Der Vergangenheit verbunden und dennoch zeitgenössisch modern, das ist die künstlerische Ausstattung der neuen Kirche in Waigolshausen. Der Würzburger Domkapitular Jürgen Lenssen, Kunstreferent des Bistums, hat den Bau entworfen. In dieser Woche erläuterte er der Öffentlichkeit erstmals seine Gedanken zur Einrichtung des Gotteshauses. Lenssen wollte, dass neue Werke einen Platz finden, aber „auch – um der Erinnerungskultur willen – auf wesentliche Teile vormaliger Ausstattungen zurückgreifen“, so der Kirchenbaumeister.
Zentraler Blickfang war und ist der Hochaltar, auf dem die „Aufnahme Mariens in den Himmel“ dargestellt ist. Er steht im historischen Kirchturm, der sich zum Neubau hin öffnet. Durch große Seitenfenster fällt Licht auf das Werk. Trotz der zahlreichen Um- und Neubauten in Waigolshausen behauptet der Altar schon seit 1745 seinen Platz in der Gemeinde. Den Altar hat einst der Würzburger Karmelitenbruder Modestus entworfen. Geschreinert hat ihn dann ein gewisser Dionys Löscher, ebenfalls aus Würzburg. Die Figuren auf dem Altar kommen aus der Werkstatt des Würzburger Hofbildhauers Johann Wolfgang van der Auwera, der unter anderem auch die Innenausstattung im Weltkulturerbe Würzburger Residenz geschaffen hat.
Ebenfalls aus der Vergangenheit übernommene Werke in der modernen Kirche sind unter anderem der Taufstein aus dem Jahr 1610, eine barocke Madonna aus dem 18. Jahrhundert, der Tabernakel von Lukas Gastl aus der 60er-Jahre-Vorgängerkirche, Teile der Kanzel von 1765 und eine bronzene Madonna, ebenfalls aus der erst 1961 erbauten Vorgängerkirche. Die Bronze-Madonna etwa stand zuvor im Altarraum, nun empfängt sie die Gläubigen auf einer hohen Stele auf dem Kirchenvorplatz. Der alte Tabernakel hat einen neuen Platz als Ort für die heiligen Öle in der Sakristei.
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„Mit diesen überkommenen Werken aus dem 17., 18. und 20. Jahrhundert bilden die zeitgenössischen Kunstwerke trotz ihrer jeweiligen stilistischen Eigenheit eine Einheit“, findet Lenssen. Zu den neu geschaffenen Werken gehören zum Beispiel die Griffe des Kirchenportals. Mit den Symbolen der Kalabasse als Pilgerflasche, dem Pilgerstab und den Muscheln verweisen sie auf den Patron der Waigolshäuser Kirche: Sankt Jakobus, Namensgeber des berühmten Jakobswegs nach Santiago de Compostela.
Entsprechend ist die Kirche auch eine „Wegkirche“, wie der Domkapitular sie nennt. Über dem Portal hängt ein Gemälde von Thomas Lange aus der Nähe von Orvieto in Italien, das den Patron zeigt. Auf das Werk fällt von oben Licht durch ein schon im Vorraum beginnendes, farbiges Fensterband. Bis zum Altar und damit symbolisch bis ins Heilige soll es die Gläubigen führen. Gestaltet hat es Jacques Gassmann aus Erbachshof bei Eisingen (Lkr. Würzburg), dessen Arbeiten in mehreren Kirchen des Bistums Würzburg zu finden sind, darunter im Kiliansdom.
Rechts und links des Eingangs in den halbrunden Altarraum stehen in Vitrinen die Kreuzwegstationen: versilberte Terrakottaplastiken des in Berlin und Italien lebenden Japaners Mutsuo Hirano. Dass Hirano kein Christ ist und dennoch für die katholische Kirche gestaltet, findet Lenssen gut. Mit dem Blick von außen könnten womöglich besonders einprägsame, frische Werke entstehen.
Überhaupt: Vor dem Pressetermin in der Kirche hatte Lenssen sich mit einem Handwerker unterhalten, denn hundertprozentig fertig ist der Neubau und vor allem der Vorplatz noch nicht. Der Handwerker habe ihn für den Raum gelobt, trotz dass er es „net so mit der Kirch' hätt“. Das hätte ihm gezeigt, dass „dann alles getan ist“, so der Theologe.
Lenssen war es auch, der unter anderem die zwölf goldenen Apostelleuchter rechts und links des Altars, die neue Tür des Tabernakels, den Ambo sowie den Altar selbst gestaltet hat. In ihrer runden Form stehen Ambo und Altar dem halbrunden Raum mit den halbrund angeordneten Kirchenbänken gegenüber – ein Verweis, dass die Menschen im Gottesdienst schon ein wenig Anteil an der durch den Kreis symbolisierten Vollendung haben.
Wobei, die Sache mit der Vollendung: In die Inschrift am Fuß des steinernen Runds hat sich nämlich ein kleiner Grammatikfehler eingeschlichen, sagt Lenssen. Statt „Ora pro me“ (lateinisch für „Betet für mich“) ist „Ora pro mi“ in den Stein geschlagen. Angeblich mit Absicht, wegen einer bestimmten Buchstaben-Symmetrie, aber da grinst Lenssen ein wenig zu verschmitzt. „Nichts ist perfekt“, sagt der Kirchengestalter und lacht.