Wer mit Erdgas heizt, verfolgt derzeit mit bangem Blick die Nachrichten von steigenden Energiepreisen. Manche Gaskunden haben bereits Post ihres Versorgers erhalten, mit der Ankündigung von zum Teil haarsträubenden Preissteigerungen von 100, 200 oder noch mehr Prozent. Dies betrifft vor allem sogenannte Discountanbieter, die in den zurückliegenden Jahren mit Kampfpreisen bundesweit um Kunden geworben haben. Doch wie schaut die Lage beim lokalen Gas-Grundversorger im Raum Gerolzhofen, der Gasversorgung Unterfranken GmbH (Gasuf) mit Sitz in Würzburg, aus?
Deren 26 000 Kunden brauchen mit Blick auf den nahen Winter nicht in Panik verfallen, beruhigt Geschäftsführer Thomas Merker auf Nachfrage dieser Redaktion. Grund hierfür sei vor allem, dass die Gasuf, wie andere große Versorger im Land, ihre benötigten Gasmengen mit Weitsicht einkauft und ihre Gesamtmargen auch auf kleinere Portionen aufteilt. Diese bezieht die Gasuf auf dem Terminmarkt zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr, was das Risiko verringert, zu einem Zeitpunkt x allein von den da geltenden, womöglich sehr hohen Tagespreisen abhängig zu sein. Auf diese Weise könne die Gasuf ihre Preise auch auf längerer Sicht kalkulieren und ihren Bestandskunden in der jetzigen Situation beispielsweise eine Preisgarantie bis Ende März 2022 bieten, berichtet Merker.
Das große Problem der Anbieter von Billig-Gas
Anders verfahren die Discountanbieter. Diese decken ihren Bedarf an Gas bevorzugt auf dem Spotmarkt. Das ist der Markt, auf dem Gas zu täglich wechselnden Preisen gehandelt wird. Solange Gas günstig war, konnten die Discounter dort billig einkaufen und dieses Gas dann auch günstiger als ihre Konkurrenten an ihre Kunden weitergeben, oft noch versehen mit Bonusprämien oder ähnlichen Wechselanreizen. Doch als die Preise auf dem Spotmarkt in der zweiten Jahreshälfte innerhalb kurzer Zeit rasch anzogen – die Großhandelspreise sind zwischen Januar und Oktober um etwa 440 Prozent gestiegen gestiegen –, kollabierte dieses System.
Den Discountern, die ihren Gasbedarf quasi "heute für heute" decken, blieb in der Folge nichts anderes übrig, als die Preissteigerungen kurzfristig auch an ihre Kunden weiterzugeben. Dies führte dazu, dass angesichts der teils deftigen Preissteigerung nicht wenige Kunden ihr Sonderkündigungsrecht nutzten und sich einen neuen Versorger suchten. Mehrere Discountanbieter sind deshalb bereits pleite gegangen.
Beim Grundversorger landen im Zweifelsfall alle
Auch die Gasuf registriert derzeit verstärkt Anfragen potenzieller Neukunden, bestätigt Geschäftsführer Merker. Für Neukunden hat die Gasuf – im Gegensatz zu ihren Bestandskunden – jüngst ihre Preise ebenfalls teils erheblich angehoben. So ist im Tarif "Gasuf online" (vormals für viele Kunden der günstigste Tarif) der Arbeitspreis für Neuabschlüsse ab dem 4. November von 5,61 auf 9,77 Cent (brutto) pro Kilowattstunde gesprungen. Andere Tarife der Gasuf sind dagegen laut den auf der Webseite veröffentlichten Preisblättern teilweise um über 3 Cent günstiger, selbst der Tarif der Grundversorgung.
In 72 Städte und Gemeinden, die fast alle in Unterfranken liegen, ist die Gasuf der Grundversorger. Diese Rolle kommt immer dem Versorger zu, der vor Ort die meisten Kunden hat. Dies wird laut Merker alle drei Jahre neu geprüft.
Als Grundversorger muss die Gasuf im Zweifelsfall jeden Kunden annehmen, der von ihr Gas haben möchte. Dies sorgt auch für Versorgungssicherheit: Selbst falls ein Haushalt mit Gasanschluss keinen gültigen Liefervertrag mit einem Versorger haben sollte, braucht er nicht fürchten, dass ihm der Gashahn zugedreht wird. Er bezieht in diesem Fall das Gas vom örtlichen Grundversorger, im Tarif der Grund- und Ersatzversorgung.
Moderate Preiserhöhung im Frühjahr erwartet
Aufgrund ihrer Einkaufspolitik kann die Gasuf ihre angebotenen Preise immer für ein Jahr im Voraus angeben, erklärt Merker. Dieses sogenannte Speicherjahr reicht bei der Gasuf vom 1. April des einen bis zum 31. März des folgenden Jahres. Wie sich die Preise bei der Gasuf ab 1. April 2022 entwickeln werden, weiß der Geschäftsführer noch nicht in allen Details. Doch bereits heute kann er ankündigen, dass Bestandskunden maximal eine moderate Preiserhöhung zu erwarten haben. Dies liege auch daran, dass sein Unternehmen etwa die Hälfte des für das folgende Speicherjahr berechneten Gasbedarfs bereits vor der jüngsten Preisexplosion auf dem Weltmarkt eingekauft hat.
Eine seriöse Einschätzung, wie sich die Gaspreise in den folgenden Monaten entwickeln werden, kann und möchte Merker nicht abgeben. Hier spielten zu viele Faktoren eine Rolle, die mit den realen Gegebenheiten von Angebot und Nachfrage kaum zu erklären sind. Vielmehr sei oft politisches Kalkül im Spiel.
Nord Stream 2 und Wladimir Putin
Als Beispiel nennt er das Auf und Ab der Gaspreise, als der russische Präsident Wladmir Putin Mitte November eine Erhöhung der Gasliefermenge nach Europa angekündigt hatte. Dies ließ die Gaspreise für einen Tag fallen. Am folgenden Tag stiegen die Preise schon wieder, weil es neue Nachrichten gab, wonach die vor kurzem fertiggestellte Gaspipeline Nord Stream 2 später als gedacht in Betrieb gehen könnte. Dabei, so Merker, sei die neue Pipeline grundsätzlich überhaupt nicht notwendig, um die derzeit in Europa benötigten Gasmengen zu transportieren, hierfür reichten die bestehenden Leitungen, etwa durch die Ukraine und Weißrussland aus. Nord Stream 2 solle jedoch für mehr Unabhängigkeit von diesen als politisch unsicher geltenden Transitländern sorgen.