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Werneck
Kein Eislauf auf dem Wurmsee: Das Wasser ist abgelassen
In Werneck wurden Fakten geschaffen. 2G-plus ist auf dem angestauten See nicht kontrollierbar, weshalb aus dem See nun wieder eine Wiese wurde. Das Landratsamt ist daran nicht unschuldig.
Erfahrene Feuerwehrleute: Otmar Hart und Sohn Frederik übernahmen das 'Stöpsel ziehen'.
Foto: Uwe Eichler | Erfahrene Feuerwehrleute: Otmar Hart und Sohn Frederik übernahmen das "Stöpsel ziehen".
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 02.02.2022 02:19 Uhr

Es herrscht Schicht im Schacht, der unscheinbar am Seedamm eingelassen ist. Floriansjünger Frederik Hart klettert nach unten, wo das brackige Wasser kniehoch steht. Es stammt aus dem Überlauf des Wurmsees. Von hier aus führt das Ablaufrohr unterirdisch weiter in Richtung Wern.

Wie ein Stöpsel sitzt ein boxsackähnliches, schwarzes Luftkissen unter der Wasserlinie und staut das Wasser zum See auf. Und wenn die "sehr nasse" Wiese zufriert, dient sie als Eislauffläche für die Bevölkerung. Doch an diesem Dienstag wird der Stöpsel gezogen, weil die Corona-Auflagen nicht einzuhalten sind. Aus Sicht des Landratsamts sind beim Wurmsee die Kriterien einer Freizeitanlage gegeben, womit "2G-plus" als Auflage gilt. Nur Geimpfte, Genesene und zugleich Getestete dürften hier auf Schlittschuhen ihre Kreise ziehen. Zu kontrollieren ist die Regelung auf dem weitläufigen Gelände nicht, also hat die Gemeinde das Ablassen empfohlen.

Spezialwerkzeug und vereinte Kräfte

Das mit dem Stöpselziehen ist gar nicht mal so einfach. Schon um den schweren Schachtdeckel zu öffnen, braucht es Spezialwerkzeug und vereinte Kräfte. Der Plan war eigentlich, eine Leine am Luftkissenventil zu befestigen, und von außen dran zu ziehen. Aber irgendwie ist alles sehr unhandlich da unten. Also soll Feuerwehrmann Frederik Hart das Ventil direkt im Schacht öffnen.

"Du musst dann halt schnell aussteigen", sagt Vater Otmar Hart, der seit vielen Jahren die Technik am Dammweg betreut und ebenfalls viel Feuerwehrerfahrung mitbringt. Es ist eine alte Tradition: Zur Kirchweihzeit im September wird die Wurmwiese hinter der Brauerei aufgestaut, wie vermutlich schon seit über 150 Jahren, und im Frühjahr wieder abgelassen, durch ein Rohr unter einem ehemaligen Blaukrautgarten.

Ein emotionales Thema das die Bürger beschäftigt

Dass der See vorzeitig abgelassen werden muss, der eng mit der Brauerei und ihrer Geschichte verbunden ist, das scheint für viele Wernecker ein emotionales Thema zu sein. Auch für Otmar Hart: "Es ist schon schade, er friert ja nur ein paar Tage zu." Hart deutet auf den Hügel, wo die Quellen entspringen, die im Sommer einen Graben bewässern, der hier alljährlich gesperrt wird: Ursprünglich mit einer Stahlplatte, seit mehr als zehn Jahren mit dem Dichtkissen der Feuerwehr, das mit Pressluft befüllt wird. Hart hütet den See schon Jahrzehnte lang, früher zusammen mit Klaus Kullick. Auch das Mähen der Wiese durch einen Landwirt gehört zur Wurmseetradition dazu. Fische habe es im Flachwasser keine, sagt Hart, "höchstens mal Kaulquappen."

Vom Eishockey bis zum Schlittenfahren: Schon in den 1930er-Jahren war der Wurmsee ein Besuchermagnet.
Foto: Archiv Paul Wegner | Vom Eishockey bis zum Schlittenfahren: Schon in den 1930er-Jahren war der Wurmsee ein Besuchermagnet.

Es gab Jahre, da musste Wasser auf die Wiese gepumpt werden, einmal hat ihn ein Scherzbold vorzeitig leerlaufen lassen. Auch Bissspuren ("von einem Biber oder einer Ratte") sind schon am Kissen gefunden worden. Im letzten Winter wurde der See von den Langs freiwillig nicht befüllt, mit Blick auf die Pandemielage 2020.

Gemeinde empfahl das Ablassen des Wassers

Aufgrund einer Nachfrage der Familie für diese Saison habe man das Thema zur Klärung ans Landratsamt weitergeben, sagt Angelika Jansen von der Hauptverwaltung der Gemeinde. Nach dem Bescheid mit "2G-plus" wurde das Ablassen empfohlen: "Es war etwas unglücklich, weil im Herbst noch alle geglaubt haben, dass der See wieder genutzt werden kann." Man sei sehr traurig und verstehe nach wie vor die "absurde Regelung" nicht, heißt es bei den Langs.

Ein Bild aus besseren (und frostigeren) Tagen: Das Schlittschuhlaufen auf dem See hat eine lange Tradition.
Foto: Archiv Paul Wegner | Ein Bild aus besseren (und frostigeren) Tagen: Das Schlittschuhlaufen auf dem See hat eine lange Tradition.

Früher wurde auf dem Gewässer das Eis für die Brauerei gewonnen, das sich auch die Wernecker Bauern in ihre Keller holten. Alte Fotos von Sammler und Hobbyhistoriker Paul Wegner zeigen regelrechte Eisflöße, die zu einem Aufzug an der Brauerei gebracht worden sind, wo die Fracht mit dem Förderband hinauf transportiert wurde, noch in den 1950er-Jahren.

Erst 2020 hat die Wernecker Brauerei dichtgemacht, die Coronakrise hatte dem 400 Jahre alten Familienbetrieb den Zapfhahn zugedreht. 1617 hat die Firmentradition begonnen, später übernahm Familie Wurm, zuletzt war Nachfahre Hans Jörg Lang Herr der Braukessel.

Nun wird das Ventil geöffnet und Luft abgelassen, das Kissen treibt nach oben und wird herausgefischt. Ein kleiner Strudel beginnt sich vor dem Abfluss zu drehen. Das wars: "Morgen Mittag ist der See leer", sagt Otmar Hart. Zwei Graugänse steigen auf und fliegen majestätisch davon. Ob sie im nächsten Winter zurückkehren können, steht noch in den Sternen.

 
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Kommentare
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  • Schmetterling
    Mit fällt dazu nichts mehr ein.
    Müssen wir jetzt heimlich einen abgelegenen Schneehügel zum Schlittenfahren suchen ?
    Tierpark zu, Eisbahn draußen zu etc. Kinder können ja dann gar nichts mehr allein machen. Tut mir leid, ich denke die Depressionen im Kindesalter werden steigen und wir Erwachsenen sind daran Schuld!
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  • Funkenstern
    Ohne Worte. Egal ob Eisgelaufen werden kann, wieder wird ein gewohnte Traditionsgeschichte von der Deutschen Michelsgründlichkeit in den Abgrund geschossen.
    Eine druckreife Vokabel finde dafür gerade nicht.
    Auf ein neues nächstes Jahr. Mal sehen, was sie sich dann einfallen lassen, um dem Bürger und Steuerzahler das Freizeitvergnügen zu vermiesen.
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  • Lebenhan1965
    Ob das Wasser

    diesen Winter noch eine Eisfläche geboten hätte ist sowieso sehr unwahrscheinlich.
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  • happy01
    mit Sicherheit nicht. Aber darum geht es auch nicht.
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  • Lebenhan1965
    Doch schon @ happy

    Sie und Ihre quarkdenkenden Quertreiber konstruieren ein Sinnbild für unnötige Einschränkungen, das nicht wirklich existiert, da der Winter bislang eben ausfällt.

    Die Natur regelt es in diesem Fall klüger als der verbohrte Mensch es kann. Das ist auch gut so.
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