
Auf dem Tisch in der kleinen Schweinfurter Wohnung türmen sich Blumensträuße, auf einer Girlande steht in goldener Schrift "100 Jahre!", auf dem Boden findet sich noch der ein oder andere Schnipsel goldfarbenes Konfetti – Überreste einer Feier, die wohl nur wenige erleben dürfen.
Denn eines ist der Schweinfurterin Marianne Wessendorf klar: "Es gibt bestimmt nicht viele, die 100 werden – noch dazu an einem Sonntag", sagt sie und lacht. Die 100-Jährige sitzt vor ihrer Geburtstagstafel; die Haare sorgsam frisiert, extra für das Foto legt sie kurzerhand noch einmal Lippenstift auf.
"Ein bisschen Schminken gehört einfach dazu. Wenn auch nicht mehr ganz so doll wie früher", sagt Wessendorf. Auf ihr Äußeres lege sie aber nach wie vor großen Wert. Seit 14 Jahren werde sie deshalb regelmäßig von ihrer mobilen Friseurin Gabriele Geitz besucht. Die beiden Frauen verbindet nicht nur derselbe Geburtstag – wenn auch mit einigen Jahren Abstand – sondern mittlerweile auch eine enge Beziehung. "Sie ist eine ganz tolle Frau und wirklich ein Vorbild für mich", sagt Geitz.
Mit Gymnastikübungen fit bis ins hohe Alter
Denn die Jubilarin halte sich noch immer mit regelmäßigen Gymnastikübungen fit. Bis zu einigen Klinikaufenthalten Ende vergangenen Jahres regelte sie sogar ihren Haushalt noch weitgehend selbst. Mittlerweile habe sie dafür die Unterstützung einer 24-Stunden-Kraft. "Es ist schon hart, wenn es einfach nicht mehr geht", sagt Wessendorf.
Aufgewachsen sei die ehemalige milchwirtschaftlich-technische Assistentin in Ellwangen, in Baden-Württemberg, als eine von vier Schwestern. Ihre erste Arbeitsstelle als Laborantin habe sie dann nach Bremen geführt, wo sie auch ihren Ehemann kennenlernte. Nach dem Krieg habe es sie dann gemeinsam zurück in den Süden, nach Ingolstadt, verschlagen. Der Hochzeit 1955 folgten zwei Kinder. Nach Schweinfurt, in die Nähe ihrer Tochter, sei Marianne Wessendorf erst 2011, nach dem Tod ihres Mannes, gezogen.
Das Schweinfurter Stadttheater vermisst sie besonders
"Es gefällt mir gut hier", sagt sie. Besonders gerne habe sie immer das Theater der Stadt Schweinfurt besucht. "Am liebsten das Ballett", sagt sie. Denn: "Schauspiel, das hör’ ich ja alles nicht mehr. Aber Ballett, das sieht man, da kann man sich an den Farben und der Bewegung erfreuen. Das vermisse ich sehr", sagt Wessendorf. Die Wiedereröffnung des Theaters würde sie deshalb gerne noch erleben.
Auch die Leidenschaft zum Gärtnern habe sie sich erhalten. "Im Sommer habe ich auf meinem Balkon immer viele Blumen. Das mache ich sehr gerne", sagt die Jubilarin. Ob das ihr Geheimnis für ein langes Leben ist? "Einfach normal leben", rät sie. "Ich war immer viel im Freien, im Garten, bin barfuß gelaufen, habe viel frisches Gemüse und wenig Fleisch gegessen. Das hat mir wohl ganz gutgetan", sagt die 100-Jährige und lächelt.