Eine Nachricht auf einem Zettel an der Hausarztpraxis in der Grettstadter Sonnenstraße, sorgt derzeit für wenig Freude in der Gemeinde. Die Filialpraxis von "Dr. med. Schorb & Kollegen" müsse zum 1. September schließen, teilt Dr. Winfried Schorb seinen Grettstadter Patientinnen und Patienten mit. Bis zum 27. August, so die Nachricht, sei die Praxis noch besetzt, danach könnten alle gerne in seine Hauptpraxis nach Haßfurt kommen.
Die Praxisschließung und das Angebot, zu den Sprechstunden ins über 20 Autokilometer entfernte Haßfurt zu kommen, löst bei vielen Grettstadtern das genaue Gegenteil von Begeisterung aus. Vor allem ältere und nicht mehr so mobile Menschen halten wenig davon, sich künftig ins Auto setzen zu müssen, um ihren Hausarzt zu erreichen – oder sich einen neuen Arzt ihres Vertrauens zu suchen. Der oder die wäre dann, so der aktuelle Sachstand, auch nur außerhalb Grettstadts zu finden, denn die Praxis in der Sonnenstraße ist die einzige im Ort.
Personalmangel ist einer der Gründe
Dr. Winfried Schorb teilt auf Nachfrage mit, dass es ihm nicht leicht gefallen sei, die Ende 2017 von Dr. Hermann Kraus übernommene Praxis nach weniger als vier Jahren wieder aufzugeben. Personalmangel bei den medizinischen Fachangestellten nennt er als Hauptgrund für die Schließung. "Und es gibt keine Ärzte", ergänzt er im Hinblick darauf, dass es nicht gelungen sei, dauerhaft einen Arzt oder eine Ärztin, zu finden, der oder die sich im erforderlichen Umfang der Filialpraxis in Grettstadt widmen könne.
Schweren Herzens müsse er die Praxis aufgeben, so Dr. Schorb. Die Schließung der Filialpraxis Grettstadt erfolge aber auch "aufgrund von Regressen der Kassenärztlichen Vereinigung", ergänzt er ohne näher auf deren Art und Umfang einzugehen. (Anmerkung der Redaktion: Nach dem Gesetz müssen sich Ärzte, die nach Abzug aller Praxisbesonderheiten ihr Richtgrößenvolumen um 15 bis 25 Prozent überschreiten, beraten lassen. Liegt die Überschreitung bei mehr als 25 Prozent, wird ein Regress, also eine Rückforderung festgesetzt.)
Bürgermeister Ewald Vögler: Gemeinde bleibt nicht untätig
"Bei mir klingelt ständig das Telefon, weil oben an der Arztpraxis ein Schild hängt, auf dem steht, dass die Praxis ab September geschlossen ist". Bürgermeister Ewald Vögler bekam schon jede Menge Anrufe und hatte zahlreiche Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, denen er erklären soll, wie es denn nun weitergehe mit der einzigen Hausarztpraxis für Grettstadt und seine Ortsteile. Aber eine verbindliche Antwort darauf gibt es derzeit nicht.
"Wir sind am Arbeiten, es laufen Gespräche. Uns ist bewusst, dass die Hausarztversorgung ein wichtiges Standbein der Daseinsfürsorge in der Gemeinde ist", betont Vögler. Mit der Ankündigung der Praxisschließung sei auch die Gemeinde vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Tatsachen, die nun Kopfzerbrechen machen. Zwar habe es im Vorfeld ein Telefonat mit Dr. Schorb gegeben, in dem der seine noch undatierte Schließungsabsicht kundtat. Dass es dann so schnell so weit war, davon sei auch er überrascht worden, so Vögler.
Zwar entscheiden andere, zum Beispiel bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB), über die Nachbesetzung einer Praxis, dennoch sei man alles andere als untätig, versuche alles, um wieder eine hausärztliche Versorgung nach Grettstadt zu bekommen. Auch wenn man als Kommune keinen Einfluss darauf habe, ob nachbesetzt wird oder nicht, schaue man als Gemeinde Grettstadt ganz genau hin, wo man mithelfen könne, damit der Arztsitz zum Beispiel für eine junge Medizinerin oder einen Mediziner attraktiv erscheint.
Kassenärztliche Vereinigung spricht von drohender Unterversorgung
Das unbedingt zu vermeidende Szenario "Kein Hausarzt im Ort" würde nicht nur ältere Menschen treffen, sondern alle, ist Bürgermeister Ewald Vögler überzeugt und nennt das Beispiel von jungen Familien mit Kindern, denen kurze Weg zum Arzt im Dorf genauso wichtig seien wie älteren Menschen, die sonst auf das Auto angewiesen wären, um die ärztliche Grundversorgung wahrnehmen zu können. In der Gemeinde Grettstadt mit seinen drei Ortsteilen Dürrfeld, Obereuerheim und Untereuerheim leben etwa 4500 Menschen. Die Frage, die die Grettstadter nun umtreibt: "Was geschieht mit dem Arztsitz, geht er zurück an die Kassenärztliche Vereinigung oder bleibt er in Grettstadt?"
"Die Ankündigung, die Filiale in Grettstadt zu beenden, kam für die Berater in der Bezirksstelle durchaus überraschend", so die Kassenärztliche Vereinigung Bayern, Bezirksstelle Unterfranken in Würzburg, auf Nachfrage. Aktuell sei die Filiale acht Stunden pro Woche besetzt. Interessensbekundungen beziehungsweise Nachfragen für den Standort Grettstadt lägen – auch aufgrund der Kurzfristigkeit – bislang keine vor, heißt es weiter. Grettstadt liege im hausärztlichen Planungsbereich Schweinfurt Süd. Der Landesausschuss habe für diesen Planungsbereich eine drohende Unterversorgung festgestellt. "Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern hat hierfür Fördermöglichkeiten ausgelobt, worauf unsere Berater bei Anfragen hinweisen."
wenn die Gemeinde einen intakten Bahnanschluss hätte, könnten sich auch Personen mit Mobilitätsproblemen schnell und bequem in den Zug setzen (und bei Bedarf in Schweinfurt Hbf. in die Verbindung nach Hassfurt umsteigen, um den hier noch praktizierenden Hausarzt Dr. Schorb zu erreichen).
Mit einem People Mover oder einem Radschnellweg à la Gerhard Eck kommen ältere Leute oder Mütter mit Kindern nur sehr schlecht - wenn überhaupt - zum Ziel.
leider gibt es immer noch einige beratungsresistente Bürgermeisterlein.
Auch Frau Dr. Bwanausi-Lang (Internistin) hat sich mit Nachfolge lange schwer getan....
man muss auch mal 'hinter den Betrieb' einer (Hausarzt- oder Facharzt-)Praxis machen..... das sind keine billigen Selbstläufer