
Wer braucht heute noch eine neue Kirche? Meist war es verwundertes Kopfschütteln, das Pfarrer Volker Benkert bei Gesprächen mit Kirchenvertretern anderer Gemeinden erfuhr: Rückläufige Katholikenzahlen, immer weniger Kirchgänger und angesichts ihrer Größe oft leer wirkende Gotteshäuser – Probleme, die auch in Waigolshausen aktuell waren. Und da baut eine Pfarrgemeinde eine neue Kirche.
Auch im Ort stießen die Neubaupläne anfangs auf großen Widerstand und hatten viele Kritiker, erinnert sich der langjährige Kirchenpfleger Matthias Weißenberger noch gut an die entscheidenden Pfarrfamilienabende vor sieben, acht Jahren. Vor allem ältere Gemeindemitglieder wollten nicht glauben, dass es für ihre erst 1961 eingeweihte Pfarrkirche keine andere Lösung als den Abriss gab. Viele hatten beim Bau noch mitgeholfen und die Kirche mitbezahlt.
Wie gravierend die Schäden bei der alten Stahlbeton-Kirche tatsächlich waren, zeigte sich beim Abriss und „ließ viele Kritiker verstummen“, schildert Matthias Weißenberger und bekräftigt: „Der Neubau war die richtige Entscheidung“. Kleiner geworden sind mit ihm viele Sorgen, die die Pfarrgemeinde hatte. Dazu zählen vor allem die künftigen Unterhaltskosten: Eine zunächst angedachte Generalsanierung der alten Pfarrkirche wäre aus Sicht der Baufachleute trotz Kosten von 1,5 Millionen Euro nicht von Dauer und langfristig unwirtschaftlich gewesen, was die Pfarrgemeinde letztlich in eine finanzielle Sackgasse geführt hätte. Entlasten wird die hochwertige Dämmung ebenso wie die Fußbodenheizung der neuen Kirche die Gemeinde bei den Betriebskosten. Im Gebäudekubus integriert ist zudem eine separat heizbare Tauf- und Werktagskapelle mit 45 Plätzen.
Mancher im Ort fremdelt noch immer mit dem zeitgenössischen Kirchenbau im dörflichen Umfeld. Doch längst überwiegt ein vorsichtiges Annähern und Anfreunden. Einig sind sich alle, die schon in der Kirche waren: „Schön ist sie“, „wunderschön“, „herrlich“. Und ganz anders als die alte Kirche. Vor dem barocken Hochaltar, der jetzt wieder Tabernakel-Altar ist, bildet die nur leicht erhöhte neue Altarinsel die ideelle Mitte der Kirche, um die sich im Halbkreis die Kirchenbänke anordnen. „Pfarrer und Gemeinde rücken näher zusammen, man sieht jetzt mal den Pfarrer. Es ist ein ganz anderes Gemeinschaftsgefühl“, beschreibt Herbert Hammer, seit letzten Sommer im Amt des Kirchenpflegers, die Veränderungen.
Dass die Gemeinde Gebet und Gesang intensiver erleben wird, liegt auch an der „bedarfsgerechten“ Ausrichtung des Neubaus. Etwa 220 Banksitzplätze bietet der Kirchenraum, weitere 90 Stühle können dazugestellt werden. Mit 660 Sitzplätzen war die alte Pfarrkirche für die Besucherzahlen - die man aus ernüchternden Kirchenzählungen kannte - mittlerweile „utopisch groß“, wie es Herbert Hammer nennt.
„Wir bauen Zukunft“, lautet deshalb die vielschichtige und vieldeutige Losung, unter die die 1200 Katholiken zählende Pfarrgemeinde ihren Kirchenbau stellte. Auf die Erwartungen zum künftigen Kirchenbesuch angesprochen zeigen sich die örtlichen Kirchenvertreter kurz vor der Einweihung trotzdem nachdenklich. Erlebt hat nicht nur Pfarrer Benkert die lange Bauzeit als Zäsur, in der das Gemeindeleben durch das Fehlen räumlicher Voraussetzungen gelitten hat. Das beginne bei der Ministrantenarbeit und reiche bis zum kleinen Pfarrsaal als Ausweichquartier für die Gottesdienste, was viele Gemeindemitglieder nicht annahmen.
„Dass die Kirche, die die Leute so lange vermissten, ihnen wieder Heimat wird“, beschreibt Pfarrer Benkert deshalb als die vorrangige Aufgabe, die jetzt anstehe. Auch bei Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Johannes Kling mischt sich in die Vorfreude auf den großen Tag die Erleichterung, dass eine für alle schwierige und belastende Ausnahmezeit zu Ende geht: „Es wird Zeit, dass es fertig wird. Die Leute warten auf die Kirche“.
„Natürlich hoffen und wünschen wir, dass die neue Kirche noch mehr mit Leben erfüllt wird“ und viele den Weg in die Gottesdienste finden, spricht Kling für den großen Kreis der Aktiven und Helfer, die eine Menge Zeit und Kraft in das Projekt investierten. Unversucht lassen will der eigens dafür im Sommer gegründete elfköpfige Festausschuss nichts. Zum gewohnten Gottesdienstangebot hinzu kommt ein Veranstaltungsreigen in der Kirche, der sich durch das ganze Einweihungsjahr zieht.
Vorträge zählen dazu, ebenso Konzerte mit Stefanie Schwab oder Siegfried Fietz, die Aufführung der „Legionäre“ durch die Sömmersdorfer Passionsspielgruppe am Karfreitag oder besondere Gottesdienste, bei denen etwa Kommunion-Jubilare oder alle Paare, die im Ort getraut wurden, im Mittelpunkt stehen. Zum Abschluss des Kirchenjahrs ist vor dem ersten Advent eine einwöchige nächtliche Illumination der Kirche geplant.
Zur Hinführung auf die Kircheneinweihung fand am Donnerstag ein Einführungsgottesdienst mit dem aus Waigolshausen stammenden Pfarrer Richard Strobel statt. Die Weihe der Kirche ist am 15. März.