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SCHWEINFURT
Jenseits des Polarkreises
„Das Haus des Malers“ im Vordergrund ist die einzige dreidimensionale Arbeit in der Ausstellung „Eisfreund“ von Gerhard Rießbeck. Das Haus, das Geborgenheit und Wärme jenseits des Polarkreises gibt, ist ein zentrales Motiv des Malers.
Foto: Martina Müller | „Das Haus des Malers“ im Vordergrund ist die einzige dreidimensionale Arbeit in der Ausstellung „Eisfreund“ von Gerhard Rießbeck.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:32 Uhr

Den „Bilderträger“ hat Gerhard Rießbeck vor knapp zwei Wochen erstmals komplett gesehen. Die Gemäldeinstallation mit sechs unterschiedlich großen Leinwänden ist acht Meter hoch und fünf Meter breit und konnte in seinem Atelier in Bad Windsheim nicht zusammengefügt werden. Das war nur am Computer möglich, und umso begeisterter war der Maler, als er es an der östlichen Wand der Großen Halle in der Kunsthalle aufstellte. Dort ist die Installation zentraler Teil seiner neuen Ausstellung „Eisfreund“, die am Donnerstag eröffnet wurde und bis 24. Februar gezeigt wird.

Diese lange, hohe Wand wird für Rießbeck zum Schneefeld, durch das sich ein auf Stöcke gestützter Mann mit hageren Zügen kraftvoll kämpft. Auf dem Rücken trägt er einige Bilder, mehr also als das, was man in der unwirtlichen Landschaft zum Überleben braucht. Man kann in ihr getrost den Maler selbst vermuten, der auf das kleinste Bild der Ausstellung zuschreitet. Es hat den Titel „Schnee“, zeigt weiße Kreise auf blauem Grund, als habe man ein Schneegestöber mit langer Belichtungszeit fotografiert. Schnee und Eis, die karge Landschaften faszinieren den Maler.

Mit Forschern jenseits des Polarkreises

2001 und 2005 hat Rießbeck Forschungsreisen des Alfred-Wegner-Instituts für Polar- und Meeresforschung in die Arktis beziehungsweise in die Antarktis begleitet.

Jenseits des Polarkreises war es fast immer neblig. Alles war grau in grau, aus dem Nebel tauchten schemenhaft Eisberge auf und dabei hat der heute 54-Jährige das breite Spektrum der Farbe Grau für sich entdeckt. Sehr schön kommt das im großformatigen Bild „Der große Eisberg“ zum Ausdruck. Es ist dunkel. Von einer unbekannten Lichtquelle angestrahlt, erhebt sich ein Eisberg vor dem Betrachter gespenstisch, surreal.

Eisberg kommt in die Dauerausstellung

Die Kunsthalle hat das Bild vor zwei Jahren gekauft, aber noch nie gezeigt. Bei der Neuhängung im nächsten Jahr zum zehnjährigen Bestehen des Hauses wird es einen zentralen Platz in der Dauerausstellung bekommen, erklärte Kunsthallen-Leiterin Andrea Brandl. Mit der von Daniela Kühnel kuratierten Ausstellung gehe ein lang gepflegter Wunsch in Erfüllung. Bereits 2004 waren Arbeiten Rießbecks in der Sparkassengalerie zu sehen. 2012 war er an der Triennale beteiligt.

„Eisfreund“ ohne Gesicht

Rießbeck belässt es nicht mit der Landschaft allein. Er zeigt auch Menschen. Die Wissenschaftler, mit denen er unterwegs war. Eine dieser Figuren gibt der Ausstellung den Titel „Eisfreund“. Sie hält einen Eisklumpen in der Hand, von dem ein grelles Licht ausgeht, das das Gesicht des Forschers überstrahlt unkenntlich macht. Rießbeck geht es nämlich nicht, um das reale Abbild. Stets bleibt etwas Geheimnisvolles, Rätselhaftes.

Auf seinen Reisen, die ihn immer wieder ins Eismeer, nach Island, Grönland oder Spitzbergen führen, sammelt er Eindrücke, hält sie in Skizzenbüchern oder auf kleinen Holztafeln fest, um sie später im Atelier als Ausgangspunkt seiner Malerei zu machen. Dabei geht es ihm um die Tiefe des Raumes, um Stimmungen.

Das Haus ist ein zentrales Motiv

Ein zentrales Motiv in der Malerei des ehemaligen Meisterschülers von Werner Knaupp ist das Haus. Es bringt Farbe in die kahle Landschaft, gibt dem Menschen Geborgenheit, Sicherheit und Wärme. Zu sehen sind nur die Außenwände und die Dächer, was sich in ihrem Inneren verbirgt, wird nicht gezeigt. Dem gegenüber stehen Häuser, die bereits verfallen sind. „Walhalla“ und „Dom“ nennt Rießbeck zwei dieser Bilder, nicht ohne kritischen Unterton.

Einen schönen Einblick in die Schaffungsweise Rießbecks erlaubt die Wand „unterwegs“. Sie zeigt ein Sammelsurium von Skizzen, Arbeiten auf kleinen Holzstücke, die vor Ort entstanden sind, Tagebuchaufzeichnungen, Erinnerungstücke.

„Gerhard Rießbeck – Eisfreund", bis 24. Februar 2019, Kunsthalle, Große Halle. Geöffnet: Di. bis So. 10 bis 17 Uhr, Do. bis 21 Uhr. Eintritt: 5 Euro/ermäßigt 4. An jedem 1. Donnerstag im Monat freier Eintritt. Infos: www.kunsthalle-schweinfurt.de

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Begleitprogramm: 28. Oktober, 14 Uhr: Künstlerführung mit Gerhard Rießbeck 31. Januar 2019, 19 Uhr: Vortrag Frank Berger, Frankfurter Polarclub: „Von der ersten deutschen Polarexpedition 1868 zur Begründung der internationalen Polarforschung“ 7, Februar 2019: Lichtbildervortrag mit Gerhard Rießbeck, 17. Februar, 11 Uhr: Künstlerführung.

In der Großen Halle der Kunsthalle wurde die Ausstellung „Eisfreund“ von Gerhard Rießbeck eröffnet. Zu sehen sind die Werke bis 24. Februar.
Foto: Martina Müller | In der Großen Halle der Kunsthalle wurde die Ausstellung „Eisfreund“ von Gerhard Rießbeck eröffnet. Zu sehen sind die Werke bis 24. Februar.
 
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