Die Jalousien sind halb heruntergelassen, 40 Monitore leuchten ins Halbdunkel. Hier fahren im Jahr fast 6000 Schiffe durch – virtuell zumindest. Schippert ein Pott den Main hinunter, taucht er nacheinander auf den Monitoren auf. In der Leitzentrale in Volkach werden von vier kreisrund angeordneten Stationen die Schleusen in Schweinfurt, Garstadt, Wipfeld und Gerlachshausen gesteuert. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.
Vor Ort ist in der Regel niemand mehr. Seit 2008 bedient das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Schweinfurt und Gerlachshausen von Volkach aus, ein Jahr später kamen Wipfeld und Garstadt dazu. Trotzdem haben die Männer heute einen besseren Blick in die Schleusenkammern als früher, dank Kameratechnik. Auf sieben Monitoren pro Station ist (fast) jeder Winkel zu sehen. Der Arbeit im Grünen und direkt am Wasser trauern sie dennoch hinterher.
Wie funktioniert das mit der Schleuse?
Aber wie funktioniert so eine Schleusung eigentlich? Wenn ein Schiff flussabwärts durch die – zum Beispiel – Schweinfurter Schleuse fahren will, meldet sich der Binnenschiffer per Funk bei der Schleuse an, meist wenn er noch zwei bis drei Kilometer vor sich hat. Die Leitzentrale antwortet dann, ob die Schleuse sofort frei ist oder ob das Schiff eventuell im Vorkanal zur Schleuse warten muss. In der Regel gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
In der Leitzentrale wissen sie genau, wie lang ein Schiff von welchem Flusskilometer zu den Schleusen braucht. Manchmal, erzählt Betriebsstellenleiter Adi Streng, wird etwas geschummelt und die Skipper erzählen, dass sie so gut wie da sind, dabei haben sie noch eine ganze Strecke vor sich. In Zukunft soll die Leitzentrale auf die GPS-Daten der Schiffe zugreifen können, aber das wird noch etwas dauern.
Die Schleuse wird dann auf den nächsten „Kunden“ vorbereitet. Eine Schleusung flussaufwärts heißt Bergfahrt, flussabwärts ist es eine Talfahrt. Für ein Schiff auf Talfahrt wird der Pegel in der Schleusenkammer also zuerst dem „Oberwasser“ angeglichen. Von der Schleuse aus gesehen, ist das Oberwasser der Main flussaufwärts, also dort wo der Pegel höher ist. Bei der Schleusung muss das Schiff vom Oberwasser ins Unterwasser gehoben werden.
Aufpassen, dass kein Boot eingeklemmt wird
Um die Schleusenkammer zu füllen, öffnen die Männer in der Leitzentrale per Hydraulik die Torschütze. Das sind Öffnungen im Schleusentor, das Wasser strömt vom Oberwasser hinein. Ist der Pegel ausgeglichen, wird das Oberhaupt – das ist das Schleusentor an zum Oberwasser hin – geöffnet. Das Schiff fährt ein, die Besatzung muss es dann sofort festmachen. Auf so engem Raum kann ein Schiff nicht manövrieren und es soll ja nicht gegen die Wand der Schleuse dotzen. Oder noch schlimmer: ein kleineres Boot einklemmen. „Im Sommer haben sie in der Schleuse manchmal zehn bis 15 kleine Fahrzeuge, da muss man aufpassen wie ein Luchs“, sagt Streng. Für ganz kleine Boote gibt es auf der anderen Seite des Walzenwehrs aber auch noch eine kleine Sportbootschleuse.
Auf dem Main fahren Schiffe, die bis zu 110 Meter lang und 11,40 Meter breit sind. Bei einer Kammerbreite von zwölf Metern bleibt da nicht viel Luft. Sogenannte Schubverbände aus einem schiebenden Schiff und einem „Leichter“ ohne eigenen Antrieb dürfen hier auf dem Main sogar bis zu 190 Meter lang werden. „Da können dann bis zu 4000 Tonnen Ladung drauf sein“, sagt Streng. Für kürzere Schiffe gibt es in Schweinfurt übrigens noch ein Schleusentor in der Mitte, das Mittelhaupt, damit kann man die Schleusenkammer verkürzen.
Eine Schleusung dauert 15 bis 20 Minuten
Ist das Schiff fest und das Oberhaupt wieder zu, werden dann die Torschütze im Unterhaupt – das ist das Schleusentor zum Unterwasser – geöffnet. Das Wasser strömt „aus eigener Kraft“ hinaus, es wird nichts gepumpt, der Pegel sinkt. Das Unterhaupt öffnet sich, die Ampel springt auf grün, das Schiff fährt hinaus – und ein Datenpaket mit allen Infos zum Schiff wandert in der Leitzentrale zur nächsten Station. Eine Schleusung dauert 15 bis 20 Minuten.
Früher, da gab es fünf Mann pro Schleuse vor Ort. „Es ist manchmal schade, weil man die Nähe zur Kundschaft verliert“, sagt Streng. Zum Pressetermin hat er mal wieder den Leitstand an der Schweinfurter Schleuse erklommen und blickt etwas wehmütig hinaus. Damals habe man viele der Binnenschiffer persönlich gekannt, mal einen kleinen Plausch gehalten. Er wohnt bis heute nur ein paar Meter von der Schleuse entfernt. Jetzt am Funk „da rutscht zwar mal ein persönliches Wort raus, aber eigentlich soll man sich auf die Abwicklung beschränken“.
Nur zehn Männer stemmen gemeinsam den Schichtdienst, der Dienstplan ist eine Herausforderung für das Team. Tagsüber sind zwei im Dienst, nachts einer. Das kann stressig werden, vor allem seit Flusskreuzfahrten boomen. Diese Schiffe fahren vor allem nachts. „Wenn da acht Schiffe durchkommen, also acht Schiffe mal vier Schleusen, da haben sie gut zu tun.“