Ludwig Bandorf hat mit seinem Oldtimer am Sonntag in Gerolzhofen einen guten Standplatz ergattert. Er steht an der Ecke Breslauer-/Bürgermeister-Weigand-Straße, am Rand des Marktplatzes. Der Strom an Menschen, die die "Geo Classics", das große Oldtimer-Treffen im Rahmen des Stadtfestes besuchen, reißt nicht ab. Die Kenner unter ihnen bleiben bei Bandorf und seinem Dixi DA 1 stehen und staunen. Es ist eines der außergewöhnlichen Fundstücke unter den weit über 200 in der Altstadt ausgestellten Fahrzeugen.
Denn mit den bekannten, gleichnamigen Mobil-Toiletten hat das historische Fahrzeug des Sennfelders nichts zu tun, lediglich die Größe ist vergleichbar. "Von der Limousine existieren nur noch vier Stück", sagt der 83-jährige Oldtimer-Besitzer. Eine davon steht neben ihm, produziert im Jahr 1929 in der Dixi-Fahrzeugfabrik in Eisenach. Der Oldtimer hat vier Zylinder und 15 PS.
Der Dixi ist ein ganz besonderes Geburtstaggeschenk
Der Besitzer verbindet mit dem Gefährt, das dasteht, als wäre es gestern erst aus der Fertigungshalle gerollt, eine ganz persönliche Lebensgeschichte. "Der Dixi war 1969 mein Geburtstagsgeschenk, zum 21. Geburtstag", sagt er. Es ist sein erstes Auto. Bis heute bewege er es immer wieder mal. "Nur bei Regenwetter kommt er nicht raus", sagt der Sennfelder.
Doch von Regen ist an diesem Sonntag, der seinem Namen alle Ehre macht, weit und breit nichts zu sehen. Ab dem späten Vormittag knallt die August-Sonne vom Himmel, es ist aber nicht mehr so heiß wie an manchen Tagen zuvor. Die Straßen der Altstadt sind gut belebt. Neben den Besucherinnen und Besuchern kommen selbst am Nachmittag immer wieder weitere Oldtimer angetuckert. Andere fahren dafür weiter.
Chaos auf den Zufahrtsstraßen blieb aus
Günter Engert von der Gerolzhöfer Motorsportvereinigung, die das Oldtimer-Treffen organisiert, ist nachmittags bereits mehr als zufrieden. 250 Oldtimer dürften es sein, die nach Gerolzhofen gekommen sind – mindestens, schätzt er. Auf jeden Fall seien es deutlich mehr, als sich angemeldet hatten, und mehr als bei den bisherigen "Geo Classics". So viel steht schon jetzt fest. Trotz der Größe kam es zu keinem Chaos auf den Zufahrtsstraßen, auch dank der Verkehrsregelung, die Helfer des Technischen Hilfswerks Gerolzhofen unterstützt haben.
Das Publikum auf den Straßen ist bunt gemischt, von Jung bis Alt, vom Oldtimer-Kenner, der sich bei manchen Raritäten immer wieder neu verliebt und ausgiebig jedes Detail betrachtet und fotografiert, bis hin zu denen, die an dem glänzenden Chrom und dem tadellosen Lack der Ausstellungsstücke einfach so vorbeischlendern. Jede und jeder findet etwas, was gefällt.
Auto mit Wankelmotor und einer besonderen Geschichte
An vielen Fahrzeugen stehen die stolzen Besitzer daneben und erzählen gerne Geschichten zu ihren Prachtexemplaren. Dieter Huhnstock gehört dazu. Er ist mit einem NSU Ro 80 mit Wankelmotor aus Bad Neustadt angereist. Erstzulassung des Autos: im Jahr 1976. Auf einem Schild, das am Auto klebt, ist nachzulesen, dass viele von denen, die am Auto vorbeilaufen, dieses unbewusst einmal gesehen haben dürften, in einem Fernsehkrimi.
Denn Huhnstocks Ro 80 war vor einigen Jahren in einer "Tatort"-Folge als Dienstwagen von Ermittler Felix Murot, den Schauspieler Ulrich Tukur verkörpert, zu sehen. Der 84-jährige heutige Besitzer hat den Wagen erst nach dessen Auftritt als Filmauto gekauft. Er hatte da eine Krankheitsgeschichte überwunden und noch "aus dem Klinikbett heraus", wie er sagt, den Ro 80 bestellt. Er hatte einen solchen Wagen schon zuvor besessen, diesen dann aber vor dem Klinikaufenthalt verkauft. Dann merkte er: Ohne Ro 80 ist das Leben nur halb so schön. Und besorgte sich einen Ersatz, der dem Vorgänger genau glich.
Nicht nur der Spritverbrauch ist aus der Zeit gefallen
Dieses Auto steht nun hier in Gerolzhofen vor dem Floriansbrunnen. Huhnstock fährt den Ro 80 noch regelmäßig, selbst zum Grünschnittplatz kutschiert er damit. Allerdings, gibt er zu, macht sich die Spritgier des Wankelmotors derzeit unvorteilhaft bemerkbar. 15 Liter auf 100 Kilometer schluckt dieser – da reicht der 60 Liter Tank nicht allzu weit. Und im Geldbeutel tut's auch weh.
Doch nicht nur der Spritverbrauch der meisten ausgestellten Oldtimer ist etwas aus der Zeit gefallen. Auch deren Ausdünstungen erinnern an Zeiten, die weit zurückliegen, bei vielen Besucherinnen und Besuchern aber ebenso alte Erinnerungen wachkitzeln, wie der Anblick der Autos an sich. Sätze wie "Ach, schau mal, so einen bin ich früher auch mal gefahren" sind immer wieder zu hören. Dies liegt auch daran, dass eben nicht nur einstige Luxusschlitten zu sehen sind.
Auch Allerweltsautos fanden ihren Platz
Auf dem Marktplatz beispielsweise steht neben einem Opel Rekord von 1961 ein Kadett aus Rüsselsheim, Baujahr 1984. Eigentlich ein Allerweltsauto, ebenso wie die nebeneinander stehenden Einser-Golf von VW hinter der Stadtpfarrkirche – doch die allermeisten dieser millionenfach produzierten Autos haben das Oldtimer-Alter eben nie erreicht, weil sie nicht so gut gehegt und gepflegt wurden wie die Exemplare, die hier zu sehen sind.
Manche Besitzer von Cadillacs, Chevrolets & Co. tragen ihren Stolz offen zur Schau. Auf einem als Sonderanfertigung cremegelb lackierten Mercedes Benz 300 SL Roadster an der Ecke Markt-/Salzstraße etwa steht auf der Motorhaube ein Pokal. Dieser möchte beweisen: Die 51 Jahre alte Pracht auf vier Rädern hat einen ersten Preis beim diesjährigen Oldtimer-Meeting in Baden-Baden errungen. Schön.
Oldtimer im Stil einer Limousine der 1930er Jahre
Zurecht stolz auf sein Gefährt ist auch Jürgen Zetzmann aus Rödental bei Coburg. Sein Excalibur Phaeton IV wurde im Jahr 1984 als einer der letzten seiner Art hergestellt, "alles in Handarbeit", wie der Besitzer erzählt. Die Limousine ist dem Stil großer Wagen der 1930er Jahre nachempfunden. "Bei gutem Wetter fahre ich grundsätzlich mit diesem Auto", sagt Zetzmann, der neben diesem Acht-Zylinder noch einen alten Jaguar mit zwölf Zylindern besitzt. Als Mitglied eines Oldtimer-Klubs ist ständig auf Oldtimer-Ausstellungen unterwegs, an diesem Wochenende sogar an zwei Tagen hintereinander.
Aus der Reihe fällt nicht weit entfernt das Ausstellungsstück von Klaus Wagenhäuser aus Wülflingen bei Haßfurt. Allerdings merkt man erst auf den zweiten Blick, dass es sich bei dem vermeintlichen roten Mercedes SSK von 1930 um kein Original, sondern um einen Nachbau handelt. Wagenhäuser hat darin sein Hobby gefunden, Oldtimer-Modelle nachzubauen, in einem etwas verkleinerten Maßstab. Und es gibt einen zweiten, fast schon zeitgemäßen Unterschied: Seine Nachbauten haben einen Elektromotor.
Oldtimer-Nachbauten mit Elektromotor sind fahrbereit
Umweltschutzgedanken spielen dabei für den früheren Fuhrunternehmer aber weniger eine Rolle als der Umstand, dass der 3000-Watt-Motor das Fahrzeug auf maximal sechs Stundenkilometer beschleunigt. Damit gelten die Gefährte als Spielzeug. "Jeder darf die fahren, und überall", sagt Wagenhäuser, der bereits fünf Modelle und einige Bulldogs gebaut hat, erst mal für sich und nicht zum Verkauf.
Ganz ohne Sprit, mit reiner Muskelkraft, bewegen sich die Oldtimer, die in der Spitalstraße ausgestellt sind: historische Fahrräder. Bei den alten Mopeds und Motorräder dagegen, die gleich daneben stehen, qualmt es ganz ordentlich, als eines davon gestartet wird. Dieser Sound darf bei einem solchen Oldtimer-Treffen halt auch nicht fehlen.