
Es ist ein neues Kapitel in der mittlerweile langen Geschichte des Hotel-Neubaus "Wilder Mann": Mitarbeiter des städtischen Bauhofs haben am Freitagnachmittag in der Breslauer Straße alle Parkplätze auf der linken Seite, bis auf einen einzigen, abgesperrt. Und entlang des Bauzauns an der Baugrube wurden mehrere Warnbarken mit Beleuchtung in Stellung gebracht.
Bei der Maßnahme handelt es sich nach Informationen der Redaktion um eine Ersatzvornahme, die die Stadt jetzt ergriffen hat, weil "Gefahr im Verzug" ist. Die Baugrube sei nicht ausreichend abgesichert, heißt es. Warum die Stadt aber erst jetzt, nachdem das riesige Loch bereits seit sieben Monaten ausgehoben ist, eine akute Gefahr an der Baustelle erkennen will, bleibt unklar.
Bekannt ist, dass seit mehreren Monaten – auch von Privatpersonen – bei der Stadt mehrfach angemahnt worden war, dass die tiefe Baugrube für die Tiefgarage des geplanten In-Hotels eine potenzielle Gefahr darstellen kann. Und dies insbesondere, weil die Fahrzeuge an den gegenüberliegenden Parkplätzen vor der VR-Bank und vor der Kronen-Apotheke rückwärts ausparken und es dabei durchaus mal passieren könnte, dass jemand aus Versehen – etwa wenn er Gas und Bremse verwechselt – mit Schwung zu weit nach hinten fährt. Der dann folgende Absturz mit einem Auto rückwärts in die über sechs Meter tiefe Baugrube könnte ein sehr tragisches Ende nehmen.
Absperrung mit Stahl und Holz
Die Bauherrin des Hotels, die Firma Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, hatte die Kante der Baugrube entlang der Breslauer Straße zunächst mit in die Erde gerammten Stahlstützen und Bauzaunelementen abgesichert. Später wurde dann noch nachgebessert und zusätzliche Holzbalken-Verstärkungen angebracht. Allerdings fehlte bislang noch eine entsprechende Beleuchtung in der Nacht. Am vergangenen Mittwoch nun hat die Bauherrin am Zaun auch noch Strahler angebracht.
All dies reicht der Stadt aber offenbar nicht aus. Der städtische Bauhof haben am Freitag entlang des Bauzauns zusätzlich Warnbaken mit Beleuchtung aufgestellt. Dies hat allerdings zur Folge, dass der durchfließende Verkehr mehr nach links verschwenkt wird und so die Gefahr bestand, dass es dort zu Kollisionen mit geparkten Fahrzeugen kommt. Außerdem ist der Straßenraum nun zu eng, als dass parkende Auto rückwärts gefahrlos ausparken können. Deswegen hat die Stadt die Parkplätze auf der linken Straßenseite geschlossen.
Kunden-Parkplätze fallen weg
Für VR-Bank, Kronen-Apotheke, Augenarzt, Kosmetikstudio und das Optik-Fachgeschäft sind nun Parkplätze für Kunden und Patienten weggefallen. Dementsprechend eng geht es auf den Parkplätzen an der Grabenstraße zu, insbesondere wenn am Morgen und zur Mittagszeit die rund 90 Buben und Mädchen aus dem Kinderhaus St. Martin gebracht oder abgeholt werden.
Auf Anfrage der Redaktion hält sich die Stadtverwaltung bezüglich der Absperraktion in der Breslauer Straße sehr bedeckt. Man habe im Zusammenhang mit dem Sturm vergangene Woche und dem Herbstfest "verschiedene Sicherungs- und Beschilderungsmaßnahmen im Stadtgebiet durchgeführt oder überprüft", teilt Bürgermeister Thorsten Wozniak schriftlich mit. Man habe dabei auch "mögliche Schwachstellen in der Breslauer Straße" diskutiert und "kurzfristig Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit getroffen". Konkreter wird der Bürgermeister nicht. Man stehe "im steten und vertrauensvollen Austausch mit dem Bauherren". Ob und wie die Absperrungen an der Baugrube verbessert oder ergänzt werden müssen, müsse erst noch konkret geprüft werden. Wie lange diese Maßnahmen, unter anderem die Sperrung der Parkplätze noch Bestand haben werde, könne die Stadt aktuell noch nicht beantworten, heißt es.
Rainer Krapf, Geschäftsführer der Firma Krapf Immobilien GmbH & Co. KG, betont in einem Gespräch mit der Main-Post, die Baustellen-Absicherung sei aus seiner Sicht ausreichend. Experten hätten dies auch bestätigt. Der Zaun sei den Vorschriften entsprechend hoch genug, fest verankert und auch beleuchtet. Man werde nun der Stadt entgegenkommen und als weitere verkehrssichernde Maßnahme noch Warnbaken an den Zaun befestigen, damit Autofahrer beim Rückwärts-Ausparken den Zaun besser erkennen können.
"Eine ganz unschöne Aktion"
Carmen Wächter, die Inhaberin der Kronen-Apotheke, bezeichnet das Ganze als "ganz unschöne Aktion". Sie und ihr Mitarbeiterteam hätten am vergangenen Freitag beobachtet, wie der Bauhofleiter Michael Finster frei werdende Parkplätze entlang der Straße sofort mit einem Hütchen für die weitere Benutzung blockiert habe, berichtet die Apothekerin.
Als sie daraufhin nachfragte, was diese Aktion bedeute, so Wächter, habe sie zur Antwort bekommen, der Hotel-Bauherr, Rainer Krapf, habe von der Stadt Gerolzhofen eine Frist bekommen, die Baustelle besser abzusichern. Und dieses Ultimatum sei am Freitag abgelaufen. Da jetzt Gefahr im Verzug sei, müsse die Stadt handeln und die Baustelle selbst absichern. Die Stadt sei auch nicht gezwungen gewesen, die Anlieger über die Absperrungen vorab zu informieren, habe die Apothekerin zur Antwort bekommen. Eben weil "Gefahr im Verzug" sei.
Keine Vorab-Informationen
Carmen Wächter bedauert es, dass es niemand für nötig hielt, die Anlieger vorab zu informieren. "Es wäre schön gewesen, wenn jemand mal den Hörer in die Hand genommen hätte, um uns Unternehmer in Kenntnis zu setzen", sagt sie. So habe sie ihrerseits Rainer Krapf angerufen, der dann auch umgehend erschienen sei. Krapf habe klargestellt, dass sein Sicherheitsbeauftragter der Meinung ist, dass die Baustellen-Absicherung völlig in Ordnung und ausreichend sei. Und der ebenfalls angerufene Bürgermeister Wozniak habe ihr versichert, dass einige Parkplätze sicher verfügbar bleiben würden. "Aber das stimmt leider nicht."
Gerade eine Apotheke, wo es auch viele gesundheitlich eingeschränkte Kunden gebe, sei darauf angewiesen, gut mit dem Auto erreichbar zu sein, betont Carmen Wächter. Sie habe deshalb nun reagiert und einen eigenen Lieferservice eingerichtet, um bestellte Medikamente den Patienten nach Hause zu bringen.
VR-Bank fordert Aufklärung
Betroffen von der überraschenden Sperrung der Parkplätze ist auch die VR-Bank. "Wir werden reagieren", sagt Bankdirektor Klaus Henneberger. Er werde schriftlich bei der Stadtverwaltung eine Auskunft einfordern, was die Hintergründe für die Absperrmaßnahmen seien.