Von dem, was sich am 19. Februar 2023 nach dem Faschingsumzug in Hammelburg abgespielt haben soll, gibt es mehrere Versionen. Was klar zu sein scheint: Fünf junge Männer, die jetzt in Schweinfurt auf der Anklagebank sitzen, waren vor Ort. Es wurde gefeiert, Alkohol konsumiert. Auch scheinen zwei der Angeklagten – zwei Brüder – immer wieder negativ aufgefallen zu sein.
Und es soll an jenem Sonntagabend in Hammelburg an jeder Ecke Rangeleien und Schlägereien gegeben haben. "Wenn man gedacht hat, man hat einen Streit beendet, hat ein anderer an anderer Stelle angefangen", sagt eine Mitarbeiterin eines Sicherheitsdienstes, die am Tatabend im Einsatz war. Für das Gericht klingt es "wie im Wilden Westen".
Randale am Gartenzaun neben dem Festgelände in Hammelburg
Fünf Angeklagte sitzen am Montagmorgen im Sitzungssaal 6 am Landgericht Schweinfurt, zahlreiche Angehörige und Freunde im Publikum. Den jungen Männern zwischen 18 und 35 Jahren wirft die Staatsanwaltschaft vor, mehrere Personen geschlagen, getreten, beleidigt und bedroht zu haben – darunter Passanten, eine Sicherheitsmitarbeiterin und Polizisten.
Die Männer müssen sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, zwei von ihnen auch wegen versuchten Totschlags. In der Anklageschrift ist von mehreren Verletzten die Rede.
Ein Verletzter sagt, er sei als Securitymitarbeiter am Tattag im Einsatz gewesen, als ihm ein "Herr mit Gips" – einer der angeklagten Brüder – schon nachmittags aufgefallen sei, weil er zur Veranstaltung "nicht reingelassen" worden sei.
Nach Feierabend habe der Securitymitarbeiter Geräusche in seinem Garten unweit des Festgeländes wahrgenommen. "Ich habe gedacht, bei mir am Zaun randaliert jemand", sagt er. Er sei hinausgegangen und habe gesehen, wie "einer da lag" und mehrere auf diesen Mann eingetreten haben. Er habe helfen wollen, schildert der Zeuge, groß und erfahren im Kampfsport. Doch dann sei einer der Angeklagten – ein 35-Jähriger – gekommen und habe ihn angegriffen.
Auch will er den Satz "Meine Kumpels sind geisteskranke Psychopathen" von einem 18-jährigen Angeklagten gehört haben. Er habe auch mitbekommen, wie einer der Brüder einem Vorbeilaufenden in den Bauch getreten, der andere diesem anschließend gegen den Kopf getreten und dabei geschrien habe, er habe ein Messer und "steche alle ab".
Drei der Angeklagten beteuern vor Gericht in Schweinfurt ihre Unschuld
Die Männer vor Gericht will der Zeuge alle erkennen. Der 35-jährige Angeklagte schüttelt bei seinen Äußerungen immer wieder den Kopf: Er will mit all dem nichts zu tun gehabt haben, sagt er zu Beginn des Prozesses. Er sei ein "friedsamer Mensch", erklärt sein Verteidiger. Es handle sich lediglich um eine Verwechslung. Das deutlich sichtbare blaue Auge seines Mandanten erklärt er so: Er sei im Gefängnis angegriffen worden.
Der 35-Jährige habe sicher getreten, sagt dagegen ein 50-jähriger Sicherheitsmitarbeiter im Zeugenstand. Auch die beiden Brüder habe er in der Gruppe gesehen. Seine Frau, ebenfalls Security-Mitarbeiterin, wurde in dem Gerangel leicht verletzt. Sie habe sich um einen der unbekannten Verletzten gekümmert. Auch sie will mehrere Angeklagte erkannt haben.
Ein weiterer Zeuge sagt, er habe den 35-Jährigen zwar im Getümmel gesehen, wisse aber nicht, ob er geschlagen oder getreten habe. Gleiches gelte für den 18-Jährigen.
Angeklagter will sich an den Abend vom Faschingsumzug in Hammelburg nicht erinnern
Drei der Angeklagten erklären zum Prozessbeginn das Geschehene aus ihrer Sicht: Niemand will irgendwen geschlagen oder getreten haben. Die beiden Brüder machen keine Angaben. Einer der beiden habe "großes Interesse" daran, aufzuklären, was passiert ist, allerdings habe er keine Erinnerung mehr und könne deshalb keine Angaben zur Sache machen, erklärt sein Verteidiger.
Einer der Angeklagten, ein 29-Jähriger, der offenbar nicht aktiv an dem Gerangel teilgenommen hatte, entschuldigt sich, sich den Polizeibeamten widersetzt zu haben.
Der Prozess wird am Dienstagmorgen fortgesetzt.