"Die Tür des Gesprächs-Ladens ist für alle geöffnet. Hier ist jemand, der Zeit hat und zuhört. Nutzen Sie das Angebot für sich und sagen Sie es weiter." Die Botschaft, die Lorenz Hummel – seit einigen Wochen neuer Leiter des Gesprächs-Ladens am Marktplatz – an Hilfesuchende hat, ist eindeutig. Mit "sich Zeit nehmen und Zuhören" konkretisiert der 57-jährige Diplom-Theologe und Pastoralreferent die Schwerpunkte seines Angebotes, das er gemeinsam mit seinem ehrenamtlichen Team (12 Personen) im Gesprächs-Laden macht. Lorenz Hummel ist als Gesprächsladen-Leiter Nachfolger des langjähriges Leiters Robert Bundschuh, der im Sommer in den Ruhestand ging.
Zuhören wie Momo es im gleichnamigen Buch von Michael Ende macht. Momo, eine Romanfigur, die Lorenz Hummel schon immer fasziniert hat, schafft es einfach durch "da sein und Zuhören", dass Menschen schon durch die Formulierung ihrer Probleme auf kluge Gedanken kommen und neue Perspektiven gewinnen. So einfach ist es natürlich nicht immer. Deshalb sieht sich der Gesprächs-Laden mit seinen niederschwelligen Gesprächs-Angebot auch als Vermittlungsstelle an andere Einrichtungen oder auch Behörden, die dann mit ihrer Professionalität weiterhelfen können.
Für Hummel, verheiratet, Vater von vier Kindern, ist Schweinfurt auch irgendwie Neuland. "Als ich die Stellenbeschreibung gelesen habe, hat mich das gleich angesprochen", so Lorenz Hummel, der überzeugt ist, mit der Leitung des Gesprächs-Ladens eine spannende Herausforderung für die letzte Etappe seiner beruflichen Laufbahn angenommen zu haben. Aber "ich bin nicht weggegangen, um wegzugehen". Die Pastoralarbeit vor allem auch mit Kindern und Jugendlichen habe ihm viel Spaß gemacht.
Seit 31 Jahren Pastoralreferent
Seit 31 Jahren Pastoralreferent und mit seiner Familie in Rottenbauer bei Würzburg lebend, ist so ein Gesprächs-Laden für ihn eine neue Erfahrung. Natürlich hat er in den Pfarreiengemeinschaften, in denen er tätig war (zum Beispiel in den Haßbergen und zuletzt 19 Jahre in Rottenbauer), schon unzählige Gespräche geführt. Neu ist die Konzentration auf die direkte Kommunikation. Und in dieser Hinsicht konnte er in den ersten Wochen im Gesprächs-Laden schon reichlich Erfahrungen sammeln. Fast 100 Gespräche wurden seit Mitte September von ihm und seinem Team geführt.
Gespräch, Beratung, Seelsorge, Information, Trauerbegleitung – das und viel mehr, selbstverständlich vertraulich, unbürokratisch, kostenfrei und dank der offenen Tür auch nach Möglichkeit spontan und ohne Termin, ist auch weiterhin das "Kerngeschäft" des Gesprächs-Ladens. Die Pandemie scheint den Bedarf dafür noch einmal erhöht zu haben. "Wer vorher schon einsam war, wird durch Corona noch einsamer, oder die Menschen merken erst jetzt, wie wichtig ihnen eigentlich die Chorprobe war, die nicht mehr stattfindet", so eine erste Erfahrung von Lorenz Hummel. Er will den Gespächs-Laden nicht neu erfinden, sondern ganz im bewährten Stil des Robert Bundschuh weiterführen. Dennoch hat er Ideen, die er umsetzen will, um dann zu schauen, wie sie angenommen werden.
Unter dem Arbeitstitel "Atemholen mitten am Tag" will er im Advent immer am Mittwoch kurz nach 12 Uhr eine etwa viertelstündige Auszeit anbieten. Text, Musik, Stille, ein Impuls für den Tag, eine Insel im Arbeitstag soll diese spirituelle Viertelstunde sein, zu der jede und jeder einfach so kommen kann. "Die Lage am Markt ist dafür ideal", glaubt Lorenz Hummel. Behörden, Geschäfte, Markttreiben ganz in der Nähe – genug Publikum mit Bedarf an einer "geistigen Erfrischung".
Geplant: Stempelstelle für den Jakobsweg
Die Gruppe der Trauernden trifft sich weiterhin jeden 2. Montag im Monat. Auch abendliche Laden-Gespräche zu einem bestimmten Thema, wie zum Besispiel "Zwischenräume und Aufbruch", kann er sich gut vorstellen. Als passionierter Pilger, der den Lockdown genutzt hat, selbst wieder Etappen des Jakobswegs zu laufen, kann er sich sehr gut vorstellen, den Gesprächs-Laden auch zur Stempelstelle des Jakobswegs zu machen. Eine Weg-Variante des Pilgerpfades führt über Schweinfurt, die Gaststätte "Löwenzahn" ist Pilgerunterkunft. Was liegt da näher, als auch die Stempel in Schweinfurt anzubieten. Außerdem, so seine Erfahrung, seien Pilger oft aus gutem Grund alleine unterwegs. Auch aus der Selbstreflexion mit sich selbst auf diesem Weg entsteht Gesprächsbedarf.
"Unsere Tür steht offen, kommen Sie, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist", erweitert er sein Angebot an die Schweinfurter und die Landkreisbürger. Geöffnet ist von Montag bis Mittwoch von 10 bis 14 Uhr, am Donnerstag und Freitag von 14 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung unter Tel. 09721 207955. Elektronische Anfragen sind unter info@gespaechsladen-schweinfurt.de möglich.
Die offizielle Amtseinführung findet – natürlich unter Coronabedingungen und deshalb im kleinen Rahmen – am Donnerstag, 29. Oktober, um 16 Uhr in den Räumen am Marktplatz 20 statt. Stadtpfarrer Joachim Morgenroth segnet die neuen Räume, die Amtseinführung übernimmt Christine Endres, Abteilungsleiterin für Diakonische Pastoral der Diözese Würzburg.