Vielen dürfte es aufgefallen sein: Seit dem vergangenen Wochenende, sechs Wochen vor der Landtagswahl am 8. Oktober, hängen die ersten Wahlplakate in Gerolzhofen. Augenscheinlich haben in der Stadt bisher drei der zur Wahl antretenden Parteien plakatiert: CSU, Grüne und Freie Wähler.
Kaum hingen die ersten Wahlplakate, sind Bürgermeister Thorsten Wozniak eigenen Angaben zufolge erste Reaktionen darauf zu Ohren gekommen. Die einen hätten gemeint, dass sie diese Form der Wahlwerbung nicht mehr sehen könnten, berichtet Wozniak im Gespräch mit dieser Redaktion.
Andere wiederum hätten sich verwundert gezeigt, dass noch nicht jede Partei plakatiert hat. Die noch nicht per Plakat vertretenen Parteien hätten es wohl nicht nötig zu werben, lautete eine wohl nicht ganz ernst gemeinte Vermutung.
Doch um die individuell unterschiedliche Wahrnehmung von Wahlplakaten soll es hier nicht gehen. Es steht eine andere Frage im Raum: Welche Regeln gelten für das Aufhängen und Aufstellen von Wahlplakaten in Gerolzhofen? Denn grundsätzlich kann jede Gemeinde Einzelheiten zu Sondernutzungserlaubnissen per Satzung regeln, bestätigt das Landratsamt Schweinfurt auf Nachfrage. Diese Vorgaben gelten dann für alle Parteien gleichermaßen.
Vorstoß im Stadtrat zur Plakatierung blieb ergebnislos
Dass es sinnvoll wäre, Regeln für Wahlplakate festzulegen, darüber herrschte bereits im März 2020 Konsens im Gerolzhöfer Stadtrat. Thomas Vizl (Geo-net) hatte das Thema damals, kurz vor der Kommunalwahl, aufgebracht und auf offene Fragen im Zusammenhang mit der damaligen Wahlplakatierung hingewiesen. Er nannte seinerzeit auch Verstöße gegen geltende allgemeine Vorschriften zur Plakatierung in der Stadt, etwa was das Verbot betrifft, Plakate an Altstadt-Straßenleuchten anzubringen.
Fakt ist: Das vor fast dreieinhalb Jahren vom Stadtrat festgestellte Defizit in der Regulierung von Wahlplakaten besteht bis heute. Der Stadtrat hat sich seitdem nicht mehr mit dem Thema beschäftigt. Ein für alle gültiges Regelwerk existiert nicht. Dies bestätigt auch Bürgermeister Wozniak. "Das wird man im Stadtrat nochmals diskutieren", kündigte er an. Im Ergebnis erwartet er allerdings ein "wohl eher sehr schwaches" Regelwerk", keines, das streng und haarklein alle Fragen klären wird.
Derzeit ist es laut Wozniak so, dass die Stadt Wahlplakaten eher großzügig gegenübersteht. Was sich übrigens auch mit der Haltung des Bayerischen Innenministeriums deckt. Dieses hat im Jahr 2013 in einer Bekanntmachung – auch mit Verweis auf das Grundgesetz – die Kommunen im Freistaat darauf hingewiesen, dass bei allgemeinen Wahlen, wie Bundestags- und Landtagswahlen, Parteien und politischen Gruppen eine "angemessene Werbemöglichkeit" einzuräumen sei. In der Praxis stellt sich dann allerdings die Frage, was unter "angemessen" zu verstehen ist. Hier beginnt der Interpretationsspielraum, den jede Gemeinde hat.
Plakate dürfen nur in der "heißen Wahlkampfphase" hängen
Dies zeigt sich zum Beispiel an der Frist, innerhalb derer Wahlplakate überhaupt hängen dürfen. Das Landratsamt sagt, dass es keinen gesetzlich geregelten Termin gibt, ab wann Wahlplakate frühestmöglich hängen dürfen. Auch das bayerische Innenministerium äußerte sich in seiner Bekanntmachung aus dem Jahr 2013 hierzu nicht.
In der Rechtsprechung sei allerdings anerkannt, dass sich der Anspruch auf Plakatierung auf die "heiße Wahlkampfphase" beschränkt, zu der die letzten sechs Wochen vor dem Wahltermin gerechnet würden. So handhabt dies auch die Stadt Gerolzhofen. Die Stadt Würzburg hat dagegen in einer Verordnung festgelegt, dass Wahlplakate bereits zwei Wochen früher hängen dürfen.
Zentrales Anliegen der Stadt Gerolzhofen ist es dem Bürgermeister zufolge, dass Wahlplakate keinen Schaden anrichten. Dies gelte etwa für Bäume, an denen Plakate hängen, oder für den Lack von Altstadtleuchten, der durch Draht beschädigt werden könnten. Deshalb hätten Mitarbeiter des Bauhofs die jüngst angebrachten Plakate kontrolliert, jedoch keine Verstöße festgestellt. So seien Plakate, die an Leuchten hängen, etwa mit Kabelbindern aus Kunststoff befestigt. Sicherheitshalber würden jedoch alle Plakate fotografiert, so dass man jemanden haftbar machen könnte, sollten doch Schäden entstehen.
Für Veranstalter gelten strengere Regeln
Sicherheitshalber weist Wozniak darauf hin, dass diese vergleichsweise weit reichenden Freiheiten beim Plakatieren nur für Wahlwerbung gelte. Die Stadt vertrete hier den Standpunkt, dass diese alle Menschen anspreche. Anders sei es, wenn für bestimmte Veranstaltungen geworben wird. Deshalb gebe es hierfür auch strengere, genau festgelegte Vorgaben.
Beispielsweise dürften Veranstalter in Gerolzhofen maximal 15 Tage vor einer Veranstaltung plakatieren. In einem Großteil der Altstadt sowie im Bereich vor Kirchen, vor dem Geomaris und in den Alleen dürften keine Plakate hängen und auch nicht an Kreuzungen. Zudem müssten Veranstalter eine Erlaubnis einholen und Gebühren zahlen, so Wozniak.