Der Wald stirbt soeben zum zweiten Mal innerhalb einer äußerst kurzen Phase der Menschheitsgeschichte. Ließ sich der ab den 1980er-Jahren den Bäumen zusetzende Saure Regen durch das Schwefeldioxid in der Luft technisch noch relativ schnell und einfach durch den Einbau von Filteranlagen in Kohlekraftkraftwerken und Fabriken hinbiegen, so geht es jetzt nur wenige Jahrzehnte später an immer mehr exponierten Stellen auch und gerade im Steigerwald ums nackte Überleben von immer mehr Baumarten. Aus den Warnungen der Wissenschaftler ist bitterer Ernst geworden. Der Wald bedarf als erster Akutpatient des Klimawandels in hiesigen Breitengraden der Behandlung.
Der große Unterschied zu den 1990er-Jahren: Diesmal helfen keine Filter gegen die Treibhausgase. Selbst wenn die Menschheit zur Vernunft käme und das Ruder morgen herumreißen würde, wird die Fieberkurve der Erde weiter Grad um Grad ansteigen mit all den fatalen Folgen.
Es ist gerade der Anschauungsunterricht dessen, wie der Wald schon jetzt auf die menschengemachte Erhitzung unseres Planeten reagiert, der selbst so erfahrene Förster wie den Leiter des Forstbetriebs Ebrach, Ulrich Mergner, erschüttert. Er räumt ein: „Unser herkömmliches Waldökosystem funktioniert so nicht mehr.“ Der Klimawandel hat den Steigerwald im Würgegriff.
Dramatische Absterbevorgänge an der Buche
Neu und deshalb umso erschreckender ist nämlich, dass es im Zuge der fortschreitenden Klimaveränderung nun auch Baumarten trifft, die als robust und wehrhaft galten und die bislang keiner auf der Agenda hatte, wenn es um die Effekte des Klimawandels ging. Dazu zählt allen voran die Buche. Sie ist die mit 40 Prozent Anteil häufigste Baumart im Staatsforstbetrieb Ebrach mit seinen insgesamt 17000 Hektar Wald im Nördlichen Steigerwald auf ober- und unterfränkischem Gebiet.
So gibt es bereits dramatische Kronenverlichtungen und Absterbevorgänge an der Baumart im Staatswald. Nach ersten Erhebungen sind auf einer Fläche von 3000 Hektar Buchenbäume in einer kritischen Situation. An manchen Waldorten sind nur noch 20 Prozent der Buchenkronen als gesund anzusehen.
Ulrich Mergner zu den Auswirkungen des Klimawandels: „Das ist eine völlig neue Situation, die wir so noch nicht erlebt haben, und deshalb mehr als nur ein Warnschuss". Und es werde von Woche zu Woche schlimmer.
Trockenheit und Hitze wirken sich tödlich aus
Der Grund für die dramatische Verschlechterung ist die auf das schon trockene und heiße Jahr 2015 in kurzen Abständen nochmals folgende letztjährige und heurige Trockenheit. Auch die Niederschläge des Winters waren zu gering, um das fehlende Bodenwasser aufzufüllen. Vor allem vertrocknen, verbrennen und verdursten Buchen, die an Hangkanten auf den Sandsteinstufen und auf strengen Tonböden stehen.
Ein Klima-Siechtum, das niemand so auf der Agenda hatte. Bislang hatte man gehofft, die Buche sei widerstandsfähiger. Einen Unterschied zwischen aus der Nutzung genommenen und bewirtschafteten Waldflächen gibt es dabei Mergner zufolge nicht. Die Symptome und Schadensbilder seien im Naturwaldreservat identisch.
Fest steht, dass geschädigte Buchen mit geringer Belaubung in der Krone in aller Regel dem Tod geweiht sind. Sie werden in naher Zukunft absterben. Ein schwacher Trost ist hierbei, dass sie immerhin noch verwertet werden können.
Geänderte Strategie bei waldbaulichen Maßnahmen
Seitens der Bayerischen Staatsforsten wurden bereits in Anbetracht der sich verschärften Lage verschiedene Maßnahmen ergriffen, wie Mergner berichtet. Bei waldbaulichen Eingriffen werden ab sofort verstärkt und vorrangig vitale Bäume durch die Försterinnen und Förster gefördert. Die Holzernte konzentriert sich künftig auf ihre „Bedränger“ und gering vitale Bäume. Der Profit muss somit vor der Erhaltung des Waldes zurückstehen. Das erfordert ein Umdenken. Abgestorbene Bäume bleiben als Totholz im Dienste der Artenvielfalt im Wald stehen oder liegen.
Daneben müsse die natürliche Waldverjüngung nach dem Motto „Wald vor Wild“ verstärkt durch intensive Bejagung vor Rehwildverbiss geschützt werden. Bereits in die Wege geleitet sei die Verkehrssicherung an öffentlichen Straßen. Dabei müssen absterbende Bäume gefällt werden, damit sie Verkehrsteilnehmer nicht gefährden.
Zusätzlich zu den Erhebungen am Boden werden satellitengestützte Auswertungen über den Schadensfortschritt erstellt.
Die lebenswichtigen Funktionen des Waldes erhalten
Mittel- und langfristig müsse alles unternommen werden, um die lebenswichtigen Funktionen des Staatswaldes für die Gesellschaft und die regionale Bevölkerung zu erhalten. Dabei geht es um den Schutz des Trinkwassers durch die Quellen und Wasserreservoirs im Wald und des regionalen Klimas, weil die Wälder kühlend auf ihre Umgebung wirken, den Wald als Staub- und Schadstofffilter für eine saubere Luft, die immer wichtiger werdende Kohlenstoffspeicherung und die Erzeugung und Nutzung des umweltfreundlichen Rohstoffes Holz. Die Holzverwendung verlängert die Kohlenstoffspeicherung des Waldes und trägt dazu bei, die fossilen Brennstoffe Kohle und Öl zu reduzieren. Aber schon jetzt würden die Sägewerke in der Region mit Sorge auf ihre Rohstoffbasis schauen, so Mergner weiter.
„Damit die Wälder im Steigerwald auch künftig als Hochwald leistungsfähig bleiben, muss aktiv gehandelt werden", stellt Mergner fest. Das bedeute unter anderem, die derzeitige Zusammensetzung der Waldgesellschaft aus Buche, Eiche und Tanne um weitere Baumarten zu ergänzen. Forstwissenschaftler empfehlen beispielsweise Elsbeere, Feld- oder Spitzahorn.
Die Suche nach dem Super-Klimabaum
Der Forstbetrieb habe auch bereits positive Erfahrungen mit gepflanzten Edelkastanien gemacht. Seit längerem laufen Versuchspflanzungen mit Tannen und Buchen aus Bulgarien, einer Region, in denen schon jetzt das für den unterfränkischen Raum prognostizierte künftige Klima herrscht, so wie auch in Rumänien, Anatolien oder dem Iran. So soll etwa auch die Libanonzeder darauf getestet werden, inwieweit sie als „Zuwanderer“ den Baumarten im Steigerwald beigemischt werden kann.
Die Klimaerwärmung und der C02-Ausstoß müssen dringend gestoppt werden, fordert Ulrich Mergner. So groß die Erfahrungen der Forstleute mit Katastrophen sind und so sehr sie einen Zukunftswald aufbauen wollen – die Bemühungen werden aber nur gelingen, wenn sie die volle Unterstützung der Gesellschaft haben, mahnt der Forstmann.
Mergner macht Fridays fo Future-Aktivisten Mut
Ulrich Mergner begrüßt aus diesem Grund ausdrücklich die Initiativen der Fridays for Future-Bewegung und speziell die Initiative der Schüler des Gymnasiums Gerolzhofen. Fünf von ihnen aus dem Organisationsteam waren an diesem Tag mit nach Handthal ins Steigerwaldzentrum gekommen, um sich über das Ausmaß der Trockenschäden speziell an der Buche im Forstbetrieb zu informieren. Zugleich stellten sie durch ihre Sprecherin Betty Beyer die Beweggründe sowie die bisherigen und künftigen Aktivitäten und Forderungen der Gruppe vor.
In der Waldabteilung Banzerrangen hoch über dem Dorf wurden die jungen Leute hautnah mit todgeweihten Buchen konfrontiert. Es sind solche Standorte, wie dieser oder das Seeholz bei Markertsgrün, das Schwalbenholz zwischen Ebrach und Untersteinbach oder das Naturwaldreservat Brunnstube bei Ebrach, an denen die Vergänglichkeit der Natur im Steigerwald derzeit beispielhaft zu beobachten ist. In den letztgenannten Fällen gelten nur noch 15 bis 30 Prozent der Buchen als gesund. Der Rest ist angezählt, stark verlichtet, gilt bereits als hoffnungslos oder ist schon tot.
Die Folgen des Klimawandels sind plötzlich ganz nah
Die jungen Fridays for Future-Aktivisten zeigten sich sehr betroffen vom Absterben der Buchen vor ihrer Haustür. Betty Beyer beklagte, dass nach wie vor zwar viel geredet, aber nicht wirklich gehandelt werde. Sie unterstrich: „So können wir nicht weitermachen. Es gibt keinen Planeten B“. Jana-Maria Rößner meinte: „Ich wohne keine fünf Kilometer von hier und kann von Mutzenroth die Stollburg vom Küchenfenster aus sehen. Ich bin schockiert, wie die Bäume hier durch den Klimawandel absterben. Auf einmal ist alles so nah und nicht mehr weit weg wie am Amazonas oder in Indien“.
Aber was genau wollten Sie damit jetzt sagen...?
Es ist schon erstaunlich, dass einfach alles, aber auch wirklich alles mittlerweile "dem Klimawandel" zugeschrieben wird. Noch vor zwei oder drei Jahren hat kein Hahn danach gekräht und mit einem Mal ist "der Klimawandel" für alles verantwortlich.
Wir hatten 2003 einen Sommer mit deutlich längerer Hitzewelle und Trockenheit, das war wirklich dramatisch. Aber dieser momentane Hype um "den Klimawandel" raubt einem wirklich den allerletzten Nerv.
wenn Sie einen Topf Wasser auf den Herd stellen und das Wasser kocht, schieben Sie das vermutlich auch nicht drauf, dass draußen die Sonne scheint, sondern dass Sie den Herd angestellt haben.
Gerade die Tatsache, dass es von allen möglichen Ecken und Enden solche Meldungen gibt, sollten (aber nicht nur) Sie als ernstzunehmendes Indiz dafür anerkennen, dass an der "Klimaerwärmung" doch was dran sein könnte.
Ich bin wahrhaftig kein Klimaleugner und durchaus umweltbewusst, wahrscheinlich mehr als mancher Pseudo-Grüner. Aber Sie haben meinen Kommentar nicht richtig verstanden, leider.
Ein Beispiel der momentanen Diskussion: Als Deutschland 2015 von der Flüchtlingswelle überschwemmt wurde, haben sich die Grünen als die Gutmenschen schlechthin aufgeblasen. Umwelt war KEIN Thema mehr. Ich habe mich seinerzeit gefragt, warum sich die Grünen nicht einfach um die Umwelt kümmern können.
DANN kam VW mit dem Dieselskandal.
Und JETZT wurde zuerst der Diesel verteufelt (obwohl jahrelang als umweltfreundlich, weil Sprit sparende Technik propagiert), dann das Auto schlechthin, dann kam "der Klimawandel".
Und nun haben wir einen unsäglichen Hype um alles und jedes, für den "der Klimawandel" verantwortlich sein soll. Es ist einfach nur noch absurd, wie Medien und Politik auf diesen Hype reagieren.
"Blinder Aktionismus ist Zeichen geistiger Windstille".
Es geht schon immer darum jede nur erdenkliche Ressource zu nutzen um den CO2 Ausstoß zu senken und der nachwachsende Rohstoff Holz ist dazu bestens geeignet und nachhaltig genutzt sogar kostenneutral!
Ich schlage Ihnen vor, sich doch einmal ernsthaft mit dem Trittsteinkonzept auseinander zu setzen. Sie werden sehr schnell erkennen, dass es da nicht nur um Brennholz geht.
Im übrigen, auch Hans-Josef Fell sieht in der Waldbewirtschaftung einen gangbaren Weg!
Ich zitiere: „Mit anderen Worten zeigen einige Studien, dass sich mit der Aufforstung überwiegend positive Effekte ergeben und sogar Renditen erzielt werden können. So wirft sie auch im „Betrieb“, sprich bei Wachstum und Ernte, einen hohen ökonomischen Nutzen mit Früchten und Holzernte ab.“
Herr Fell ist meines Wissens nicht für umweltschädliches Verhalten bekannt.
Ich sage nur Trittsteinkonzept.
Gruß
ich lade Sie mal ein den Verein „Unser Steigerwald“ kennen zu lernen.
„Unser Steigerwald“ setzt sich seit über 10 Jahren im engeren Sinn für Umweltschutz ein und damit verbundenen für Klimaschutz.
Umweltschutz ist mehr als nur einen NP zu fordern.
Wir müssen aktiv unseren Wald umbauen!
Der Verein „Unser Steigerwald“ unterstützt das Trittsteinkonzept der Staatsforsten in Ebrach, welches bei Expertenkommissionen größte Anerkennung findet.
„Unser Steigerwald“ setzt sich dafür ein, dass der Steigerwald zukunftsfähig umgebaut wird und dem Klimawandel standhält.
Ein großflächiger Nationalpark, wie ihn Herr Rebnik und die „Freunde des Steigerwaldes“ vehement fordern, würde den Wald, entschuldigen sie den Ausdruck, frecken lassen und somit auch den CO2 Speicher und Sauerstofflieferanten.
Wollen wir das wirklich, zusehen wie der Wald freckt?
Deshalb fördern wir von „Unser Steigerwald“ den intelligenten und modernen Waldumbau!
Gruß
kommt selten vor, aber diesmal bin ich für diese offenen Statements von Ihnen zu den Ideen von "Unser Steigerwald" regelrecht dankbar, @l.saubert sicherlich auch:
"Wir müssen aktiv unseren Wald umbauen!" = Freiluftlabor
Trittsteinkonzept = Freiluftlabor
"„Unser Steigerwald“ setzt sich dafür ein, dass der Steigerwald zukunftsfähig umgebaut wird und dem Klimawandel standhält." = Freiluftlabor
diese Einigkeit hätten wir schon vor über zehn Jahren haben können.
Jetzt müssen wir nur noch Herrn Rebnik und die Menschen in einer ehr urbanen Gegend überzeugen, dass das Trittsteinkonzept nicht das Deckmäntelchen für irgendwelche Machenschaften ist sondern der Umwelt also uns allen zugute kommt.
Nochmals vielen Dank für diese Ehrlichkeit sehr geehrter Herr geowiss.
Gruß
Ja, das steht fest, allerdings ist das keine Premiumlösung für den Steigerwald, sondern eine Ausrede - mehr nicht.
dass wir das Trittsteinkonzept mal über den Lokalteil der Main-Post hinaus auf die Titelseite bringen und ein Kampagne starten.
Das Trittsteinkonzept könnte ein Baustein sein, weltweit exportiert, dem Klimawandel entgegen zusteuern.
Gruß
Der Logik nach dürften ja auch die Regenwälder um den Äquator bewirtschaftet werden - wenn man nur ein paar Inselchen einbaut - sorry. Wälder als CO2-Speicher sollten besser nur bedingt verbrannt werden.
Gegen nachhaltige Nutzung von Holz spricht nichts, das viele sinnlose Verbrennen ist aber nicht nachhaltig. Halte bauten dämmen, Neubauten direkt energiearm planen. Alles andere muss CO2-Bepreisungen bekommen, damit endlich die Luft besser wird.
Das Trittsteinkonzept hat sehr viel mit Klimawandel zu tun.
Das nachhaltig geerntete Holz zu Möbel und Baumaterial weiterverarbeitet ist eine CO2-Senke, die nicht außer acht gelassen werden darf und das nicht verwertbare Holz darf als Todholz im Wald bleiben und wird als Brennstoff verwendet. Dieses ersetzt Heizöl und Gas!
Wenn nur der Regenwald genauso bewirtschaftet werden würde wie der Steigerwald. Aber Sie wissen ja auch, dass die Realität anders ist. Für Palmöl- und Sojaplantagen wird jährlich eine Fläche so groß wie Bayern meist brandgerodet, hier kann man von sinnloses verbrennen sprechen. Verwenden wir den nachwachsenden Rohstoff unserer Regenwälder wie oben.
Natürlich ist die CO2 Vermeidung das oberste Ziel.
Gruß
würde die übrigen Regenwälder der Erde flächendeckend so "nachhaltig" wie der Steigerwald genutzt, können wir uns die Sache gleich sparen und überlegen ob man das nachfolgenden Generationen überhaupt noch antun will erzeugt zu werden ;-/
Nein, der Punkt ist einfach der: Der Forstbetrieb Ebrach steht mit seinen Eingriffen in die alten Buchenwälder vor einem Scherbenhaufen. Und das Weiter-so wird nun mit dem Klimawandel begründet.
Man muss in der Öffentlichkeit auf diesen stur eingehaltenen Irrweg hinweisen.
Wer kein Freiluftlabor will sollte sich jetzt besser auf die Seite den Nationalpark-Befürwortet stellen ;o