Zahlreiche Hilfsprojekte wurden in Lateinamerika schon verwirklicht, doch das neueste Projekt der Sennfelder Indio-Hilfe Peru ist ein außergewöhnliches, ja ein einmaliges: Erstmals fließen die Spendengelder der kleinen Hilfsorganisation unter dem Dach der evangelischen Kirchengemeinde Sennfeld in eine katholische Einrichtung. In ein Zentrum für behinderte Waisenkinder im bolivianischen Cochabamba, das von der katholischen Schwesternkongregation der Hospitalarias geführt wird. 34 000 Euro wurden von Sennfeld nach Bolivien überwiesen. Mit dem Geld sollen neue therapeutische Geräte gekauft und die Zimmer der Kinder hergerichtet werden.
Dass dieses ökumenische Hilfsprojekt pünktlich zum vergangenen Weihnachtsfest und zum Abschluss des 35. Jubiläumsjahres der Indio-Hilfe Peru gelungen ist, dafür bedankten sich bei den Sennfeldern sogar der Würzburger Bischof Franz Jung und der Erzbischof von La Paz, Monsignore Edmundo Abastoflor. Das freut vor allem Emil Heinemann, den Motor der Sennfelder Hilfsorganisation: "Das ist eine herausragende Anerkennung."
Eine bolivianische Ärztin hatte im vergangenen Jahr einen Notruf an den Vertrauensmann der Indio-Hilfe-Peru, Dr. Rainer Rosenbaum, geschickt. Der UN-Entwicklunghelfer und Regierungsberater aus Würzburg, der seit 35 Jahren der Sennfelder Hilfsorganisation Projekte in Lateinamerika vermittelt, kontaktierte Emil Heinemann. Das war im Februar 2019. Nicht alle Projektanfragen werden gleich positiv beschieden. "Der verantwortungsvolle Umgang mit den uns anvertrauten Spendengeldern hat oberste Priorität", sagt Heinemann. So wurde zuerst einmal eine Projektbeschreibung angefordert. Diese musste dann vom Spanischen ins Deutsche übersetzt und die Machbarkeit geprüft werden. Danach wurde über das Bischöfliche Ordinariat Würzburg eine Bestätigung hinsichtlich der Seriosität der Trägerschaft angefordert. Erst als diese vorlag, gab es grünes Licht aus Sennfeld, die Sanierung der therapeutischen Einrichtung in Bolivien finanziell zu unterstützen.
Keine staatlichen Gelder für Instandhaltungsmaßnahmen
"In der Regel gibt es so gut wie keine staatlichen Gelder für die Instandhaltung solcher Einrichtungen", weiß Emil Heinemann. Für die Schwestern dort sei es deshalb schier unmöglich, neben den täglichen Unterhaltskosten zusätzlich noch Gelder für Sanierungs- oder Baumaßnahmen zurückzulegen. Von den Gesamtkosten von 40 000 Euro finanziert nun die Indio-Hilfe Peru 34 000 Euro und die dortige Bezirksregierung 5400 Euro. Den Restbetrag steuert die Schwesternkongregation bei.
Es ist nicht das erste Projekt, das die Indio-Hilfe in Cochabamba unterstützt. Schon Anfang der 1990er-Jahre engagierten sich die Sennfelder in der mit über eine halbe Million Einwohnern viertgrößten Stadt Boliviens. In Zusammenarbeit mit dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen wurde damals ein Gesundheitszentrum in einem armen Arbeiter- und Bauernstadtteil gebaut. Es trägt heute den Namen "Centro Salud Sennfeld".
Emil Heinemann erinnert sich noch sehr gut an die Einweihung im Dezember, zu der er gemeinsam mit seinem Mitstreiter Wilhelm Pöschel auf eigene Kosten (darauf legt Heinemann Wert) nach Bolivien gereist war. In Sommerkleidung und mit Strohhut auf dem Kopf habe man auf der mitgebrachten Posaune den Adventschoral "Macht hoch die Tür" gespielt. Es war ja Weihnachtszeit. Aus Dankbarkeit für die finanzielle Unterstützung aus Sennfeld verlieh der Stadtrat von Cochabamba Heinemann und Pöschel stellvertretend für alle Mitarbeiter der Indio-Hilfe Peru samt den zahlreichen Spendern die Ehrenbürgerschaft. "Das ist die höchste Auszeichnung dieser Stadt", sagt Heinemann stolz.
Apropos Spenden: Woher kommt eigentlich das Geld? "Zum Großteil aus Sennfeld, aber auch aus Nachbargemeinden, aus Schweinfurt, aus der ganzen Region", sagt Heinemann. Es gebe Dauerspender, Einzelspender und Geburtstagsspender, die statt Geschenke um Spenden für die Indio-Hilfe bitten. Auch der Sennfelder Posaunenchor und der Sonnenstrahlchor stellen regelmäßig den Erlös ihrer Konzerte der Hilfsorganisation zur Verfügung. "Das sind im Jahr drei- bis viertausend Euro." Und Heinemann wird nicht müde, immer und überall um Unterstützung für die Ärmsten der Armen zu bitten. "Uns geht es hier so gut, und dort haben sie fast nichts."
Das Elend in den Slums von Lima, das Heinemann 1984 bei einer Musikerreise mit zehn anderen Bläsern durch Peru gesehen hat, war der entscheidende Impuls für die Gründung der Indio-Hilfe. "Was wir da gesehen haben, hat uns nicht mehr losgelassen." So beschloss man, den zehnten Teil seines Einkommens für Entwicklungshilfeprojekte zu spenden. Durch Presseberichte wurden die Öffentlichkeit und sogar Rundfunk und Fernsehen darauf aufmerksam. "Das war wie ein Schneeballsystem", erinnert sich Heinemann, "viele Menschen fragten uns, ob sie ebenfalls helfen können." So entstand die Indio-Hilfe Peru.
Inzwischen arbeitet die Sennfelder Hilfsorganisation mit ihren 13 Aktiven in acht Ländern Lateinamerikas. Neben Peru in Bolivien, Kuba, Mexiko, Ecuador, Guatemala, Paraguay und Cost Rica. Dabei begnügt man sich aber nicht nur damit, Spenden für Projekte zu werben, sondern sucht auch die persönliche Begegnung mit den Menschen vor Ort. "Die Auseinandersetzung mit der Lebenssituation dieser Menschen und das Gespräch mit den Verantwortlichen ist ebenso wichtig wie das Spendenaufkommen", sagt Heinemann.
Neunmal war er schon in den Ländern Lateinamerikas unterwegs, um die von der Indio-Hilfe mitfinanzierten Projekte zu begutachten. "Das ist anstrengend, aber man wird um ein Vielfaches bereichert." Und man erlebt "tolle Sachen". Zum Beispiel auf einem Marktplatz in Mexiko, wo die Sennfelder Bläser ein Ständchen spielten und sich spontan eine Gruppe Einheimischer mit ihren Instrumenten dazu gesellte. Oder in einem Dorf, wo die Frauen die Gäste aus Deutschland bekochten und zum Frühstück Hähnchen servierten.
Rund 30 Projekte hat die Indio-Hilfe Peru in den vergangenen 35 Jahren unterstützt
"Der persönliche Kontakt ist viel Wert", weiß Emil Heinemann. So hat sich aufgrund der Indio-Hilfe auch in Mexiko eine Hilfsorganisation gegründet, zu der enge Kontakte bestehen. Ihre Vertreter waren sogar zur Jubiläumsfeier der Sennfelder im März vergangenen Jahres angereist.
An die 30 Projekte hat die Indio-Hilfe in den vergangenen 35 Jahren unterstützt. Und weitere Projekte sind bereits in Planung. Unter anderem soll das Bildungs- und Kulturzentrum in der Hafenstadt Manta an der Pazifikküste Ecuadors unterstützt werden. Und gemeinsam mit dem missionsärztlichen Institut Würzburg engagiert sich die Indio-Hilfe Peru in der Bekämpfung der Tropenkrankheit Chagas. Emil Heinemann hofft deshalb weiterhin auf die Spendenbereitschaft der Sennfelder. "Wenn aus Sennfeld keine Unterstützung käme, dann könnten wir das alles nicht machen."
Spenden für die Indio-Hilfe Peru: Evangelische Kirchengemeinde Sennfeld, IBAN DE21 7906 9010 0006 4109 79