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REGION GEROLZHOFEN
Grüne Kreuze als Mahnung zum fairen Umgang mit Landwirten
Viele Landwirte fühlen sich derzeit zum Sündenbock für alle Umweltprobleme abgestempelt. Sie haben deshalb zu einer ungewöhnlichen Protest-Aktion gegriffen.
Landwirt Roland Back (hintere Reihe, Mitte) hat ein grünes Kreuz an der Straße von Gernach nach Unterspiesheim aufgestellt - als Zeichen des Protestes gegen das Agrarumweltpaket der Bundesregierung und als Einladung zum Dialog über die aktuelle Situation der Landwirtschaft. Er wird unterstützt von seinen Berufskollegen Alban Weilhöfer (links) und Frank Mauder (rechts). Vorne im Bild Hannes und Jan Back, die ihrem Vater tatkräftig beim Aufstellen des Kreuzes halfen.
Foto: Erhard Scholl | Landwirt Roland Back (hintere Reihe, Mitte) hat ein grünes Kreuz an der Straße von Gernach nach Unterspiesheim aufgestellt - als Zeichen des Protestes gegen das Agrarumweltpaket der Bundesregierung und als Einladung ...
Erhard Scholl
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:59 Uhr

"Bauer Willi" ist im Internet eine feste Größe: Er hat das Talent, aktuelle Themen aus der Landwirtschaft provokativ, aber auch unterhaltsam aufzubereiten. "Bauer Willi" ist Dr. Willi Kremer-Schillings. Der Agraringenieur bewirtschaftet einen 40-Hektar-Betrieb im Rheinland. Er hatte jetzt die Idee, ein grünes Kreuz aufzustellen, mitten auf seinem Feld neben einer viel befahrenen Bundesstraße. Viele Landwirte tun es ihm nun gleich. Der Bayerische Bauernverband (BBV) in den Kreisen Schweinfurt und Haßberge sowie Bad Kissingen fordert seine Mitglieder zum aktiven Mittun auf.

Die Bauern wollen mit den grünen Kreuzen ihre Sorgen über das Agrarumweltpaket zum Ausdruck bringen, das die Bundesregierung Anfang September auf den Weg gebracht hat. Dabei geht es unter anderem um die Verbesserung des Tierwohls und es soll zunächst 75 Prozent weniger Glyphosat eingesetzt werden, ehe es komplett verboten wird. Darüber hinaus sollen Landwirte verpflichtet werden, weitere Rückzugsflächen für Insekten zu schaffen. Viele Landwirte erleben gerade das letztgenannte Vorhaben als Vertrauensbruch: Jahrelang sei die großzügige Ausdehnung von Schutzgebieten in bestehende landwirtschaftliche Flächen hinein nur als "unverbindliche Fachplanungen" gerechtfertigt worden – verbunden mit attraktiven Förderangeboten. Die jetzt in Aussicht gestellten Auflagen seien jedoch "enteignungsgleich", heißt es aus dem Bauernverband. Der Vorsitzende des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, bezeichnet das Agrarpaket deshalb als "für die Bauern toxisch". 

"Fauler politischer Deal"

Der Präsident des unterfränkischen Bauernverbands, Stefan Köhler, kritisiert das Agrarumweltpaket als einen "faulen politischen Deal". Als Beleg für sein vernichtendes Urteil führt er die Situation der Wiesenweihe im Ochsenfurter Gau an: Pflanzenschutzmittel werden dort bereits vor der Brutzeit der Wiesenweihe ausgebracht, die Bestände hätten sich aufgrund der schon getroffenen Landschaftsschutzmaßnahmen deutlich erholt. Das Agrarumweltpaket sehe trotzdem noch einen verminderten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vor. Dies führe zu verminderten Erträgen und Einkommenseinbußen für die Landwirte.

Ein weiterer Kritikpunkt von Köhler: Die zunehmende Zahl der  Bio-Betriebe führe zu einem erhöhten Angebot von Bio-Produkten. Die Zahl der Verbraucher, die bereit seien, den etwas höheren Preis für Bio-Produkte zu zahlen, nehme aber nicht in dem gleichen Maß zu. Die Folge: Der Preisdruck auf Bio-Produkte werde steigen und bei den Produzenten zu finanziellen Einbußen führen.   

Kritik am Ministerpräsidenten

Stefan Köhler wirft Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, dass dieser die Grünen jetzt "links überholen will". Söder folge einem "gesellschaftlichen Mainstream", der aber nur unzureichend durch wissenschaftliche Forschung belegt sei. Die Landwirtschaft werde von vielen in Verantwortung genommen für viele Probleme wie Belastung der Gewässer, Insektensterben, Reduzierung der Artenvielfalt. Gefordert sei aber eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, um diesen Problemen Herr zu werden. Dazu würden die Bauern gern ihren Anteil leisten. So könne die Grüne-Kreuz-Aktion Anlass für jeden sein, sein konkretes Verhalten in Richtung Umweltschonung zu verändern.

In der Region zwischen Steigerwald und Mainschleife stehen bereits zahlreiche grüne Kreuze auf den Feldern. In Gernach (Lkr. Schweinfurt) hat der  stellvertretende BBV-Ortsobmann Roland Back ein solches Mahnzeichen aufgestellt. Denn ihm und seinen Kollegen, Frank Mauder und Alban Weilhöfer, macht das Agrarumweltpaket auch Sorgen: "Die Zukunft und der Stellenwert der Landwirtschaft wird immer schwieriger", sind sich die drei einig.  Die grünen Kreuze seien gedacht als Mahnung gegen die steigende Zahl von Auflagen für Landwirte, gegen die überzogene Bürokratie, gegen Dumpingpreise für Essen, ungebremsten Flächenverbrauch und unfaire Handelspolitik.

Die drei Landwirte bringen ein konkretes Beispiel, um ihre Sorgen zu verdeutlichen: Nach den Vorgaben des geplanten Tierwohllabels sollen beispielsweise Schweine erheblich mehr Platz haben als bisher. Die baulichen Maßnahmen, die dafür erforderlich sind, verursachen Kosten, die auf den Verbraucher umgelegt werden müssen. Die Folge: Das Fleisch wird teurer. Die Konsumenten würden aber zumeist dem billigsten Erzeugnis den Vorzug geben, wie eine aktuelle Untersuchung des Bundesverbands der Verbraucherschützer belege. "Damit sind dann Importprodukte, die unter weniger strengen Bedingungen erzeugt werden, im Wettbewerbsvorteil", sagt Roland Back. Die Gewinnspanne der regional produzierenden Landwirtschaft sinke dadurch weiter und es sei zu befürchten, dass dies vor allem kleinere landwirtschaftliche Betriebe letztlich in die Knie zwingen wird.   

 
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  • K. S.
    Ob ihr Kommentar der "Schlauere" von unseren Kommentaren ist, ich weiß nicht. Und wenn der konventionelle Ackerbau nicht mehr zum Überleben ausreicht, dann gibts ja immer noch den Biolandwirt.
    Denn wer mit dem neuen Gesetz nicht klar kommt, wird zwangsweise untergehn.
    Zwei Sachen noch. Der Markt regelt nicht alles, auch wenn uns das immer noch erzählt wird und viele das auch noch glauben und 2. wer sein Geschäft nur mit Glyphosat und anderen Giften aufrecht halten kann oder den Untergang seines Betriebes wegen größere Ställen kommen sieht, sorry aber da ist von Grundauf was schief gelaufen.
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  • M. S.
    Liebe(r) Henni,

    wer sich nicht in der aktuellen Landwirtschaftslage auskennt sollte sich lieber ein bisschen zurücknehmen.
    Ihrer Meinung nach sollten also alle Landwirte auf Bio umstellen. Da hier ja anständige Preise gezahlt werden.
    Genau das ist das Problem.
    Wenn alle auf Bio umstellen schwinden auch hier die Preise.

    Wir Verbraucher sollten über unser Konsumverhalten nachdenken.

    Für den teuren Webergrill werden tausende von Euros gezahlt, darauf aber das billige Fleisch vom Discounter gegrillt. (nur als Beispiel)
    Da kann was nicht stimmen.

    Bitte auf der Webseite von Bauer Willi mal nachlesen und dann das überlegen anfangen.
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  • K. S.
    Das heißt, sie und Bauer Willi möchten nicht auf Gift verzichten, dass in unseren Essen wieder zu finden ist. Und dass mit dem Webergrill und dem Billigfleisch ist Quatsch, weil so ein Webergrill auch Biofleisch grillt.
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    Liebe Internetnutzer,
    bitte informiert euch doch erst mal über unsere Bauern z.B. im Internet.
    Der "Bauer-Willi" hat eine Internetseite oder über "www.unsere-bauern.de"
    Auf "Schlaue" Kommentare können die Bauern hier verzichten.
    Viele Grüße
    vom Bauern.
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  • K. S.
    Ja ja die Bauern, machen sich Sorgen, ihr Fleisch wird sich für den Verbraucher erheblich verteuern, wenn sie den Schweinen mehr Platz gönnen müssen, weniger Glyphosat benutzen müssen und sie machen sich auch noch Sorgen um den Bio-Bauern.
    Wenn ich mir jetzt so überlege, dass die Bauern keine Förderung mehr von Bayern oder der EU bekommen, wie teuer wären ihre Produkte jetzt schon.
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  • g. r.
    Stimmt! Der Kunde zahlt nicht nur an der Ladenkasse, sondern obendrein wurde ihm heimlich still und leise über die Einkommensteuer ein dicker Brocken für die Subventionsmilliarden aus Brüssel abgeknöpft.
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    Leute ihr habt es nicht verstanden,
    die Bauern jammern hier nicht, sondern es geht nun tatsächlich um Ihre Existenz.
    Der Handel verdient das meiste Geld und beim Bauern kommt es nicht an, der bekommt immer weniger!
    Deshalb wären die meisten ohne Ausgleichs und Fördergelder schon bankrott.
    Viele Grüße
    vom Bauern.
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  • g. r.
    Seit mindestens fünf Jahrzehnten fordern die Bauern mit Erfolg fette Subventionen zur Sicherung der Familienbetriebe. Derweilen sind mindesens 90 % dieser Höfe aufgegeben, die Grundstückspreise und Pachten gehen durch die Decke. Solange die verbliebenen Farmen sich bei freiwerdenden Pachtverträgen überbieten, selbst Grenzertragsflächen bebaut werden und Überschüsse an Fleisch, Käse usw. ins Ausland verscherbelt werden, kann es den Landwirten nicht so schlecht gehen.

    Die Bauern jammern nicht nur, sondern versuchen zu erpressen!
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