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Schweinfurt
Harte Gewalt und Psychoterror gegen eine arglose Familie
Zweimal wurde ein Angestellter zusammengeschlagen, er und seine Kinder in anonymen Briefen brutalst bedroht. Warum und von wem klärt sich gerade vor Gericht.
Der Gerichtssaal Nummer 6 in der Theresienstraße platzt aus allen Nähten: Gericht, Staatsanwalt, fünf Angeklagte, zehn Vorführpolizisten, Nebenkläger mit Anwalt, der Gutachter, ein voller Zuschauerbereich.
Foto: René Ruprecht | Der Gerichtssaal Nummer 6 in der Theresienstraße platzt aus allen Nähten: Gericht, Staatsanwalt, fünf Angeklagte, zehn Vorführpolizisten, Nebenkläger mit Anwalt, der Gutachter, ein voller Zuschauerbereich.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 09.02.2024 19:40 Uhr

Der Gerichtssaal Nummer 6 in der Theresienstraße platzt aus allen Nähten: Gericht, Staatsanwalt, fünf Angeklagte, zehn Vorführpolizisten, Nebenkläger mit Anwalt, der Gutachter, ein voller Zuschauerbereich. Über 40 Leute drängen sich in dem größeren "Wohnzimmer" des provisorischen Übergangsgerichtsgebäudes in der Theresienstraße.

Verhandelt wird gegen einen 60-jährigen Selbstständigen aus dem Main-Spessart, der einen 33-jährigen Bekannten aus der Pfalz angestiftet haben soll, den leitenden Angestellten einer unterfränkischen Logistikfirma, mit der er geschäftlich verbunden ist, derart zu drangsalieren, dass er in seiner Firma kündigt und wegzieht.

Dazu soll der 33-Jährige wiederum aus seinem pfälzischen Umfeld zunächst zwei junge Männer im Alter von 20 und 22 Jahren beauftragt haben, dem 40-jährigen Angestellten eine Lektion zu erteilen. Laut Anklage schlugen und traten diese am 1. August 2022 auf das arglose Opfer vor dessen Wohnhaus ein und kassierten sein Handy, damit er nicht gleich die Polizei rufen konnte. Dafür soll der 60-Jährige 2000 Euro gezahlt haben.

Drohung mit "Auslöschen"

Drei Tage später sei ein anonymer Brief bei dem 40-Jährigen eingegangen, er solle seine Arbeit bei seiner Firma sofort einstellen und keine Polizei einschalten, sonst seien seine Kinder "die nächsten" und er werde "ausgelöscht". Der Logistikleiter kam dem nicht nach – und wurde laut Anklage in einem weiteren anonymen Schreiben am 24. August als "Schweinerusse" bezeichnet (er ist längst Deutscher), "wo eine doppelte Strafe" brauche. Es folgen widerliche Gewaltansagen gegen seine Kinder, er solle nach Hause gehen.

Die nächste körperliche Attacke folgte am 24. Februar dieses Jahres. Da soll der 33-jährige gedungene Anstifter des ersten Angriffs zusammen mit einem 32-jährigen Bekannten aus der Pfalz den 40-Jährigen morgens um 7.15 Uhr vor einer Bäckerei in Bad Kissingen brutal zusammengeschlagen und getreten haben. Am 3. März ging ein weiterer anonymer Drohbrief bei der Familie ein, mit noch widerlicheren Gewaltandrohungen gegen die beiden schulpflichtigen Kinder, wenn er nicht kündige und verschwinde. Die Familie wurde nun geschützt – im Ausland. Noch immer wusste der 40-Jährige nicht, wer und warum ihn körperlich angriff und auch seine Familie derart bedrohte – hatte aber einen Verdacht: Es musste mit seiner Arbeit zusammenhängen. In allen Briefen hieß es, er solle kündigen und verschwinden, dann sei alles gut.

Vier Angeklagte packen aus

Ein Denunzierungsschreiben gegen den Logistikleiter war zuvor auch beim Vorstand seiner Firma eingegangen, in dem sich angeblich alle Partnerfirmen beklagten – nur nicht die des 60-Jährigen aus dem Main-Spessart. Damit war ein Verdacht gesetzt. Und: Auf den Drohbriefen fanden sich Spuren des 60-jährigen Speditionschefs. Dem Opfer warf er 60-Jährige vor, in seiner Firma "herumgeschnüffelt" zu haben, er habe nur eingeschüchtert werden sollen. Mit den Drohbriefen habe er nichts zu tun.

Viel dürfte das dem mutmaßlichen Anstifter des Gewalt- und Psychoterrors nicht helfen. Die vier Mitangeklagten packten umfassend aus, räumten ihre Taten und die Geldzahlungen ein. Sie entschuldigten sich bei ihrem Opfer, einige haben bereits Schadensersatzzahlungen geleistet.

Der 40-Jährige und seine Frau schilderten im Zeugenstand, wie stark sie die Attacken, mehr aber noch die Drohbriefe belastet hätten – bis heute. Der Psychoterror und die unendliche Angst um die Kinder seien immer noch präsent. "Das unbeschwerte Leben vorher ist vorbei", sagte die Mutter. Und: "Jeder der Täter hat unser Leben ein Stück zerstört." Zwei weitere Verhandlungstage folgen.

 
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