
Nicht gegeneinander, sondern miteinander die Probleme von Wald und Wild vor Ort lösen: Das ist der neue Tenor bei der Jägerschaft und den Forstverantwortlichen im Kreis Schweinfurt. Der immerwährende Streit um Forstliches Gutachten, Naturverjüngung, Verbiss-Situation und Abschussplanung wurde am Runden Tisch diskutiert. Jetzt müssen die Lösungsvorschläge nur umgesetzt werden.
Anstrengend und zeitaufwändig war die Arbeit des Runden Tisches. Unter der Leitung des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten (AELF) Schweinfurt beteiligten sich die Untere Jagdbehörde, die Vertreter der Grundeigentümer, Jagdgenossen, Waldbesitzer, Jagdpächter, Hegegemeinschaften und des Bayerischen Jagdverbands (BJV).
Vorausgegangen war eine Petition des Jagdschutzvereins Schweinfurt an den Bayerischen Landtag, in der die Jäger das Forstliche Gutachten nicht als Informationsquelle für die Abschussplanung anerkennen wollten. "Es ist meiner Meinung nach in eine Bedeutung gerutscht, die ihm nicht zukommt", argumentiert der BJV-Kreisvorsitzende Raimund Abele. Die Petition wurde abgelehnt, aber ein Gesprächsformat angemahnt, um Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Forstliches Gutachten ist Auslöser von Diskussionen
Regelmäßig ist das Forstliche Gutachten des AELF, das alle drei Jahre – zuletzt 2024 – den Zustand der Vegetation feststellt, der Auslöser von Diskussionen. Es zielt auf eine natürliche Waldverjüngung ab, um gesunde und (klima-)stabile Wälder im Interesse des Allgemeinwohls zu fördern. Zudem gilt es, das Eigentum der Waldbesitzer zu schützen. Im Landkreis sind etwa 80 Prozent der Wälder in Gemeinde- und Staatsbesitz.
Auch das Bayerische Jagdgesetz fordert, dass die Bejagung die natürliche Verjüngung standortgemäßer Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen soll. Was im Landkreis aber nur schwer gelingt.
Die jüngste Inventur durch die Forstleute dokumentiert sowohl Waldschäden durch Extremjahre und daraus resultierende Auflichtungen, die das Futterangebot für das Rehwild erhöhen. Untersucht wurde zudem der Verbiss an jungen Bäumchen. In sieben der acht Hegegemeinschaften mit zusammen 200 Jagdrevieren wird der Verbiss immer noch als zu hoch eingestuft. Gerolzhofen erhielt jetzt die Kategorie "knapp tragbar". Aber keine der Hegegemeinschaften ist einheitlich als "rot" oder "grün" eingestuft, erklärt Stephan Thierfelder, Bereichsleiter Forsten am AELF.
Die Abschusspläne sollen einvernehmlich aufgestellt werden
Um den Unterschieden in den einzelnen Revieren Rechnung zu tragen, erstellt das Amt seit 2009 auch revierweise Aussagen, um Jagdvorstand und Revierinhaber über die Waldverjüngung zu informieren. Einvernehmlich sollen sie nämlich die Abschusspläne aufstellen, die von der Jagdbehörde bestätigt werden müssen.
Seit 2001 hat sich die Rehwildstrecke der BJV-Kreisgruppe Schweinfurt von knapp 2000 auf etwa 3600 erhöht. Die Zahlen, die die Revierinhaber an die Jagdbehörde melden, müssen den Abschussplänen entsprechen. Vor den Verhandlungen zu den Plänen für die nächsten drei Jagdjahre (2025 bis 2028) gibt es derzeit Info-Veranstaltungen über den Verjüngungszustand des Waldes und über die Ergebnisse des Runden Tisches.
Im Norden des Landkreises, in Abersfeld, stellte Thierfelder den etwa 60 anwesenden Wald- und Wild-Verantwortlichen das Forstliche Gutachten vor. In den Hegegemeinschaften 1 und 2, Zell/Stadtlauringen und Marktsteinach, sei der Verbiss zu hoch, weshalb der Abschuss erhöht werden müsse, sagte er. Bei genauer Betrachtung gebe es jedoch Reviere, in denen die Abschusszahlen beibehalten werden könnten.
Dass das bisherige Verfahren der Abschussplanung beibehalten wird, betonte Philipp Keller von der Unteren Jagdbehörde. Denn Bayerns Forstminister Hubert Aiwanger hatte geliebäugelt, in den "grünen" Gebieten eine Abschussplanung ganz auszusetzen. Wie bisher ist daher neben der körperlichen Verfassung des Wildes vor allem die Waldverjüngung Grundlage der Planung.
Bei Reviergängen sollen alle Beteiligten dabei sein
Künftig wolle man aber mehr Dialog vor Ort, um "in Verbindung zu bleiben". So sollten auch bei den Reviergängen alle Beteiligten, Jäger und Förster, Jagdgenossen und Waldbesitzer dabei sein.
Gerade die örtlich Verantwortlichen, guter Wille und Zeiteinsatz seien gefragt, um die Vorschläge des Runden Tisches umzusetzen, appellierte Thierfelder. Alle müssten ihren Beitrag leisten.
So planen beispielsweise Förster und Waldbesitzer ein Monitoring-Projekt, bei dem sechs Reviere hinsichtlich der Reaktion des Waldes auf Witterung, Pflege und Jagd begleitet werden. Vor allem die Situation der Eiche, die im Klimawandel eine wichtige Rolle spielt, sei im Landkreis ein Maßstab zur Beurteilung von Waldverjüngung und Verbissschäden, sagte Thierfelder. "Es braucht die Jagd und die forstwirtschaftliche Unterstützung", unterstrich er.
Die Jäger wiederum sollen in ihrer Ausbildung mehr von waldpraktischen Zusammenhängen mitbekommen. Konsens war es auch, Vergleichsflächen mit und ohne Zaun anzulegen und deren Entwicklung zu dokumentieren.
Zäune, die für die Waldbesitzer ein erheblicher Kostenfaktor sind, müssten regelmäßig kontrolliert werden. Das ist Aufgabe des Waldbesitzers, aber auch eine Mitverantwortung der Jäger. Eingedrungenes Rehwild müsse konsequent entfernt werden.
Für die Jäger hielt deren Kreisvorsitzender Abele fest: "Waldverjüngung nur mit der Büchse geht nicht, aber ohne auch nicht". Er appellierte an seine Kollegen, bei den Zäunen die Waldbesitzer zu informieren, gemeinsame Waldgänge zu unternehmen, mehr Sachkenntnisse zum Waldbau zu erlangen und auf die Förster vor Ort zu hören.
Mehr Intervall- und Bewegungsjagden mit Kollegen zusammen
Als Jagdmethode empfahl er mehr Intervall- und Bewegungsjagden mit Kollegen zusammen, anstelle von Einzeljagden. Wie überhaupt mehr Revierzusammenarbeit hilfreich sei.
Zu den unterschiedlichen Interessen in Wald und Feld zählt auch das Freizeitverhalten der Bevölkerung. Das Wild werde dadurch immer wieder gestört, vor allem, wenn Waldbesucher nicht auf Wegen bleiben oder ihre Hunde frei laufen lassen, erläuterte Jagdberater Wolfgang Schmitt. Er forderte mehr Rücksichtnahme.
Kritik äußerte er an staatlichen Vorgaben für Landwirte, die ihre Blühflächen bis zum 15. Januar mulchen müssen. Dadurch fehlten dem Wild im Winter wichtige Deckungsflächen.
Von jedem Beteiligten am Runden Tisch sei etwas gefordert worden, fasste Thierfelder zusammen. Jetzt sei es entscheidend, dass auch jeder die Vorschläge umsetzt.
Die logische Folge wäre, dass der Staat zukünftig diese Aufgabe im Sinne der Förster und des Waldes übernimmt, dann hätte man diesen Streit vom Tisch.