„Die Milch, die die Landwirte in Stadt und Landkreis Schweinfurt produzieren, würde gerade noch für den Kaffee der Landkreisbewohner reichen.“ Herbert Lang, Behördenleiter beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und damit auch der Landwirtschaftsschule, bringt auf den Punkt, wie es um die Landwirtschaft in Stadt und Land bestellt ist – sie ist rückläufig. Dabei gibt es sogar auch in der Stadt (meist im Stadtteil Oberndorf) noch Bauern – acht Betriebe bewirtschaften rund 450 Hektar. Einen Betrieb mit Schweinehaltung in Schweinfurt gibt es nicht mehr. Um das „Wappentier“ lebendig zu erleben, muss der Schweinfurter die Wildschweine im Wildpark an den Eichen besuchen.
Weizen auf einem Drittel der Anbaufläche
Im Landkreis sind es rund 1120 landwirtschaftliche Betriebe, die rund 47 000 Hektar bewirtschaften – 60 Prozent davon werden im Nebenerwerb geführt. Weizen, Gerste, aber auch Dinkel, Mais und Raps sind die Favoriten. Der Winterweizen mit knapp 16 000 Hektar stellt den Löwenanteil. 130 Betriebe davon haben noch Milchvieh, womit wir wieder bei der Kaffeemilch wären. Doch das hat Tradition in der Region, denn nur rund drei Prozent aller bayerischen Milchkühe werden in Unterfranken gemolken.
Von Landwirtschaft und Weinbau geprägt
Zahlen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch ganz anders waren. Da war Schweinfurt mit seinen gerade mal 7000 Einwohnern ein durch und durch von der Landwirtschaft und vom Weinbau geprägter Ort. 1802, so ist verbrieft, gab es 80 Winzer und 76 Häcker im Ort. Winzer und Landwirte lebten nicht schlecht im Vergleich zum Beispiel mit ihren Kollegen in der Rhön oder den Haßbergen. Das Schweinfurter Becken, fruchtbares Ackerland mit traditionell guten Erträgen, half sogar die schlimmen Hungerjahre 1816/17 einigermaßen zu überstehen. Später Frost, ein äußerst nasser Sommer und Überschwemmungen hatten dafür gesorgt, dass Scheuer und Keller und damit bei vielen Menschen auch der Brotkorb leer blieb. Fleisch war damals ohnehin eine seltene Delikatesse. Nur bei den reicheren Bauern kam es ein- oder zweimal in der Woche auf den Tisch, die unteren Schichten ernährten sich weitgehend fleischlos. Die Tiere wurden als Milchproduzenten oder als Zugvieh gebraucht.
Klimawandel bringt neue Herausforderungen für das Bodenmanagement
Extremes Wetter, sprich der Klimawandel, stellt auch heute die Landwirte vor enorme Herausforderungen. Herbert Lang nennt den Starkregen, der den Boden ausschwemmt, die Erosion tut ihr übriges. Dazwischen lange Phasen der Trockenheit. Da heißt es Nachdenken über Zwischenfruchtanbau, angepasste Fruchtfolgen, über Flurbereinigungen mit Öko-Konzept und über grüne Schutzstreifen. Nicht nur zwischen den Feldern, sondern auch vor allem entlang von Gewässern, um die Erosion einzudämmen und zu verhindern, dass nach einem Starkregen die wertvolle Humusschicht einfach ins Wasser gespült wird.
Angepasst werden auch die Düngemethoden. „Wir müssen den Pflanzen heutzutage sozusagen ins Maul düngen“, sagt Herbert Lang. Gemeint ist damit ein schrittweiser Abschied von der flächendeckenden Düngung aus dem Tabellenbuch. Die Pflanze bekommt genau, was sie gerade braucht.
Die Landwirtschaft – ein „Spiegelbild der Gesellschaft“, so Lang. Erst hat man alles zusammengelegt zu möglichst großen Anbauflächen, jetzt muss man sehen, wie man angesichts geänderter klimatischer Vorzeichen Ökonomie und Ökologie unter einen Hut bekommt.
Ackerland wird knapp und immer teurer
Dazu kommt, dass Ackerland nur begrenzt zur Verfügung steht. „Die Bodenpreise haben sich in den letzten 15 bis 20 Jahren verdoppelt“, weiß Herbert Lang. Gleiches gilt für die Pachtpreise. Ackerland ist nicht nur begehrt als Anbaufläche, sondern fällt viel zu häufig auch Neubau- oder Industriegebieten unwiederbringlich zum Opfer. Der Flächenfraß geht weiter, wenn man sich den Straßen- und Brückenbau betrachtet.
Es fehlt die Wertschätzung für die Lebensmittel
Insgesamt keine gute Entwicklung, denn gleichzeitig gehe auch die Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte in der Bevölkerung zurück. „Welches Kind denkt denn heute noch daran, dass das Schnitzel auf seinem Teller einmal vier Beine gehabt hat“, bringt Herbert Lang auf den Punkt, woran es in Zeiten der „Geiz ist Geil-Mentalität“ mangelt: einer echten Beziehung zu den Lebensmitteln und einem Bewusstsein für die Wertigkeit der Ernährung.
Ein Wertigkeits-Defizit, das auch daher kommt, dass die meisten industriell gefertigten Lebensmittel einfach zu billig sind. Immer mehr Betriebe müssen wegen schlechter Erzeugerpreise die Segel streichen – das Höfesterben – auch im Landkreis Schweinfurt – geht weiter. Zwar hat ein Umdenken eingesetzt, immer mehr Menschen wenden sich traditionell erzeugten Lebensmitteln zu und im Landkreis werden inzwischen zwölf Prozent der Fläche Bio-bewirtschaftet, aber eine Trendwende ist das noch nicht.
1850 hat eine Familie gut 60 Prozent ihrer knappen Einkünfte für Nahrungsmittel ausgegeben, hundert Jahre später waren es noch 44 Prozent. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ging dieser Wert inflationär nach unten. 2015 waren es gerade noch einmal 14 Prozent des Einkommens, die für die Dinge, die in Topf und Teller landen, aufgewendet wurden. Klar, dass mit der schwindenden Bedeutung für den Geldbeutel das Thema Lebensmittel auch aus den Köpfen verschwindet – und auch das ist alles andere als eine gute Entwicklung.
22 Steinfiguren: Die Serie
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts standen Kriegerfiguren auf den Rathausgiebeln. Es folgten 100 Jahre ohne Figurenschmuck, ehe nach dem Dachstuhlbrand im April 1959 die Schweinfurter Bürger spendeten. 80 000 Mark kamen zusammen, mit welchen zehn Bildhauer aus Unterfranken für 22 neue Giebelfiguren aus Sandstein bezahlt wurden. Die Putten und Statuen verkörpern Tugenden, die Elemente und Berufe.
Zu jedem Symbol erzählt im Rahmen unserer Sommerserie ein Mitglied der Redaktion eine Geschichte. In diesem Teil geht es um die Landwirtschaft.