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Schweinfurt
Eine Treppe am Fischerrain-Neubau sorgt für mächtig Ärger
Im Bauausschuss sollte eine Außentreppe an einem großen Mehrfamilienhaus am Fischerrain nachträglich genehmigt werden. Warum das nicht allen Stadträten gefiel.
Das Corpus delicti: Diese Treppe als Fluchttreppe aus der Tiefgarage des Mehrfamilienwohnhauses am  Fischerrain war nicht genehmigt. Das wurde nun nachgeholt, der Bauherr bekam aber ein Bußgeld.
Foto: Oliver Schikora | Das Corpus delicti: Diese Treppe als Fluchttreppe aus der Tiefgarage des Mehrfamilienwohnhauses am  Fischerrain war nicht genehmigt. Das wurde nun nachgeholt, der Bauherr bekam aber ein Bußgeld.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:06 Uhr

Der Fischerrain ist eines der letzten Viertel der Stadt, in dem man noch das alte Schweinfurt erkennt, vor allem bei den kleinen Häusern zum Main hin. Der Platz zwischen Fischerrain, Fischersteig und Brennöfen wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, war Jahrzehnte eine hässliche Brache und wurde ab 2016 mit einem großen Wohnkomplex neu bebaut. Über dessen Gestaltung gibt es konträre Ansichten, nun war das Gebäude Anlass für eine Diskussion im Bauausschuss.

Der Bauherr, die "Wir bauen Deine Welt" GmbH & Co. KG, hatte nachträglich die Genehmigung einer Außentreppe am Gebäude beantragt, die als Fluchtweg aus der Tiefgarage dient. Sie liegt aber auf öffentlichem Grund auf einer dafür vorgesehenen, aber noch nicht gestalteten Grünfläche. Die Treppe war eine Forderung des Brandschutzgutachters, denn in einer Tiefgarage dürfen die Fluchtwege nicht weiter als 35 Meter von einem Stellplatz entfernt sein. Das war aber bei sieben Stellplätzen nicht gegeben, weswegen der Bauherr nachbessern musste und die Treppe baute. Ansonsten, berichtete Ordnungsreferent Jan von Lackum, hätten die Stellplätze nicht genutzt werden können.

Dass er dies nicht im Verlauf des Bauens zwischen dem Spatenstich 2016 und der Fertigstellung Ende 2018 tat, war nun das Problem. Die Verwaltung schlug vor, für den 5,7 Quadratmeter großen Treppenaufgang eine Befreiung vom Bebauungsplan zu erteilen sowie die Grünfläche zu verkaufen und dem Bauherren die Pflege aufzuerlegen. Mit 9:4 Stimmen wurde das auch genehmigt, eine längere Diskussion ging dem aber voraus.

Das Wohnprojekt am Fischerrain während der Bauphase. Die nicht genehmigte Treppe ist auf dem Bild aus dem Jahr 2018 rechts im Bereich des Gerüstes zu sehen.
Foto: Gerd Landgraf | Das Wohnprojekt am Fischerrain während der Bauphase. Die nicht genehmigte Treppe ist auf dem Bild aus dem Jahr 2018 rechts im Bereich des Gerüstes zu sehen.

Sinan Öztürk (Linke) und Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt) waren richtig sauer über das Vorgehen des Bauherren. Michal-Zaiser nannte es "dreist", die Treppe zu bauen und dann genehmigen zu lassen. Sie liege an einer denkbar ungünstigen Stelle, die Durchfahrt sei dort viel zu eng. Wenn es nach ihr gehe, "müsste das zurückgebaut werden", so Michal-Zaiser. Sie wollte auch wissen, wer für die Prüfung der Pläne zuständig war.

Öztürk warnt vor einem Präzedenzfall

Sinan Öztürk warnte vor einem Präzedenzfall, wenn man die Treppe nachträglich genehmige. "Ich kann mit dieser Vorgehensweise des Bauherren nur schwer umgehen", so Öztürk. Auf seine Nachfrage erklärte Jan von Lackum, die Verwaltung habe ein Bußgeldverfahren gegen den Bauherren eingeleitet, über Details dazu gab er nicht-öffentlich Auskunft. 

Natürlich, so von Lackum, "ist das Vorgehen nicht glücklich", man hätte die Treppe aber wohl genehmigt, wenn sie vor dem Bau vorgelegt worden wäre, da sie eine Notwendigkeit aus dem Brandschutzgutachten sei. Die Tiefgarage auszulasten, sei wichtig, um den Parkdruck in dem Areal zu mindern. Ebenso, so der Ordnungsreferent, sei es nicht unüblich, so genannte "Schwarzbauten" im nachhinein zu genehmigen. 

So sah der Fischerrain früher aus, bevor das Wohnprojekt der 'Wir bauen Deine Welt' dort ab 2016 verwirklicht wurde.
Foto: Anand Anders | So sah der Fischerrain früher aus, bevor das Wohnprojekt der "Wir bauen Deine Welt" dort ab 2016 verwirklicht wurde.

Ulrike Schneider (Freie Wähler/Schweinfurter Liste) gestand zwar zu, dass eine Genehmigung wohl unumgänglich ist, übte aber Kritik an dem Bauvorhaben an sich. Dieses sei "überdimensioniert und passt dort gar nicht rein." Reginhard von Hirschhausen (Grüne) wiederum lobte die Verwaltung für ihren Kompromiss-Vorschlag, zumal es eine Strafe gegeben habe und die Auflage, die Grünfläche zu pflegen.

Schon seit den 1990er Jahren gab es Pläne, das Areal am Fischerrain zu bebauen. Erst 2016 aber war es so weit. Das „Art Castello“ des Künstlerehepaars Peter und Christel Wörfel blieb bestehen, der neue, dreigliedrige Baukörper mit 27 Wohnungen umschlingt es. In der Tiefgarage gibt es 44 Stellplätze, alle Wohnungen sind barrierefrei, haben Balkon oder Loggia. Die Baukosten waren mit acht Millionen Euro kalkuliert.

Der Spatenstich für den Neubau der Wohnanlage am Fischerrain war im Jahr 2016, unter anderem auch mit Oberbürgermeister Sebastian Remelé (Mitte) und Baureferent Ralf Brettin (3.v.r.).
Foto: Anand Anders | Der Spatenstich für den Neubau der Wohnanlage am Fischerrain war im Jahr 2016, unter anderem auch mit Oberbürgermeister Sebastian Remelé (Mitte) und Baureferent Ralf Brettin (3.v.r.).
 
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