zurück
Gerolzhofen
Glosse zur Woche: Von wegen ruhige Zeit der Nächstenliebe – Wie weit es mit dem Gerolzhöfer Advent gekommen ist
Der Bürgermeister tritt in seiner Freizeit als Punkmusiker auf. Der Stadtrat bietet eine Notunterkunft für Geflüchtete an, weil's Vorteile bietet.
'Gine' wirb als grinsender Smiley mit Engelsflügeln für die Weihnachtsstadt Gerolzhofen.
Foto: Andreas Stöckinger | "Gine" wirb als grinsender Smiley mit Engelsflügeln für die Weihnachtsstadt Gerolzhofen.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:10 Uhr

Dass der Advent mit seinem Anspruch, eine Zeit innerer Einkehr, besinnlicher Stunden, leiser Töne und gar Nächstenliebe zu sein, nicht standhält, zeigt sich auch dieses Jahr. Der auf Konsum getrimmte Einzelhandel läuft vor Weihnachten zur Hochform auf. Gefühlt jede und jeder hetzt Weihnachtseinkäufen hinterher, und die Terminkalender platzen aus allen Nähten. Erst an Heiligabend kommt der Apparat zum Stillstand – von 100 auf null, im Nullkommanichts. Das vertragen auch nicht alle.

Zwei Beispiele aus dem Gerolzhöfer Leben zeigen, was aus dem Advent geworden ist. Thorsten Wozniak wird am Vorabend des dritten Adventssonntags mit seiner Band EIS ganz neue Töne anstimmen. Leise und besinnlich dürften diese eher nicht sein. Denn was der Gerolzhöfer Bürgermeister in seiner Freizeit als Frontmann von EIS im Volkacher Club "Dschungel" abliefern wird, ist nicht nur das "Comeback des Jahres", wie es die nach 31 Jahren Pause wiederbelebte Punk-Band ankündigt.

Wie Punk und Jesuskind harmonieren

Punk steht für eindringliche Botschaften, die in Liedtexten deutlich und oft auch laut rüberkommen. Kritik an Politik, Gesellschaft und Zeitgeist sind sozusagen ein Markenzeichen des Genres. Also eher wenig Lametta und "Stille Nacht, heilige Nacht". Wobei ein christlicher Kerngedanke von Weihnachten einem Punkmusiker durchaus gefallen dürfte: Ausgerechnet Gott schickt seinen Sohn als Windelkind in die Welt. Welch Provokation!

Das biblische Thema der Herbergssuche beschäftigte diese Woche auch den Gerolzhöfer Stadtrat. Die Frage lautete: Möchte die Stadt eine Unterkunft für geflüchtete Menschen bereitstellen. Gegen deren Aufnahme sprach sich niemand aus. Doch zeigte sich: Nächstenliebe spielte in der Entscheidung, dem Landkreis die Stadthalle als Notunterkunft anzubieten, eine untergeordnete Rolle.

Suche nach dem kleineren Übel

Die meisten Stadtratsmitglieder wollten vor allem verhindern, dass der Landkreis seine Dreifachturnhalle wieder mit Geflüchteten belegt und womöglich lange Zeit für den Vereinssport sperrt. Dann lieber alternativ die Stadthalle an den Kreis und für die Geflüchteten verpachten. Das erscheint – spitzfindig betrachtet – den meisten Stadträtinnen und Stadträten als kleineres Übel.

Von Willkommenskultur zeugen auch nicht die von manchen in Gerolzhofen geäußerten Bedenken gegen eine Notunterkunft und pauschal erhobenen Sicherheitsbedenken. Auch die im Stadtrat aufgekommene Idee, eine Notunterkunft als Containerdorf nahe der Kläranlage zu errichten, ist kein Glanzlicht des Gerolzhöfer Advents. Dass dafür ausgerechnet die Fraktion, die sich aufs Christlichsoziale beruft, verantwortlich ist, lässt staunen. Oder stand auch hier die Bibel Pate? Die heilige Familie fand schließlich Unterschlupf in einem Stall, weil sie nirgends sonst unterkam. Der Geruch dort dürfte dem eines Klärbeckens geähnelt haben.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gerolzhofen
Michael Mößlein
Adventssonntage
Bibel
Glosse Moisle
Stadt Gerolzhofen
Stadthalle Schweinfurt
Thorsten Wozniak
Weihnachtseinkäufe
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top