Sein Wissen über die Nabenschaltung am Fahrrad gilt als grenzenlos; sein Wissen um die aktuellen technischen Neuerungen im Fahrradbau als umfassend. Ulrich Henz schulte bis zu seinem Vorruhestand im September bei der Firma Sram im Maintal Händler – also die Leute vom Fach. Die Redaktion dieser Zeitung sprach mit dem Mann aus der Praxis und Geschäftsführer des Radfahrvereins 1889 über die Fahrradstadt Schweinfurt und die Zukunft des Radelns mit und ohne Motor.
Bei Fichtel & Sachs begann die berufliche Laufbahn des Schweinfurters. Ab Herbst 1971 erlernte Henz den universellen Beruf des Maschinenschlossers. Nach der Bundeswehr, bei der er in der Kfz-Instandsetzung eingesetzt war, ging Henz zurück „zum Sachs“, wo sich der Maschinenschlosser zum Industriemeister fortbildete. Sein Metier war bis 1990 der Motorenbau – darunter der Zweitakter für die Kleinmotorräder.
Die Nabenschaltung
1990 wechselte Henz in die Komponentenfertigung für das Fahrrad. Die Getriebenaben mit drei, fünf und sieben Gängen waren weltweit gefragt. Entwickelt wurde bei Sachs die Kombination aus Naben- und Kettenschaltung (die „3x7“, später dann die DualDrive). Elektrische Schaltungen kamen auf. Die Orbit-Schaltung von Sachs verzichtete auf den Umwerfer an der Kurbel und kam dort mit einem Kettenblatt aus. Gut im Geschäft war Sachs ansonsten auch mit seinen Kettenschaltungen, auf die die west- wie auch die ostdeutsche Nationalmannschaft setzten. Der Verkaufsschlager war aber die Nabenschaltung – zuerst mit drei, dann mit fünf und heute mit sieben oder acht Gängen.
Mit dem Roadmonitor, der neben Tages-, Einzel- sowie Gesamtkilometern auch die Trittfrequenz notierte, brachte Sachs modernste Technik in das Fahrrad – vor allem bei der Eigenmarke „Hercules“. Die Konkurrenz hatte man auch bei der Kettenschaltung im Griff, bis Shimano mit seinem Übergleitsystem punktete, das leichter, leiser und genauer schalten ließ und Japaner zum Weltmarktführer machte. Noch ehe 1997 die Zweiradkomponentenfertigung von Sachs an Sram verkauft wurde, hatten die Schweinfurter mit dem Plasma-Schaltwerk wieder aufgeholt – eine Entwicklung ähnlich wie bei Sram in Amerika.
Saxonette war Vorgängerin des E-Bikes
Noch in den 1990-Jahren wurde der Fahrradbau durch das Mountainbike revolutioniert. Der Trend kam aus Amerika. Mit der Saxonette (Fahrrad mit Benzin-, später auch mit E-Motor) war Sachs zwar seiner Zeit voraus, doch auch der elektrische Antrieb mit der Fünfgang-Getriebenabe setzte sich nicht wirklich durch. Unter Mannesmann konzentrierte sich Sachs dann auf sein Kerngeschäft (Zulieferer der Autoindustrie) und verkaufte die Zweiradkomponenten an Sram.
Zwanzig Jahre später sagt Henz der Fahrradbranche einen noch lange anhaltenden Boom voraus. Das E-Bike habe nicht nur einen Motor, es sei der Motor der Wachstumsbranche. Sram habe dies längst erkannt, baue und entwickle Komponenten für das schwerere Rad und für die höheren Geschwindigkeiten – wie die Schaltgruppe EX1. ABS, intelligente Fahrwerke, digitale Techniken– all dies biete das Fahrrad, das auch als Transportmittel kräftig an Bedeutung gewinnen werde, sagt Henz.
Innovativ und eine Nasenlänge voraus
Sram werde als hoch innovative Firma eine tragende Rolle bei der Weiterentwicklung spielen, ist sich Henz sicher. Durch Zukäufe habe sich der Konzern breit aufgestellt und biete fast alles, was das Fahrrad braucht – bloß keine ganzen Fahrräder. Sram habe die Nase immer im richtigen Wind. Das sei auch bei der Aufgabe der Nabenfertigung so gewesen, denn nach 2010 sei der Markt für diese Schaltung weggebrochen. Weil Sram die innovative Marke sei, werde Sram auch von der Konkurrenz getrieben – zu immer neuen Lösungen mit einer Nasenlänge Vorsprung.