Das wird wohl ein teurer Winter: Die Preise für Energie steigen seit Wochen in kaum gekannte Höhen. Wer in Deutschland mit Gas heizt, muss aufs Jahr hochgerechnet derzeit mit Mehrkosten von bis zu 172 Euro rechnen, wie kürzlich das Vergleichsportal Check 24 unter Bezug auf einen Musterhaushalt mit 20 000 Kilowattstunden (kWh) Gasverbrauch mitteilte.
Für einen solchen Haushalt verlangen die in Unterfranken sitzenden Gasanbieter je nach Tarif zurzeit zwischen rund 1100 und 1500 Euro pro Jahr. Damit liegen sie zum Teil deutlich unter den Angeboten vieler Online-Händler, wie ein Vergleich in Internetportalen zeigt.
Anstieg um 440 Prozent
Bundesweit ist der Großhandelspreis von Erdgas zwischen Januar und Oktober um etwa 440 Prozent gestiegen. Das muss allerdings nicht heißen, dass alle Gaskunden sofort und in gleichem Maße tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Zusammenhänge sind komplex.
Dafür gebe es eine Kette von Gründen, erklärt Geschäftsführer Thomas Merker von der Gasversorgung Unterfranken GmbH (Gasuf). Zum einen sei der vergangene Winter außergewöhnlich lang und kalt gewesen. Deshalb hätten sich die Gasspeicher in Deutschland mehr als sonst geleert. Sie jetzt wieder aufzufüllen, treibe die Nachfrage und damit den Preis zusätzlich nach oben. Hinzu komme laut Merker ein deutlich gestiegener Bedarf an Gas in Asien sowie im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach Corona auch in Europa.
Das ist nach den Worten des Gasuf-Chefs "schwer abzuschätzen". Erst, wenn unter anderem die Gasspeicher wieder voller sind und die Nachfrage aus Asien nachlässt, könne mit sinkenden Preisen gerechnet werden. Russland habe bereits angekündigt, wieder mehr Erdgas nach Europa zu liefern. Simone Tagliapietra von der Denkfabrik Bruegel in Brüssel hatte vor wenigen Tagen gegenüber Medien die Schätzung verkündet, dass sich der Gaspreis bis April halbieren wird.
Ja, denn wie beim Strom ist der Markt für Erdgas seit vielen Jahren privatisiert. Es gibt in Deutschland etwa 1000 Erdgas-Anbieter. Welche Preise bei diesen Händlern zu zahlen sind, lässt sich im Internet über Portale wie Verivox, Check 24 oder Gaspreis-Check vergleichen. In Unterfranken verkaufen zum Beispiel in Würzburg (WVV), Schweinfurt, Haßfurt, Bad Kissingen, Bad Brückenau oder Hammelburg die Stadtwerke Gas. Das tun auch Gasuf in Würzburg oder das Tochterunternehmen Bayerische Rhöngas in Bad Neustadt.
Auch hier ist es wie beim Strom: Immer wieder die Konditionen der Anbieter zu vergleichen, lohne sich, lautet der Hinweis der Verbraucherzentrale. Insbesondere wer noch nie den Gasanbieter gewechselt hat und deshalb noch im teuren Grundversorgungstarif steckt, profitiere von günstigen Tarifen anderer Händler. Bei wiederholtem Wechsel verringere sich die Ersparnis.
Gasuf werde seine Erdgaspreise im kommenden Winter stabil halten, kündigt Geschäftsführer Merker an. Das hänge mit der Beschaffung auf den Gas-Großmärkten zusammen: Gasuf kaufe langfristig vor allem auf dem Terminmarkt. Im Gegensatz dazu gibt es den sogenannten Spotmarkt mit dem Prinzip "Kauf heute für heute", der größere Preisschwankungen hat. Gasuf habe schon vor längerer Zeit Gas zu günstigen Konditionen gekauft, so dass das Preisniveau in den kommenden Monaten stabil gehalten werden könne, so Merker. Kunden mit dem Tarif "Garantie 23" etwa profitierten noch bis Ende März 2023 von diesen günstigen Einkaufspreisen.
Für alle Kunden ohne den Tarif "Garantie 23" könne Gasuf die aktuellen Preise bis Ende März kommenden Jahres unverändert lassen. Wie es dann weitergeht, "lässt sich noch nicht beantworten", teilte Merker mit.
Zum Beispiel damit, dass nach den Worten von Thilo Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft in diesem Sommer weniger erneuerbare Energie produziert worden ist. Der Ausstieg aus der Kohle als Teil der Energiewende "führt heute bereits zu einem Brennstoffwechsel im Bereich der Stromerzeugung hin zu Erdgas", ergänzt Gasuf-Geschäftsführer Merker. Mit anderen Worten: Gas ist zum Lückenfüller geworden, was die Nachfrage weiter angeheizt hat.