Der Klimawandel dürfte den Anbau vieler landwirtschaftlicher Produkte in der Region zwischen Main und Steigerwald deutlich erschweren. Der künstlichen Bewässerung der Äcker wird in dem bereits heute trockenen Landstrich, der klimatisch einer Steppe ähnelt, eine Schlüsselrolle zukommen. Doch woher soll das dafür benötigte Wasser kommen? Welche Flächen können und dürfen bewässert werden? Und wie ist das technisch umsetzbar?
Diese und weitere Fragen soll ein bis Ende 2022 zu erstellendes Bewässerungs- und Wassernutzungskonzept klären. Daran beteiligen sich neun Städte und Gemeinden aus den Landkreisen Schweinfurt und Würzburg, die der ehemaligen Interkommunalen Allianz Main-Steigerwald angehören. Mia Hering vom Büro Röschert Ingenieure (Würzburg) stellte den Bürgermeistern vor kurzem in Michelau die bisher erarbeiteten Grundlagen vor.
Welche Flächen kommen für eine Bewässerung in Betracht?
Grundsätzlich umfasst das Bewässerungskonzept alle Flächen mit landwirtschaftlichen Sonderkulturen, die als bewässerungswürdig eingestuft sind. Als solche gelten unter anderem Kartoffeln, Gemüse, Spargel, Erdbeeren, Kern- und Steinobst, Weintrauben und Zierpflanzen. Der Anbau von Mais und Rüben beispielsweise fällt nicht darunter. Im Rahmen des Projekts soll jedoch nochmals geprüft werden, ob nicht auch solche Feldfrüchte bewässert werden könnten. Dasselbe gilt für Freizeitflächen, etwa Sportplätze.
Um welche Flächengrößen geht es in dem untersuchten Bereich?
Um die unterschiedlichen Boden- und Wasserverhältnisse zwischen Main und Steigerwald bei den Berechnungen möglichst realistisch abzubilden, wurden drei Bereiche gebildet. Zu den mainnahen Gemeinden mit dem geringsten Niederschlag von durchschnittlich unter 550 Litern pro Quadratmeter und Jahr zählen Eisenheim, Wipfeld und Kolitzheim mit insgesamt 662 Hektar erfasster Fläche.
In den Zwischenbereich mit einem Jahresniederschlag zwischen 550 und 650 Litern fallen Sulzheim, Gerolzhofen, Frankenwinheim und Lülsfeld mit 165 Hektar. Das Steigerwaldvorland bilden Michelau und Dingolshausen mit 76 Hektar, wo etwa 650 Liter Wasser pro Jahr vom Himmel fallen. Zusammengerechnet sind das gut 900 Hektar, die als bewässerungswürdig eingestuft sind. Die Fläche soll in den kommenden Monaten noch erweitert werden.
Woher stammt das Wasser für die Bewässerung? Und wie viel davon wird benötigt?
Die Zahlen vorab, denn die sind immens: Um bis zum Jahr 2050 eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten, werden den Berechnungen und Prognosen zufolge im Projektgebiet während der Vegetationsperiode insgesamt 590 000 Kubikmeter Wasser benötigt. Dies gilt für ein Jahr mit angenommenen durchschnittlichen Niederschlagsmengen. In einem mittleren Trockenjahr wächst der Wasserbedarf auf 740 000 Kubikmeter.
Für die Herkunft des Wassers gilt eine Priorisierung. Zuvorderst soll Oberflächenabfluss, also Niederschlagswasser gesammelt werden. Als zweibeste Quelle werden oberirdische Gewässer angesehen, wo in Zeiten hoher Abflüsse Wasser abgezapft und für eine spätere Nutzung gespeichert werden kann. An dritter Stelle steht die Nutzung von Uferfiltrat, also oberflächennahes Wasser aus der Nähe von Gewässern, etwa dem Main, das in Zeiten hoher Abflüsse gewonnen wird.
Wo liegen die Grenzen? Welche Tabus gelten?
Die Entnahme von Grundwasser zur Bewässerung ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Nur falls alle beschriebenen Methoden zum Sammeln und Speichern von Wasser keine sinnvolle oder gewässerverträgliche Lösung ergeben, dann könnten möglicherweise die obersten Grundwasserstockwerke angezapft werden. Tiefengrundwasser ist hierfür als sich dramatisch verknappende Ressource zu wertvoll. Deshalb werden laut Leonhard Rosentritt, dem Leiter der Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen, auch bisher eingeräumte Nutzungsrechte für Grundwasserbrunnen zur Bewässerung von Feldern in Zukunft größtenteils wegfallen.
Wo und wie soll das Wasser gespeichert werden?
Diese Frage ist noch ungeklärt. Idealerweise werden für Wasserspeicher solche Standorte gefunden, von wo aus sich möglichst große Teilflächen zentral versorgen lassen. Dies würde die Zahl der zu bauenden Speicher reduzieren. Zu klären ist, wo vielleicht Speicher in der Größe von Tanks ausreichen, und wo oberirdische Speicherbecken notwendig sind. Fest steht: Große Stauseen, wie der Ellertshäuser See, sind zur Flächenbewässerung kein zeitgemäßes Mittel der Wahl.
Warum beteiligen sich nicht alle Gemeinden der Allianz Main-Steigerwald an dem Projekt?
Die Gemeinde Schwanfeld ist nicht involviert, weil dort die bewässerungswürdigen Sonderkulturen fehlen. In Donnersdorf hat der Gemeinderat eine Beteiligung abgelehnt. Der Markt Oberschwarzach hat bereits ein eigenes laufendes Verfahren zur Bewässerung der Weinberge auf seiner Gemarkung. Und auch im Süden der Eisenheimer Gemarkung gibt es Weinbergsflächen (48 Hektar) an der Grenze zu Escherndorf, für die ein eigenes Bewässerungsprojekt ausgearbeitet wird.
Wer trägt die Kosten?
Der Freistaat Bayern bezahlt die Erstellung von nachhaltigen und umweltgerechten Bewässerungskonzepten zu 75 Prozent. Die restlichen Kosten für das Konzept, das die Gemeinde Dingolshausen stellvertretend für die Allianz Main-Steigerwald beauftragt hat, übernehmen die beteiligten Gemeinden. Die Umsetzung des Projekts sowie die laufenden Kosten für die Bewässerung haben laut dem Leiter des Wasserwirtschaftsamtes nicht die Kommunen zu zahlen, sondern die Nutznießer der Maßnahmen: die Landwirte.
Wie geht's weiter?
Das beauftragte Büro sammelt in den kommenden Wochen weitere Grundlagendaten zu den zu bewässernden Flächen und wertet diese aus. Zudem werden die Gewässer, die für eine Wasserentnahme zur Verfügung stehen, jetzt während des Winters beobachtet und für Abflussmodelle analysiert. Mögliche Standorte für Speicher müssen erkundet und die Qualität von Böden untersucht werden.
Auf Anregung von Allianzmanagerin Carina Hein soll es Besprechungen mit den Landwirten aus den drei Teilbereichen des Projektgebiets geben. Spätestens bis zum Ende des ersten Quartals 2022 soll ein Zwischenbericht vorliegen. Detailfragen, etwa zur Verlegung von Leitungen zu den Anbauflächen und zur Art der Bewässerung, sind ebenfalls noch zu klären, damit bis Ende kommendes Jahres das fertige Konzept vorliegt.