patienten Herzschrittmacher und ähnliches erhalten, da ihre Angehörigen, die oft weder eine rechtliche Betreuung noch eine Vorsorgevollmacht haben, das so für sie entscheiden.
    1/2
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  • W. W.
    Wie oft habe ich z. B. am Landratsamt angefragt, warum sich keine zentrale Meldestelle für Pflegeplätze einrichten lässt! Es ist für Angehörige dermaßen belastend, eine Liste von über 20 Heimen, die man großzügig erhält, anzurufen ob ein Platz - sei es Kurzzeitpflege oder für immer - abzuarbeiten, sprich anzurufen. Es ist psychisch kaum zu ertragen, jedes mal zu hören nein, wir sind voll. In der nächsten Zeit nichts! Bei einer zentralen Meldestelle hätte man die Belastung nur einmal, um zu wissen wo man dran ist!
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  • B. J.
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  • M. S.
    @Albatros: Zum Teil kann ich ihnen zustimmen aber ich finde es höchst verwerflich eine Gruppe gegen eine andere auszuspielen!
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  • B. M.
    @ein Franke
    Dieses Todschlagargument kann ich nicht mehr hören!
    Familie Lorenz bestreitet trotz der aufopferungsvollen Pflege ihres Sohnes ihren Lebensunterhalt durch tägl. harte Arbeit.
    Ja, sie nehmen sich die Zeit zum Arbeiten.
    Statt diese übermenschliche Leistung zu würdigen und es als Beispiel mal den vielen Leistungsempfängern vor die Nase zu halten kommt immer dieses Märchen vom Ausspielen der Gruppen.
    Solange Deutschland nicht in der Lage ist,solchen vorbildlichen Eltern mal eine 3 wöchige Auszeit zu ermöglichen, stimmt etwas in Deutschland nicht mehr!
    So jetzt könnt ihr meinen Kommentar wieder sperren!!
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  • R. A.
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  • B. J.
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  • R. B.
    Wir sind Weltmeister darin wenn es darum geht, andere Länder zu kritisieren, weil uns deren Standard nicht gefällt. Dabei sollten wir mal mit einem sehr breiten Besen vor der eigenen Türe kehren, da ist genug aufzuräumen. Was wurden die Pflegekräfte und Krankenschwestern in der harten Corona-Zeit hofiert und mit großen Gehaltsversprechungen versehen, daraus geworden ist nichts, reine Lippenbekenntnisse der Politik. Unser Gesundheitssystem ist kurz vor dem Kollaps, aber wir kümmern uns lieber um Gott und die Welt, als um die eigenen Bürger. Keiner von uns kann nur ansatzweise erahnen, was Familie Lorenz die letzten Jahrzehnte durchgemacht hat, heute reicht es nicht einmal für einen Urlaub, weil die Pflegekräfte abhanden gekommen sind. Ein Großteil der Steuereinnahmen in Deutschland fließt in den Ukraine-Krieg und damit verbundene Subventionen und Fonds, wir merken gar nicht, wie wir uns selbst das Wasser abgraben.
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  • H. S.
    Jedes Land stellt Forderungen an Deutschland und unsere Politiker zahlen, bzw. Tragen das Geld ins Ausland.
    Diese Politiker sollten sich mal die Frage stellen, wer sie eigentlich gewählt hat, bzw. Was ihre eigentlichen Aufgaben sind.
    Sie sollten doch für das deutsche Volk da sein und Schaden von diesem abhalten.
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  • R. A.
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  • D. K.
    Die Sicherheit Deutschlands wurde nie am Hindukusch verteidigt.

    Es gibt aber Situationen in denen es einfach auch notwendig ist andere Länder zu unterstützen um Schaden vom deutschen Volk abzuhalten.

    Der Kollaps unseres Gesundheitssystems war eine Katastrophe mit Ansage, die lange vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine begann.
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  • R. A.
    Ach was.
    Die Familie wird benachteiligt und das mit Vorsatz.
    Schauen wir mal…
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  • D. K.
    @ ticktricktrack
    Ich habe nie die berechtigten Forderungen dieser Familie in Frage gestellt.

    Ich kritisiere unser Gesundheitssystem, das seit langem Probleme hat die allgemein bekannt sind.
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