Zugegeben, es gibt aufregendere Übungsszenarien bei der Feuerwehr, als das Ausbringen einer Ölsperre auf dem Main. Es geht nicht allzu dramatisch zu, an diesem erst diesigen, dann sonnigen Samstagvormittag, an Stromkilometer 339. Der Teufel steckt im (technischen) Detail, bei der Ölwehr-Übung von rund 30 Floriansjüngern aus Schweinfurt, Stammheim und Schonungen.
Wegen Schleusenarbeiten in Schweinfurt ist der Main derzeit für den Schiffsverkehr gesperrt: ideale Übungsbedingungen also an der "Slipanlage", der Bootsrampe am Gewerbegebiet.
"Wir haben fast keine Strömung", sagt Sebastian Neubauer von der Stammheimer Feuerwehr zufrieden, die ihr 15 PS-Rettungsboot dabei hat, mit robustem, glasfaserverstärktem Rumpf. "Skipper" Manuel Moller übernimmt die Aufgabe, Mensch und Material zur Schonunger Bucht zu bringen, auf der Reichelshöfer Mainseite. Am Außenborder braucht es eine ruhige Hand.
In der Vorratskiste liegt eine zerschrammte Bootsschraube, die mal dem Geröll am schnell ansteigenden Ufer zum Opfer gefallen ist. Dieses Problem haben die Schonunger mit ihrem Kastastrophenschutzboot ("K-Boot") nicht. Das Flaggschiff der Übung verfügt über 150 PS und einen Wasserstrahlantrieb, womit es auch noch bei geringer Wassertiefe manövrieren kann.
Flexibel auf Überraschung reagiert
Allerdings, in der Schiff- wie bei der Flussfahrt gibt es Überraschungen. In diesem Fall besteht sie aus einem Baggerschiff, das im Rahmen des Mainausbaus auf der anderen Seite angelegt hat. Also wird die Ölsperre ein wenig schräger verlegt als gedacht, in 130 Meter Länge. Die Schräglage ist aber prinzipiell gewollt: "Ölsperren halten Öl nur dann auf, wenn die Fließgeschwindigkeit des Wassers nicht stärker als 0,3 Meter pro Sekunde ist", erklärt Simon Scheuring, Pressesprecher der Schonunger Feuerwehr. Andernfalls wandert das Öl unter dem Hindernis hindurch. Verkleinert man den Anstellwinkel, mit dem die Sperre verlegt wird, auf weniger als 90 Grad, strömt das Wasser nicht mehr so heftig dagegen, die schmutzige Fracht wird in Richtung Ufer transportiert, zum Abräumen.
Als erstes wird ein Pioniertrüppchen auf der gegenüberliegenden Mainseite abgesetzt, für den zweiten "Festpunkt". Die Stammheimer versorgen den Trupp mit Leinen, Splint und Schäkel für die Greifzug-Winde, mit der die Kunststoff-Barriere nach dem Hinüberziehen festgemacht wird. Ein Schwan fühlt sich nebenan durch den Trubel gestört und flattert aufgeregt mit den Schwingen, schwimmt dann aber davon.
Eine schwierige Arbeit für die Bootsführer ist die Verlängerung der Ölsperre an den Seiten, in Grundnähe, damit nichts zum Uferbereich durchkommt. Kreisbrandmeister Horst Klopf und Kreisbrandrat Holger Strunck wirken aber zufrieden. Im Ernstfall würde die Schweinfurter Wehr nun mit einem Skimmer anrücken und das Öl-Wasser-Gemisch aufsaugen. Auf dem Rüstwagen liegen zudem Riesen-Wattebäusche bereit. Auch "Sorbtücher" werden bei kleineren Verschmutzungen eingesetzt.
Der Ölwehrcontainer wird selten eingesetzt
Der Einsatz des Ölwehrcontainers ist relativ selten. 2015 wurde er benötigt, als Öl auf dem Main trieb und ein Kreuzfahrtschiff in der Schleuse Ottendorf gestoppt wurde. Die Passagiere, überwiegend amerikanische Touristen, wurden damals von Bord geholt. Über den Sinn des Schonunger Motorboots gab es 2009 eine heftige Debatte mit dem Landkreis, als es um die Reparaturkosten ging.
Die örtlichen Einsätze halten sich in Grenzen. Es wurde auch schon nach einem ins Wasser gefallenen Schaf gesucht. Das Tier hat übrigens überlebt. Andererseits hat Schonungen mit dem Reichelshof einen Außenposten, der auf die Schnelle nur per Boot erreichbar ist. Die Sperre wurde früher mit einem eigenen Unimog bewegt, der mittlerweile im Dienst der örtlichen Brauerei steht. Lagerort der insgesamt 220 Meter langen Segmente ist der Niederwerrner Kreisbauhof. Auch der Laie merkt: Es würde seine Zeit brauchen, bis Schonungen dichtmachen kann, im Falle einer Leckage auf dem Main.
"Wir sind gerade dabei, das Merkblatt für Ölwehr-Einsätze zu überarbeiten", sagt Jürgen Schemmel von der Staatlichen Feuerwehrschule Würzburg, als Abteilungsleister für Sonderausbildungen. Zusammen mit Kollege Christian Eichel dokumentiert er die Übung mit Hilfe einer Drohne. Eine große Havarie bei Schweinfurt, im Stil der "Deepwater Horizon"-Katastrophe im Golf von Mexiko, gilt als unwahrscheinlich. Sowohl die Tanks im Hafen als auch die Tankschiffe sollen streng gesichert sein. Stattdessen würden die Feuerwehren zunehmend mit Heizöl-Teppichen bei Hochwasser konfrontiert, sagt Schemmel: Wo, wie bei der Deggendorfer Flut von 2013, die fränkischen Helfer schon mal in den Außeneinsatz müssen. Dafür braucht es dann schon erprobte Bootsfahrer und Ölwehr-Experten.