Wer genau hinhört, den Lärm der Autos auf den umliegenden Straßen ausblendet, hört das Gleiten der Rollen. Der Frühling steht vor der Tür, auf dem Schweinfurter Schillerplatz dreht rund um die Abenddämmerung wieder ein Mann auf seinem Skateboard seine Runden. Er sieht dabei elegant, fast anmutend aus, irgendwo zwischen Rebell und Eiskunstläufer. Wer ist dieser Skater vom Schillerplatz?
Wenn Stefan Albert auf seinem Skateboard steht, wirkt es, als wäre es für ihn das Natürlichste auf der Welt. Vor knapp 30 Jahren packte den heute 41-Jährigen die Welt des Skatens. Er kann sich noch lebhaft daran erinnern, wie sich die Subkultur Mitte der Neunziger unter den Jugendlichen an den Schulen Schweinfurts verbreitete.
Albert saugte alles aus der Szene über Magazine und Videos auf. Und er stellte sich natürlich auch selbst auf das Brett mit den vier Rollen. Sein erstes Skateboard kaufte er sich im Szeneshop "Yo-C", den es noch heute in der Schweinfurter Innenstadt gibt. Skateparks, wie sie heute in vielen Gemeinden zum Standard gehören, waren damals in der Provinz noch längst nicht angekommen. Auf einer geeigneten Fläche erst in den Straßen seines Heimatdorfes und später vor dem Hofheimer Freibad drehte Albert als Teenager in seinen Skater-Anfangsjahren unaufhörlich seine Runden.
Stefan Albert: "Das war hier damals super exotisch"
Keine Rampen, keine waghalsigen Sprünge und Tricks. Stefan Albert wurde Freestyle-Skater. "Das war hier damals super exotisch", erklärt er. Und bei den anderen Skatern nicht unbedingt beliebt. Beim Freestyle liegt der Schwerpunkt auf dem technischen Skateboarden auf ebenem Untergrund. Entwickelt wurde der Stil in den 1950er-Jahren von Surfern, die kurzerhand auf dem Skateboard ihre Manöver auf dem Wasser nachahmten.
Heute ist Alberts Stammstrecke der Schillerplatz. Gut 180 Mal im Jahr kommt er auf den Platz, schätzt er. Im Winter muss er zähneknirschend eine dreimonatige Pause einlegen. Wenn Kinder vorbeilaufen und mit großen Augen "Wow" sagen, ist es für ihn eines der größten Komplimente. Das Skateboard scheint ihm bei seinen "Schiller Sessions" an den Füßen zu kleben, seine Hüfte bewegt sich geschmeidig, mit den Armen sorgt er, wenn nötig, dafür, die Balance zu halten. Es ist ein Spektakel, Albert beim Fahren zuzusehen. Er selbst beschreibt seinen Gefühlszustand währenddessen mit einem Zen-artigen.
Aus dem Jungen der irgendwo in den Haßbergen seinen "Nerdsport", wie er es selbst beschreibt, betrieb, ist über die Jahre einer der weltbesten Freestyle-Skateboarder geworden. In der Vergangenheit nahm der Schweinfurter an Weltmeisterschaften und am in der Szene prestigeträchtigen "World Round up" im kanadischen Vancouver gemeinsam mit der internationalen Spitze der Szene teil.
Der Aufwand dahinter, den er betreibt, unter anderem mit viel Kraftsport und einer bewussten Ernährung, ist vergleichbar mit dem eines Profisportlers, erklärt er. "Ich wünsche mir, das alles ewig machen zu können." Ein Bandscheibenvorfall vor einigen Jahren warf ihn eine Weile aus der Bahn. "Ich dachte, die Welt geht unter", blickt er zurück. Heute nimmt er alles etwas lockerer, sagt aber dennoch: "Skateboardfahren ist das Schönste, was ich kenne."
Es geht ihm dabei aber nicht nur um seine große Passion, er möchte einfach auch Leben auf den Schillerplatz bringen. Überhaupt ist Albert ein Verfechter der Vielfalt und des gemeinsamen Zusammenlebens im öffentlichen Raum. Das finde viel zu wenig statt, meint er. Der Stadt ist er indes dankbar, dass er seit Jahren auf "seinem" Schillerplatz seine Leidenschaft ausüben darf. "Skateboardfahren ist ja was Schönes", betont Albert. "Kein Verbrechen."