Die einzige Hausarztpraxis in Grettstadt, zuletzt betrieben von "Dr. Schorb & Kollegen", schließt zum 1. September. Dr. Winfried Schorb konzentriert sich auf seine Hauptpraxis in Haßfurt, gibt unter anderem Personalprobleme und Regressforderungen der kassenärztlichen Vereinigung für den Rückzug aus Grettstadt an. Gründe, die Dr. Hermann Kraus, fast 37 Jahre Grettstädter Hausarzt, nicht nachvollziehen kann. Deshalb hat er sich in einer Stellungnahme an diese Redaktion gewandt, in der er einiges klarstellen möchte, wie er schreibt.
Eine Stellungnahme, der nicht nur zwischen den Zeilen zu entnehmen ist, dass er sich manches anders vorgestellt hatte, als er am 1. April 2017 die Praxis übergab, in der er anfangs noch selbst praktiziert hatte. Zum Beispiel eine längerfristige Hausarztversorgung für die Grettstädter vor Ort. "Als Praxisstandort wurde damals bewusst Grettstadt vertraglich festgelegt. Zeitgleich wurde mit meiner Frau ein Mietvertrag für die Praxisräume für fünf Jahre, bis zum 31. März 2022, abgeschlossen", so Dr. Kraus.
Wohnortnahe hausärztliche Versorgung im Blick
Kraus berichtet von Spannungen, die es zwischen ihm und dem Praxis-Nachfolger gegeben habe, auch wegen der für ihn ungünstigeren Bedingungen, unter denen er weiter in der Praxis gearbeitet hat. "Im Interesse der weiteren wohnortnahen hausärztlichen Versorgung habe ich mich schließlich doch darauf eingelassen", so Dr. Kraus.
Nicht nachvollziehen kann Kraus, dass der "Mangel an medizinischen Fachangestellten“ ein gewichtiger Grund für die Schließung der Praxis in Grettstadt sein soll. "Ich hatte in den knapp 37 Jahren meiner hausärztlichen Tätigkeit hier niemals einen Mangel an medizinischen Fachangestellten zu beklagen, ganz im Gegenteil: Wir mussten etliche Bewerbungen ablehnen, da wir mit unseren langjährig beschäftigten medizinischen Fachangestellten, die teilweise mehr als 30 Jahre für uns tätig waren, stets sehr zufrieden waren und daher keinen weiteren Bedarf hatten."
Die "Wertschätzung der Angestellten durch den Arbeitgeber ", so Dr. Kraus, sei zu seiner Zeit immer Grundlage langjähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit gewesen. Gleiches gelte nicht nur für medizinisches Fachpersonal, sondern auch für Ärzte, so der langjährige Grettstädter Hausarzt. Es sei nicht gelungen, dauerhaft einen Arzt oder eine Ärztin für Grettstadt zu finden. Dies war einer der Gründe für den Rückzug des Praxisnachfolgers. "Ich frage mich, woher, wenn es so wäre, die umliegenden Arztpraxen zum Beispiel in Sennfeld, Grafenrheinfeld, Bergrheinfeld oder Schonungen, ihre Ärztinnen und Ärzte bekommen."
"Da ich in unmittelbarer Nähe unserer alten Praxis wohne, bekomme ich – ungewollt – recht gut mit, wie viel beziehungsweise wie wenig dort los ist", legt Kraus nach. In den zurückliegenden Wochen, so die Beobachtung von Dr. Kraus, seien auf dem Schild seiner ehemaligen Praxis nur noch wenige Sprechstunden pro Woche angegeben gewesen.
"Interessenbekundungen und Nachfragen für den Standort Grettstadt liegen bislang nicht vor", hatte die Kassenärztliche Vereinigung (KV), die für die Nachbesetzung zuständig ist, angesichts der kurzfristig angekündigten Praxisschließung in Grettstadt, mitgeteilt. Allerdings, so vermutet Hermann Kraus, werde auch nicht jeder Interessent als erstes bei der KV nachfragen. Die „drohende Unterversorgung“ auf dem Land – bei einer teilweise deutlichen Überversorgung in vielen Städten – sei in Anbetracht der Altersstruktur der Hausärzte in diesem Bereich seit weit mehr als einem Jahrzehnt bekannt.
Der Bayerische Hausärzteverband habe die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker schon vor vielen Jahren, auch mit öffentlichen Veranstaltungen, auf die Situation aufmerksam gemacht, so Dr. Kraus. "Daran können sich bestimmt auch noch viele Leute in Grettstadt erinnern, zum Beispiel an unsere Demonstration im Münchner Olympiastadion, oder an Veranstaltungen in Gochsheim und Volkach." Erst in den letzten Jahren sei seitens der Politik darauf nennenswert reagiert worden. "Nach Ansicht der meisten Expertinnen und Experten jedoch viel zu spät und nicht ausreichend", bilanziert Dr. Kraus, der sich vor allem eins wünscht, wieder eine stabile hausärztliche Versorgung für seine Grettstädter.