Es sind nur wenige Menschen gekommen. Hauptsächlich Ältere. Die großzügig aufgestellten Stühle vor dem Ehrenmal am alten Friedhof in Schweinfurt bleiben fast alle unbesetzt. Die Bedeutung der Gedenkfeier zum Volkstrauertag schmälert das nicht. Gerade in diesem Jahr, in dem der Volkstrauertag im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine steht, ist das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in seiner Dimension spürbar anders.
Das zeigt auch die Gedenkansprache von Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Der Krieg in der Ukraine überlagere alle Ereignisse, deren man am Volkstrauertag gedenke. Das erste Mal werde man wieder mit Situationen konfrontiert, die nur die Kriegsgenerationen vor uns kannten. Wie kommen wir durch den Winter? Was passiert, wenn der Bündnisfall ausgelöst wird? Wird Deutschland wieder Kriegspartei? Sind wir überhaupt in der Lage, uns zu verteidigen?
Bis vor kurzem habe man über solche Fragen nicht nachgedacht, sagt OB Remelé. Es sei fast unmoralisch gewesen, sie zu stellen. Doch der Krieg in der Ukraine habe die traurige Erkenntnis gebracht, dass einseitige Abrüstung den Frieden nicht sichere. Dass es nicht reicht, "den Krieg nicht zu wollen". OB Remelé appelliert deshalb, sich gerade an diesem Volkstrauertag mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Und es gebe nur eine Antwort: "Wir müssen uns im Gedenken an unsere eigene Geschichte klar gegen diesen Krieg bekennen und an der Seite der Ukraine stehen."
Friede ist mehr als das Gegenteil von Krieg
Dekan Oliver Bruckmann erinnert an die vielen Kriege und Konflikte weltweit. Und daran, dass sich in Deutschland wieder gewaltbereiter Hass, Antisemitismus und Anti-Israelismus breit mache. Beim Wunsch nach Friede sei ein Blick in die Bibel lohnend. Schon im alten Testament sei von Schalom die Rede. Der hebräische Begriff für Friede bedeute aber mehr als das Gegenteil von Krieg. Er stehe für einen Zustand allgemeinen Wohlbefindens, für Sicherheit und Ordnung, für eine gerechte Welt, für Unterstützung der Schwachen und für die Verschiedenartigkeit der Menschen. Das sei ein Ideal, so Bruckmann. "Aber billiger ist der Friede, der Schalom heißt, nicht zu haben."
Gemeinsam mit seinem katholischen Amtsbruder, Stadtpfarrer Christoph Warmuth, spricht Bruckmann noch ein Gebet. Auch VdK-Kreisvorsitzender Michael Schwarz appelliert in seinem Gedenken an alle Opfer von Gewalt und Krieg an die Verantwortung für den Frieden. Krieg sei von Menschen gemacht und müsse von Menschen beendet werden. Und er fordert auf, Menschlichkeit im Alltag zu leben.
Für den feierlichen musikalischen Rahmen sorgt der Evangelische Posaunenchor Schweinfurt unter der Leitung von Wolfhart Berger. Die Reservistenkameradschaft Schweinfurt beteiligt sich mit einer Fahnenabordnung an der Zeremonie.