Wie in fast allen Gemeinden spielte Musik in Grettstadt in guten wie in schlechten Zeiten eine wichtige Rolle. Dabei waren sowohl die Kirchen- wie auch die Unterhaltungs- und Tanzmusik von großer Bedeutung. Ein Rückblick soll an Kapellen erinnern, die früher einmal sehr gefragt waren.
Sieben Wölfe musizierten
Seit den 1920er-Jahren spielte die Kapelle Wolf bei kirchlichen und weltlichen Anlässen in Grettstadt und Umgebung auf. Bei jedem Festumzug, aber auch bei Tanzabenden bot sie hochwertige Blasmusik. Waren es anfangs nur zwei "Wölfe", so trugen in den 1950ern alle Kapellenmitglieder den Familiennamen Wolf.
Michael Wolf spielte neben verschiedenen Blasinstrumenten virtuos Klavier, sollte mittels Stipendium auf das Konservatorium nach Würzburg, aber dann machte ihm das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Statt des Musikstudiums übernahm er den elterlichen Bauernhof, und so blieb ihm die Musik nur als liebste "Nebentätigkeit". Ein Highlight war für ihn 1980 die Teilnahme an der Steubenparade, als er seine Tante in New York besuchte.
Tanz- und Unterhaltungsmusik mit dem Lommel-Quintett
Erwin Lommel war eigentlich Bauunternehmer, aber sein Herz schlug für die Musik. So formierte er Ende der 1950er-Jahre das Lommel-Quintett, und dieses übernahm in den 1960ern die musikalische Ausgestaltung der Faschings- und Kirchweihtänze in Grettstadt.
Saxofonist Erwin Bandorf erinnert sich: "Wir spielten vorwiegend Unterhaltungs- und Tanzmusik. Unsere zahlreichen Auftritte wurden vermittelt durch die Agentur Kresse in Hannover. In der Anfangszeit transportierten wir die Instrumente mit einer Dreirad-Isetta. Wir spielten im Raum Schweinfurt, Heugrumbach, Bad Dürkheim (Schwarzwald) und an vielen anderen Orten."
Immer wieder waren einzelne Musiker auch bei anderen Kapellen im Einsatz, so Erwin Bandorf bei den Kapellen Fritz Beck und Conny Eckers. Das belebte die Musikszene und förderte die musikalische Qualität.
Auf- und Abstieg des Spielmannszuges Grettstadt (1957-1972)
1957 beschlossen die Mitglieder des TV 07 die Gründung eines Spielmannszuges, dem ersten im Gau Schweinfurt. Zunächst war es nur ein "Züglein" mit nur wenigen Musikern. Im selben Jahr richtete der Verein anlässlich seines 50-jährigen Bestehens ein gauoffenes Turnfest aus, und der Spielmannszug hatte dabei einen ersten Auftritt.
Der Durchbruch kam 1961. In Schweinfurt fand das einwöchige Bayerische Landesturnfest mit 7000 Teilnehmern statt. Ganz Schweinfurt war beim abschließenden Festzug mit 600 Spielleuten auf den Beinen. Der Knabenspielmannszug des TSV Schwarzenbek (nahe Hamburg) war deshalb für einige Tage in Grettstadt untergebracht, und die Einwohner zeigten sich als liebenswürdige Gastgeber. Als Dank gaben die Schwarzenbeker ein Standkonzert vor der Pfarrkirche und kamen ein Jahr später noch einmal.
Diese beiden Besuche zeigten Wirkung: 1963 umfasste der Grettstadter Spielmannszug bereits 59 Aktive unter Leitung von Hans Salomon und Alois Weber. Nachdem sich 1962 die beiden jahrelang getrennten Grettstadter Sportvereine TV und FC wieder zusammengeschlossen hatten, war es in der Folgezeit der Spielmannszug des TSV 07, der eine echte Blütezeit erlebte.
Man unternahm mehrtägige Fahrten. 1963 nach Goslar, Hamburg und Schwarzenbek, später auch zum Bayerischen Landesturnfest nach Augsburg, Coburg, Konstanz und an den Genfer See. Der Zulauf zum Spielmannszug war enorm und die Begeisterung groß. Für das Jahr 1966 berichtet die Vereinschronik von 18 Einsätzen.
Man spielte beim Besuch des Bundespräsidenten Heinrich Lübke in Grettstadt, beim Faschingsumzug in Würzburg, bei verschiedenen Gauturnfesten und Vereinsjubiläen im Landkreis. In Lauf gewann die Formation die Nordbayerische Meisterschaft der Spielmannszüge. Als Dirigent Hans Salomon 1969 völlig unerwartet starb, hatte das auch das Ende des Spielmannzuges zur Folge. Trotz aller Bemühungen beendete dieser 1972 seinen Spielbetrieb. Die Jugendlichen hatten inzwischen andere Interessen.
Big Band des Gesangvereins Grettstadt
Entstanden war sie aus der Idee des Chorleiters Norbert Kraus, bei den Faschingssitzungen neben dem Chor eine Live-Kapelle auftreten zu lassen. Der Erfolg dieser Parodie der "James Last-Band" war 1981 so durchschlagend, dass Kraus vom Vorstand des GSV grünes Licht für die Verwirklichung einer Big Band bekam.
In der Folgezeit warb er neue Musiker an und stellte geeignetes Liedgut zusammen. Die meisten Mitwirkenden kamen von Blaskapellen. Das Musizieren in einer Big Band erforderte von ihnen eine weitgehende Umstellung.
Um nicht nur zusammen mit dem Chor Auftritte realisieren zu können, erarbeiteten sich die Musiker Stücke, zu denen man auch tanzen konnte. Herbst- und Frühjahrsbälle waren damals in. So wagte die Big Band ihren ersten Herbstball in Grettstadt, der ein großer Erfolg wurde.
Davon motiviert entwickelten sich die Bandmitglieder weiter und waren bald im Raum Schweinfurt ein gefragtes Tanzorchester. Aber nicht nur für Tanzveranstaltungen wurde die Big Band gebucht, sondern auch für Konzerte.
Als sie gemeinsam mit dem Chor für vier Tage nach Riffian (Südtirol) fuhr, um gemeinsam mit dem dortigen Jugend- und Kirchenchor ein Gemeinschaftskonzert zu geben, kam es bei der Rückreise zu einem Spontanauftritt, nachdem sich am Grenzübergang ein kilometerlanger Fahrzeugstau gebildet hatte. 2008 konnte die Big Band letztmals anlässlich des 100-jährigen Bestehens des GSV in der alten Besetzung unter Leitung von Norbert Kraus ihre musikalische Qualität unter Beweis stellen.
Berufliche und persönliche Gründe lichteten danach die Reihen der Big Band, und sie fiel in einen Dornröschenschlaf. 2015 wurde sie zwar als eine Art Revival-Band mit stark veränderter Mannschaft vom Vorstand des Gesangvereins noch einmal wach geküsst, aber der Zauber der frühen Jahre kam dabei nicht mehr auf.