Die Suche nach der Balance zwischen der Ökologie auf der einen und der Wirtschaftlichkeit für die Landwirtschaft in der Gemarkung auf der anderen Seite hält bei der geplanten Flurneuordnung in Kolitzheim weiter an. Das Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken lässt nichts unversucht, um kritische Stimmen im Ort vor einer Ausführungsanordnung von der Notwendigkeit und auch der Berücksichtigung ökologischer Belange zu überzeugen.
Angesichts des schlechten Zustands der Wege war vom Amt für Ländlichen Entwicklung Unterfranken gemeinsam mit den örtlichen Verantwortlichen ein neues Wege- und Gewässernetz zur künftigen besseren Erschließung und Erreichbarkeit der Feldflur im Sinne der Eigentümer und Pächter entwickelt worden. Zugleich soll das Verfahren zur Bildung größerer zusammenhängender Felder dienen. Das alles soll in Summe durch die Einsparung von Arbeitszeit und Kosten die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte zu erhöhen. Doch seit geraumer Zeit regt sich bekanntlich Widerstand – aus Sorge um Landschaft und Natur. Das von dem Biolandwirt Michael Mäuser angeführte Lager der Gegner hat eine längere Unterschriftenliste gegen das Vorhaben vorgelegt.
Das Landschaftsplanungskonzept zur ökologischen Bestandsaufnahme
Kürzlich ging es im Sportheim in Kolitzheim im Rahmen einer öffentlichen Arbeitskreissitzung in die nächste Runde des Verfahrens. Auf der Tagesordnung stand die Vorstellung der Vorgehensweise bei der Erstellung eines Landschaftsplanungskonzepts. Damit ist das Planungsbüro von Landschaftsarchitektin Miriam Glanz aus Leutershausen bei Bad Neustadt/Saale beauftragt worden.
Die großen Bedenken und Vorbehalte der Gruppe um Michael Mäuser beruhen auf der Befürchtung, dass bei der Flurneuordnung zu einseitig im Interesse der konventionellen Landwirtschaft agiert werde und damit „am Ende des Tages“ die Natur als Verlierer dasteht, etwa durch den Verlust von Grünwegen. Dieser Umstand hatte das bereits im September 2016 von der Gemeinde und der Flurbereinigungsgenossenschaft beauftragte Amt für Ländliche Entwicklung in Würzburg bewogen, ungeachtet der weiteren zeitlichen Verzögerung als Grundlage für die Verträglichkeit von Flurneuordnung und Naturschutz besagtes Landschaftsplanungskonzept in Auftrag zu geben. Durch diese ökologische Bestandsaufnahme soll konkret festgestellt werden, welches Potenzial an Arten in der Gemarkung vorhanden und was nötig ist, um deren Lebensraum zu schützen beziehungsweise gar zu verbessern.
Hier soll das Rebhuhn, dort der Ortolan profitieren
Beim laufenden Verfahren zur Flurneuordnung in den Nachbargemarkungen von Unter- und Oberspiesheim wird zum Beispiel besonders der Ortolan von der engen Zusammenarbeit mit Landesbund für Vogelschutz, Bund Naturschutz und Unterer Naturschutzbehörde profitieren. Von der Vogelart gibt es nur noch ganz wenige singende Männchen im süddeutschen Raum. Diese haben ihre letzten Reviere in Unterfranken, ein Teil davon in der Unterspiesheimer Flur. Nach Aussage von Johannes Krüger vom Amt für Ländliche Entwicklung in Würzburg ist das ausgewählte Büro die Topadresse in Unterfranken auf diesem Gebiet. Miriam Glanz sei seit 1986 mit Verfahren zur Flurneuordnung betraut, zuletzt seit mittlerweile 27 Jahren mit ihrem eigenen Planungsbüro.
Um ein Ausufern der Diskussion einen Riegel vorzuschieben, war zu Beginn der Versammlung festgelegt worden, dass es an diesem Abend auch in der Fragerunde ausschließlich nur um die Landschaftsplanung gehen sollte und hier insbesondere um die Vorstellung von Miriam Glanz und ihrer Arbeit in Kolitzheim.
Balzruf-Aktion am frühen Morgen sorgte für Irritationen
Für Irritationen hatte im Vorfeld in diesem Zusammenhang gesorgt, dass noch vor der Arbeitskreissitzung ein Mann und eine Frau des Nachts in der Flur beobachtet worden waren, die dem Büro von Miriam Glanz zugeordnet wurden. Mit letzter Annahme lag man in Kolitzheim auch richtig. Allerdings sei der vorgezogene Einsatz „fachlich begründet“ gewesen, so Johannes Krüger. Es habe sich nämlich um ein Zoologen-Ehepaar gehandelt, das im Hinblick auf Rebhühner in den frühen Morgenstunden zwischen 4 und 6 Uhr unterwegs gewesen sei. Um herauszufinden, wie viele Rebhühner sich in der Flur aufhalten, werden hierzu Balzrufe von Rebhühnern vom Band abgespielt, um anschließend die Antwortrufe der revierinhabenden Hähne zu zählen.
Bei dem Landschaftsplanungskonzept geht es neben der ökologischen Bestandsaufnahme inklusive Artenschutzkartierung ferner um Fragen wie: Wo ist die Grenze der Flur zum ortsnahen Gebiet oder wo sind die Stärken und Schwächen des Wegenetzes? Das fertige Konzept soll schließlich aufzeigen, wie der Naturhaushalt als Lebensgrundlage des Menschen gesichert, die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft erhalten und die unterschiedlichen Landschaftsteile schonend genutzt werden können. Hierzu stellt der Landschaftsplan den vorhandenen und angestrebten Zustand der Natur dar, entwickelt ein Leitbild und zeigt Maßnahmen auf, die zur Lösung von Konflikten in Natur und Landschaft und zur Verbesserung der Verhältnisse möglich sind.
So ist die weitere Marschroute geplant
Bis Herbst soll das Ergebnis der Bewertung von Miriam Glanz vorliegen. Bis dahin soll dann feststehen, welches Artenpotenzial es gibt, wo absolute Tabuflächen zu beachten sind und welche Maßnahmen nach Meinung des Büros für vorrangig angesehen werden. Mitte Oktober will man sich dann mit bis zu 25 Personen in der Schule der Dorf- und Flurentwicklung in Klosterlangheim bei Lichtenfels in Klausur begeben, um am bestmöglichsten Konzept zu feilen und auch die Diskussion Für und Wider zu führen. Ein wichtiger Punkt wird dabei auch die Deckelung des Betrages sein, der pro Hektar auf die Grundstückseigentümer bei der Umlegung der Kosten zukommen wird.
Sobald das Gesamtkonzept steht, will man es dann nochmals öffentlich in Kolitzheim vor- und zur Diskussion stellen. Vom Gesetz her sei nur ein Anhörungstermin für die Behörden und Grundstückseigentümer vorgesehen, aber keine Abstimmung, so Johannes Krüger. Er macht aber deutlich: „Wenn die Kolitzheimer darüber abstimmen wollen, dürfen sie es. Ausdrücklich verlangen werden wir das nicht.“ Der Hintergrund: Die Anordnung zur Ausführung der Flurneuordnung wäre jederzeit von Amts wegen durch das für Unterfranken zuständige Amt für Ländliche Entwicklung in Würzburg möglich, ohne dass es zu einer örtlichen Entscheidung gekommen ist. Ausschlaggebend dafür wäre einzig und allein die Abwägung des Handlungsbedarfes durch das Amt in Würzburg.