Die Verärgerung bei den Bürgern ist groß: Schon wieder gibt es eine Warnung, kein Trinkwasser direkt aus der Leitung zu trinken, weil gefährliche Bakterien darin festgestellt wurden. Betroffen sind alle Gemeinden, die vom Hochbehälter auf der Anhöhe zwischen Hergolshausen und Theilheim versorgt werden. Das sind neben Waigolshausen, Theilheim und Hergolshausen auch Garstadt, Eßleben, Zeuzleben, Mühlhausen, Ettleben und Werneck. Hier gilt bis auf Weiteres ein Abkochgebot für das Trinkwasser.
Schon im September vergangenen Jahres waren Fäkalkeime in den zwei Kammern des Hochbehälters aufgetaucht und seitdem das Trinkwasser gechlort worden. Jetzt sollte die Chlorung zurückgefahren werden, aber es sind immer noch Keime da. Der Wasserversorger, die Rhön-Maintal-Gruppe (RMG), hat deshalb ein neuerliches Abkochgebot erlassen und die Chlorung wieder hochgefahren.
Die Vorgänge werfen Fragen auf. Bürger rufen in den Rathäusern an, wollen wissen, warum die Fäkalkeime nicht beseitigt sind, wie lange das Wasser wieder abgekocht werden muss und wann endlich das Wasser nicht mehr gechlort wird. "Wir haben keine Auskunft bekommen", sagt eine Rathausmitarbeiterin, die bei der RMG nachgefragt hatte.
Keine Verkeimung im Leitungsnetz festgestellt
Auf Nachfrage der Redaktion teilt RMG-Geschäftsführer Walter Weinig mit, dass sich die genaue Ursache der Verunreinigung nicht nachvollziehen lasse. Die entdeckten coliformen Keime stammen – wie im letzten Jahr – aus Probenentnahmen direkt im Hochbehälter. Im RMG-Leitungsnetz, also der Zuleitung zum Hochbehälter und der Weiterleitung an die Ortsnetze, sei ursprünglich keine Verkeimung festgestellt worden. Die RMG vermutet, dass bei der Sanierung des Hochbehälters nach dem Enterokokkenfund im September 2020 eine Wasserkammer verunreinigt wurde.
Sebastian Hauck, Bürgermeister von Werneck, beunruhigt die neuerliche Verunreinigung zwar nicht, aber er hofft, dass die RMG das Problem "zügig in den Griff bekommt". Denn für die Bürger sei dauerhaft gechlortes Wasser eine Beeinträchtigung im Alltag. "Das ist nicht der Standard, den man von Trinkwasser erwartet."
Sein Waigolshäuser Kollege Christian Zeißner sieht das ähnlich. Die Bürger seien unzufrieden, denn "wir hatten gehofft, dass die Chlorung endlich zurückgefahren wird". Sorgen um die Gesundheit der Bevölkerung macht Zeißner sich nicht, durch die Chlorung sei das Wasser ja nutzbar.
Wie gefährlich coliforme Keime für Menschen sind, erklärt Professor Ulrich Vogel vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie an der Universität Würzburg. "Die meisten Arten machen Menschen nicht krank", sagt der Experte. Aber es gebe natürlich auch unangenehme Vertreter, die sich im Darm vermehren und Durchfall und Erbrechen auslösen können. "Ein gesundes Immunsystem wird aber mit ihnen fertig."
Coliforme Keime, Escherichia coli und Enterokokken im Trinkwasser sind ein Nachweis für eine Verunreinigung mit Fäkalien von Mensch oder Tier. Sie können laut Professor Vogel auf eine hohe Belastung des Rohwassers mit diesen Bakterien hindeuten. "Vielleicht gibt es aber auch Probleme bei der Aufbereitung des Wassers, Lecks im Hochbehälter oder Biofilme im Verteilungsnetz", nennt er mögliche Ursachen. Durch sprudelndes Aufkochen und über zehnminütiges langsames Abkühlen des Wassers vor der Verwendung würden jedoch alle relevanten Bakterien, Viren und Parasiten sicher abgetötet. Auch durch die Chlorung sei keine Gesundheitsgefährdung zu befürchten. "Die Konzentrationen orientieren sich hierbei streng an der Trinkwasserverordnung."
Trinkwasserkammern wurden mehrfach gereinigt und desinfiziert
Das bestätigt RMG-Geschäftsführer Weinig: "Dem Trinkwasser wurde gemäß den strengen Vorgaben der Trinkwasserverordnung dosiertes Chlor zur Desinfektion beigefügt." Auch seien die Trinkwasserkammern seit Dezember mehrfach gereinigt und desinfiziert worden. Die vom Gesundheitsamt Schweinfurt verfügte Sicherheitsdesinfektion des Trinkwassers sei vorsorglich sogar bis zum Abschluss des Sanierungszeitraums Ende 2020 aufrechterhalten worden.
Ab Anfang Januar sei dann eine schrittweise Rücknahme der Chlormenge erfolgt, so Weinig. Diese sukzessive Reduzierung sollte gewährleisten, dass sich die natürliche mikrobiologische Schutzschicht innerhalb des Leitungsnetzes wieder vollständig regeneriert. Aufgrund der neuerlich gefundenen Keime muss die Chlorung nun aber wieder hochgefahren werden.
Die Keime werden laut Weinig nun in einem Labor untersucht, um der Ursache der Verunreinigung auf den Grund gehen zu können. Das Ergebnis dieser Untersuchungen sei entscheidend für die weitere Vorgehensweise.