Erneut kommen in der Corona-Krise schwere Zeiten auf die Gastronomen zu. Denn seit dieser Woche heißt es für Restaurants und Gaststätten in ganz Deutschland zum zweiten Mal: Wer von dort etwas zu Essen möchte, der muss sich die Gerichte als Take-Away holen oder nach Hause liefern lassen. Wegen des Lockdowns müssen bundesweit alle Lokale bis einschließlich 30. November schließen schließen. Die Lage ist brenzlig – und Wirte in Handthal, Gerolzhofen und Frankenwinheim bangen um ihre Existenz.
"Die Stimmung ist am Boden", sagt Steven Steinruck, Pächter des "Forellenhofs" in Handthal. In den letzten Monaten habe der 26-Jährige alles dafür getan, um die Hygienekonzepte der Regierung umzusetzen und seinen Gästen somit Sicherheit zu gewähren. Doch trotz Trennwänden aus Plexiglas, der Einhaltung des Mindestabstand und dem ständiges Tragen der Maske heißt es für den "Forellenhof", sowie für viele andere auch: Gäste raus.
Steinruck sagt, er könne kaum ausdrücken, wie erdrückend das Gefühl gewesen ist, als die Regierung in der letzten Woche den zweiten Lockdown verkündet hat. In den vergangenen Monaten habe er alles gegeben. "Und dann wird einem plötzlich wieder zugemacht. Da hat man mit Existenzängsten zu kämpfen." Wie es weitergeht, weiß der Pächter des "Forellenhofs" nicht. "Wie kommen wir jetzt wieder durch die schwere Zeit? Gerade im Winter, wenn man um jeden Gast kämpfen muss..."
Forellen und Karpfen als Essen-to-Go
Der 26-Jährige will die Finanzspritze der Regierung beantragen, doch große Hoffnungen macht er sich nicht. Zwar bekommen Unternehmen, Betriebe und Selbstständige, die von der vierwöchigen Schließung betroffen sind, eine finanzielle Unterstützung. Die Staatshilfe beträgt laut der Bundesregierung 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats und gilt für Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern. Steinruck vermutet, dass es dabei jedoch, ähnlich wie beim ersten Lockdown, eine Staffelung je nach Mitarbeiteranzahl geben wird. "Das deckt dann nicht mal den Grundansatz der Kosten, die wir haben, mit Pacht, Personal und Fixkosten."
Planungssicherheit fehlt
"Wir kleinen Betriebe, wir kämpfen schon sehr", sagt auch Josef Kraus, Chef des "Gasthauses zur Sonne" in Frankenwinheim. Der 71-Jährige führt den Familienbetrieb mittlerweile in der fünften Generation. Durch die Hygiene-Maßnahmen sank das Platzangebot für die Gäste in den letzten Monaten von 120 auf 60 Plätze. Seit Montag darf dort kein einziger Gast zum Essen kommen. Stattdessen bietet das Gasthaus nur noch "Essen to go" über einen Straßenverkauf an, so Kraus. "Aber das ist für uns nicht einfach. Wir sind vorbereitet und haben Lebensmittelbestände, die müssen ja auch wieder verkauft werden."
Beim ersten Lockdown im Frühjahr habe die To-Go-Methode gut geklappt, erzählt Kraus. "Da hatten wir auch die Becken voll gehabt mit Forellen und Karpfen." Wie sich der Verkauf in den nächsten Wochen entwickle, wisse er allerdings nicht. "Da muss man jetzt einfach abwarten." Ihn stört vor allem die fehlende Kontinuität in den vergangenen Monaten, auch jetzt. "Alle paar Tage kommen andere Nachrichten. Da hat man keine Planungssicherheit."
Infektionen durch heimliche Treffen
"Wir müssen mit diesem Virus leben" - davon ist Ruth Döpfner, Inhaberin des "Tors zum Steigerwald" in Gerolzhofen überzeugt. Obwohl sie versucht, stets positiv in die Zukunft zu sehen, ist sie dennoch von der Entscheidung der Regierung enttäuscht. "Es ist nicht damit getan, dass man einfach bestimmte Gewerbezweige schließt." Denn dadurch werde auch den Jugendlichen die Perspektiven genommen. Wegen Corona hat Döpfner in diesem Jahr keine Auszubildenden eingestellt, "weil wir halt auch nicht wissen, was ist und was noch kommt."
Doch das Wirtschaftsleben muss aufrecht erhalten werden, davon ist die 61-Jährige felsenfest überzeugt. "Die Leute wollen sich treffen und unterhalten, essen und trinken, das ist Lebenskultur." Sorgen macht sie sich darum, dass die Anzahl der Neuinfektionen trotz des Lockdowns wohl nicht nach unten gehen wird. Denn anstatt sich in Gaststätten oder Restaurants mit vorgeschriebenen Hygiene-Konzepten zu treffen, könnten sich mehrere Personen unter Verletzung der geltenden Corona-Auflagen privat zu Hause treffen. "Und alles, was man heimlich macht, das ist schlecht", sagt Döpfner.
Kaum Ansteckungen in der Gastronomie
Auch Josef Kraus vermutet, dass durch den Lockdown der Gastronomie das Infektionsgeschehen weiter im privaten Raum steigen wird: "Dort werden die Hygieneregeln nicht eingehalten." Seine Annahme deckt sich mit aktuellen Meldungen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Denn laut RKI finden nur 0,5 Prozent der Ansteckung mit dem Coronavirus in der Gastronomie statt – wesentlich höher ist die Infektionssrate im privaten Bereich.
Der Gastwirt aus Frankenwinheim ist der Ansicht, man könne zwar über die Schließung jammern – darum herum komme man aber nicht. Er wünscht sich, dass der erneute Lockdown seinen Zweck erfüllt und die Infektionszahlen dadurch sinken, "damit es zu Weihnachten wieder besser wird." Bis dahin hoffen die Gastwirte Steinruck, Kraus und Döpfner unisono auf die Unterstützung ihrer langjährigen Kunden – durch den Kauf von Gutscheinen, durch Essenslieferungen oder per Take-Away-Speisen.