Die Schweinfurter Ferienfreizeit für Familien mit Kindern ist eine feine Angelegenheit. Da gibt es Spielgruppen, Ferien in der Stadtbücherei, Kanutouren, Museumsbesuche und so einiges mehr. Eine rundum unterhaltsame Geschichte für die Kids, wenn man teilnehmen darf. Das sollte nun einer Schweinfurter Familie seitens des Stadtjugendamtes verweigert werden.
Die Geschichte beschäftigte zahlreiche Instanzen, Ämter, den Oberbürgermeister, die zweite Bürgermeisterin Sorya Lippert und letztendlich auch eine renommierte Schweinfurter Anwaltskanzlei. Hintergrund der ganzen Groteske war, dass die beiden Kinder der Familie nicht gegen Masern geimpft werden konnten, weil wegen einer Eiweißunverträglichkeit aus gesundheitlichen Gründen keine Impfung möglich ist.
Dem neuen, seit März 2020 geltenden Masernschutzgesetz zu Folge müssen Kinder, die an Schulen, Kitas und auch in der Ferienbetreuung in engem Kontakt zueinander stehen, gegen Masern geimpft sein, da hier eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht. Eine Ausnahme davon gibt es, wenn ein "konkretes, aktuelles, ärztliches Attest" vorliegt, dass eine "medizinische Kontraindikation" bei den Kindern belegt.
Stadt erkennt Attest von Regensburger Kinderarzt nicht an
Genau ein solches Attest konnte die Familie auch beim Stadtjugendamt einreichen. Allerdings war dieses von einem Regensburger Kinderarzt ausgestellt worden. Den nun wollte das Stadtjugendamt nicht anerkennen und verlangte, dass die Familie ein zweites Attest eines Schweinfurter Arztes vorlegen solle.
Das wollte die Familie nicht auf sich sitzen lassen und wandte sich mittels einer mail direkt an Oberbürgermeister Sebastian Remelé, in dem sie ihr totales Unverständnis über das Vorgehen des Stadtjugendamtes beklagten, da sie doch ein rechtsgültiges Attest hätten, dass ihre Kinder "aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden könnten".
Die Antwort des OB kam postwendend (das Schreiben liegt der Redaktion vor) mit folgendem Hinweis: "Im Falle von medizinischer Kontraindikation besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich über ein ärztliches Attest von der Impfpflicht befreien zu lassen. Dieses Attest muss laut aktueller Rechtsprechung den konkreten Grund der medizinischen Kontraindikation erhalten. Das von Ihnen vorgelegte Attest entspricht diesen Standard nicht", so die juristische Ansicht des Oberbürgermeisters.
Die Familie, die schon vorher den Regensburger Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte, schaltete nun den Schweinfurter Rechtsanwalt Michael Schulze ein, der sich jetzt ebenfalls an den OB wandte und wissen wollte auf "welcher Rechtsgrundlage diese Entscheidung beruhe". Im dem der Redaktion ebenfalls vorliegenden Brief an den OB äußert der Rechtsanwalt sein Unverständnis, dass die Stadt nicht an den Arzt eine entsprechende Anfrage gestellt habe und stattdessen mit dem Schreiben vom Stadtjugendamt zudem nur "die Bescheinigung eines ortsansässigen Kinderarztes akzeptieren würde".
Keine Antwort auf die Frage des Rechtsanwalts
Darauf antwortete nun die Stadt mit einem Schreiben der Bürgermeisterin Sorya Lippert als Vertretung des Oberbürgermeisters. In dem Schreiben wird das Vorgehen des Stadtjugendamtes mit dem pauschalen Hinweis auf die allgemeinen "an Kindertagesstätten geltenden gesetzlichen Regelungen" begründet und, dass die "Nachweispflicht, in diesem Falle durch ein konkretes, nachvollziehbares Attest eines behandelnden Arztes", bei der Familie liegen würde. Eine Rechtsgrundlage, warum hier nur ein Attest eines Schweinfurter Arztes akzeptiert werden könne, wurde in dem Schreiben erneut nicht erklärt.
Weshalb die Stadtverwaltung auch sehr schnell Post aus der Kanzlei bekam, in dem wiederum die "Benennung einer Rechtsgrundlage" für die bisherigen Entscheidungen der Stadt gefordert wurde, "andernfalls müsste die Stadt gerichtlich auf entsprechende Feststellungen in Anspruch genommen werden". Mit anderen Worten: Eine Rechtsgrundlage, dass nur ein ortsansässiger Arzt ein entsprechendes Attest ausstellen darf, gab es nicht.
Diese Erkenntnis hatte sich dann wohl auch bei der Leitung des Stadtjugendamtes eingestellt. Jetzt nämlich ruderte man zurück. Im Bezug, dass das Attest wohl bereits vom Gesundheitsamt und Schule anerkannt worden sei und "diese Stellen primär zuständig für eine solche Bewertung sind, werden wir uns deren Bewertung dieses Attestes anschließen." Eine Teilnahme der Kinder der Familie sei folglich möglich.
Die beiden Kinder nehmen inzwischen an der Sommer-Ferienfreizeit teil.
ortsansässigen Kinderarzt die schnellere und kostengünstigere Lösung gewesen.
Es kann viele Gründe geben, weswegen Eltern zu einem Kinderarzt in einer anderen Stadt gehen, das ist per se noch nicht verdächtig.
Das ist doch Unfug. Offenbar ist alles richtig gelaufen, einfach so gibt die Stadt sicher nicht nach.
Das gleiche mit Maskenverweigeren, die wissen auch welcher Arzt ein Attest ausstellt.
Ist die Familie erst aus dem Regensburger Raum zugezogen nach Schweinfurt nehme ich alles zurück.
Wenn nicht ist es eigentlich klar was da läuft.