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Kolitzheim
Flurneuordnung Kolitzheim: Die Parteien nähern sich an
Die geplante Flurbereinigung in Kolitzheim ist ein zähes Geschäft. Schon im vierten Jahr ringen Befürworter und Gegner um ein Konzept, das alle Seiten zufriedenstellen soll.
Ein Großteil der Flur in der Gemarkung von Kolitzheim soll neu gegliedert werden mit dem Ziel, größere Flächen und ein verbessertes Wegenetz zu erreichen.
Foto: Klaus Vogt | Ein Großteil der Flur in der Gemarkung von Kolitzheim soll neu gegliedert werden mit dem Ziel, größere Flächen und ein verbessertes Wegenetz zu erreichen.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:10 Uhr

Wer bei der geplanten Flurbereinigung in Kolitzheim mitarbeitet, braucht einen langen Atem. Schon im vierten Jahr ringen Befürworter und Gegner um ein Konzept, das alle Seiten zufriedenstellen soll, damit die Flurneuordnung beginnen kann. Doch jetzt nähern sich die Parteien einander deutlich an, so dass Hoffnung aufkeimt.

Die Gemeinde und die Mitglieder der Flurbereinigungsgenossenschaft von Kolitzheim haben bereits im September 2016 einen "Antrag auf Flurneuordnung" beim zuständigen Amt für Ländliche Entwicklung in Unterfranken in Würzburg gestellt. Die Behörde, das ehemalige "Flurbereinigungsamt" könnte zwar alleine aufgrund dieses Antrags schon von Amts wegen die Neuordnung der Felder, Wege und Gewässer anordnen, wenn es nach eigener Abwägung einen Handlungsbedarf für die Kolitzheimer Flur sieht. Allerdings versucht das Amt vor Ort erst einen breiten Konsens bei allen Beteiligten zu finden, ehe es zu einer Ausführungsanordnung kommt. Und dies dauert.

Die Flurneuordnung soll sich nicht auf die komplette Gemarkung von Kolitzheim erstrecken. Besonders kleinteilige Flächen in Richtung Lindach, die für den Naturschutz sehr wertvoll sind, sollen so klein bleiben wie sie sind und sind deshalb ausgeklammert. Ebenfalls nicht berührt werden die großen Ländereien der Familie Paul Graf von Schönborn sowie die Bereiche, die für eine Erweiterung von Gewerbe und Wohnbebauung in Frage kommen können.

Die weitläufigen Flächen der Familie Graf von Schönborn, hier beim Herleshof, werden nicht von der geplanten Flurbereinigung erfasst.
Foto: Klaus Vogt | Die weitläufigen Flächen der Familie Graf von Schönborn, hier beim Herleshof, werden nicht von der geplanten Flurbereinigung erfasst.

Schlechter Zustand der Wege

Die Befürworter einer Flurbereinigung verweisen auf den schlechten Zustand der Wege und den ungünstigen Zuschnitt einiger Äcker. Für Klaus Treutlein von der Flurbereinigungsgenossenschaft ist ein Handlungsbedarf objektiv gegeben. Dies sieht auch der Kolitzheimer Bürgermeister Horst Herbert so. Ohne eine neue Flurbereinigung mit ihrer sehr hohen Förderkulisse würde alleine die Erneuerung und die teils notwendige Verbreiterung der Wege das Vierfache kosten. Dies sei aber nicht finanzierbar. Das Schlechteste sowohl für die Natur als auch für die Landwirte sei es, so Herbert, nichts zu tun. Auch für den möglichen Bau einer Umgehungsstraße brauche es erst eine Flurbereinigung.

Das Amt für Ländlichen Entwicklung entwickelte mit den örtlichen Verantwortlichen einen ersten Entwurf eines neuen Wegenetzes und einer Umstrukturierung der Entwässerung. Ziel der Umstrukturierung soll es sein, die zusammenhängenden Ackerflächen zu vergrößern und gleichzeitig auch deren Erreichbarkeit zu verbessern. Dies alles soll die Wettbewerbsfähigkeit der örtlichen Landwirtschaft erhöhen.

Interessen prallen aufeinander

Doch gegen die Pläne regt sich bereits seit Oktober 2017 Widerstand – und zwar auch aus den Reihen der Landwirtschaft selbst und von den Grundbesitzern, die ihre Flächen verpachtet haben, aber an den Kosten des Verfahrens beteiligt werden. Es prallen hier Interessen von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft aufeinander. Das von Biolandwirt Michael Mäuser angeführte Lager der Gegner legte eine Unterschriftenliste gegen das Vorhaben vor. Die Gegner befürchten, dass bei der Flurneuordnung der Natur- und Landschaftsschutz zu kurz kommt. "Wir mussten die Bremse reinhauen, weil es zu einseitig war", sagte Mäuser in einem Gespräch mit dieser Redaktion. "Wir müssen aufwachen und der Natur wieder etwas zurückgeben."

In den Folgemonaten fanden dann Arbeitskreissitzungen statt, wo Vertreter der örtlichen und benachbarter Flurbereinigungsgenossenschaften, des Bauernverbands, des Amts für Ländliche Entwicklung (ALE) und der Gemeinde Kolitzheim mit den Gegnern einer Flurneuordnung ausgiebig diskutierten, ohne letztlich einen Konsens finden zu können. Man nehme Fragen des Naturschutzes sehr ernst, betonten die Vertreter des ALE stets. 

In der Kolitzheimer Flur wurde nun auch der seltene Ortolan nachgewiesen.
Foto: Thinkstock | In der Kolitzheimer Flur wurde nun auch der seltene Ortolan nachgewiesen.

Gutachten zur Natur

Ungeachtet der weiteren zeitlichen Verzögerung und der zusätzlichen Kosten wurde deshalb ein Landschaftsplanungskonzept bei Landschaftsarchitektin Miriam Glanz aus Leutershausen (Lkr. Rhön-Grabfeld) in Auftrag gegeben. Das Gutachten sollte konkret feststellen, welches Potenzial an Arten in der Kolitzheimer Gemarkung vorhanden sind und was bei der anstehenden Flurbereinigung zu tun ist, um den Lebensraum zu erhalten oder gar zu verbessern. Unter anderem wurde der Bestand an Rebhühnern untersucht. Bei dem Gutachten, das im September 2019 vorgestellt wurde, kam heraus, dass es ein Steinkauz-Vorkommen in den alten Bäumen auf den Streuobstwiesen gibt. Auch der seltene Ortolan wurde in der Flur nachgewiesen. 

Seminar in Klosterlangheim

Dieser Tage nun wurde ein weiteres Kapitel auf dem langen Weg hin zu einem Konsens aufgeschlagen: 13 Kolitzheimer Bürgerinnen und Bürger nahmen an einem zweitägigen Workshop in Klosterlangheim in der Schule der Dorf- und Flurentwicklung teil. Neben Landwirten und Grundeigentümern waren auch ein örtliches Gemeinderatsmitglied und weitere engagierte Bürger dabei. Gegner und Befürworter einer Flurbereinigung waren gleich stark vertreten.

Im gemeinsamen Dialog beleuchteten Landwirte, Grundeigentümer und Vertreter der Gemeinde die bisher kontrovers diskutierte Flurneuordnung in Kolitzheim. Ziel des Workshops war es, das Für und Wider des Vorhabens zu beleuchten und gemeinsam ins Gespräch zu kommen.
Foto: ALE | Im gemeinsamen Dialog beleuchteten Landwirte, Grundeigentümer und Vertreter der Gemeinde die bisher kontrovers diskutierte Flurneuordnung in Kolitzheim.

In dem Workshop sollten das Für und das Wider dieses Vorhabens beleuchtet werden, heißt es in einer Pressemitteilung der Teilnehmer aus Klosterlangheim. Man wollte miteinander ins Gespräch kommen, aber auch miteinander denken. "Dabei sollten das Bewusstsein für die Zusammenhänge von Landschaft, Ökologie und Ökonomie geschärft sowie die Grundlagen der künftigen Zusammenarbeit gelegt werden", heißt es. Die Seminarleitung lag in den Händen von Jürgen Eisentraut und Joachim Omert vom ALE Unterfranken. Unterstützt wurden sie von Johannes Krüger, Sachgebietsleiter am ALE, sowie von Landschaftsplanerin Miriam Glanz, die das Landschaftsplanungskonzept erstellt hat. Am zweiten Tag kam Bürgermeister Herbert hinzu.

Tipps aus Schwebheim

Hans Fischer, ehemaliger Bürgermeister von Schwebheim, berichtete in einem Diavortrag über die bereits abgeschlossene ökologische Flurneuordnung in Schwebheim. Mit zahlreichen Beispielen veranschaulichte er, dass bereits relativ kleine Maßnahmen eine positive Wirkung zeigen – und sei es nur eine Bank, die zum Verweilen einlädt und die Kommunikation fördert. Fischer betonte aber auch die Wichtigkeit, dass das Amt für Ländliche Entwicklung mitmacht: "Ohne die Gemeinde und das Bodenmanagement geht nichts."

In Arbeitsgruppen ermittelten die Teilnehmer, ausgehend von einer Analyse der Stärken und Schwächen der Kolitzheimer Flur, die möglichen Chancen einer Flurneuordnung. "Sie wurden sich aber auch der damit verbundenen Ängste bewusst und artikulierten diese", heißt es in der Pressemitteilung. Miriam Glanz und Johannes Krüger fügten schließlich die Ergebnisse der Gruppenarbeiten zu einem Maßnahmenkonzept zusammen. 

Informationsveranstaltung am 1. April

Wie geht es nun weiter? Die Dokumentation des Seminars wird auf der Homepage der Gemeinde Kolitzheim veröffentlicht. Johannes Krüger vom ALE hat jetzt die Aufgabe, die Kosten zu ermitteln, die bei der Umsetzung der in Klosterlangheim erarbeiteten Ideen anfallen würden. Außerdem wird er den Flächenbedarf berechnen, der für Naturschutz- und Ökologiemaßnahmen benötigt wird.

Am Mittwoch, 1. April, wird dann das Maßnahmenkonzept der Öffentlichkeit bei einer Informationsveranstaltung um 19 Uhr im Sportheim in Kolitzheim vorgestellt. Danach werde das ALE auf Signale aus Kolitzheim warten, ob man sich mit den von beiden Seiten erarbeiteten Kompromissen anfreunden kann.

Da das ALE etwa ein Dreivierteljahr als Vorlaufzeit braucht, wird das Flurneuordnungsverfahren in diesem Jahr aber definitiv nicht mehr beginnen. "Vielleicht können wir aber 2021 beginnen", sagt Johannes Krüger.

 
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